Sonntag, 1. Juli 2018
Im Erdäpfel-Exil
Ich mache mich ja nur noch sehr ungern in Richtung Lichtwelt auf. Sogar bei Lichtweltblogs zucke ich zumeist unweigerlich zurück. Ist was Tiefenpsychologisches. In der Lichtwelt mache ich immer etwas falsch. In der Lichtwelt werde ich schon ein Leben lang getadelt. Mal auf die eine dann wieder die auf eine andere Art. Sehr anstrengend. Anstrengend und ermüdend zugelich. Vor allem Hinten hinaus geht nix mehr, wenn man sich eh jahrelang Mühe gibt und trotzdem langt es nicht und man scheitert, wie auch der großartige deutsche Fußballer Marco Reus scheitert. Bei den letzen beiden WMs, als Deutschland einen ganz wunderbaren Fußball spielte und unglaublich viel zur deutschen Nationbildung beitrug, war der gute Mann leider verletzt und konnte nicht mit zur WM. Nicht mal zur EM konnte er. Bei der letzten EM stand das deutsche Selbstverständnis schon auf der Kippe. Als er dann endlich mal fit war und auf den WM-Zug aufsprang, spielte er in der schlechtesten deutschen Fußballmannschaft seit die an Fußball-Weltmeisterschaften teilnhmen. Statt Transrapid war das mehr Güterzug in Russland. Wobei ich mir schon vor der WM dachte. Auf russischen Boden niemals. Deutschland kann ja vieles sein. Fußballweltmeister, Europameister, Exportweltmeister, Weltmarktführer, Einwanderungsland, EU-Mitglied, Weltscheckort, blühende Landschaft Nitrat versucht, Zufluchtsort, Sozialstaat, Mahnmal für die Welt, Hoffnung für die Welt, ja sogar Heimat in dem einen oder anderen Fall, aber eine Nation. Niemals. Das ist unmöglich. Was man auch daran sieht, das sich die beiden türkischstämmigen-deutschen Nationalspieler Mesüt Özil und Illkay Gündoğan recht zeitnah vor der WM, mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan ablichten ließen und dem zwei Trikots englischer Premier League Mannschaften überreichten, auf einem was mit mein Präsident oder so, und welche heftigen Reaktion dieses Foto daraufhin in Deutschland auslöste. Allein so ein Foto, das einige Leserarten zulässt, vermag Deutschland ins seinen Grundfesten zu erschüttern. Wegen so eines Fotos zerbricht Deutschland sofort in mehrere Lager, die sich dann unversöhnlich bis feindlich gegenüberstehen, und zu einer schweren politsichen Krise der CDU/CSU führen. Fragt sich ob dieses Deutschland überhaupt eine schwere wirtschaftliche Depression überstehen würde. Ich finde so ein Foto gar nicht mal so schlimm. Immerhin haben die Herren Erdoğan und Gündoğan beide so ein komisches Ding über dem G. Das verbindet Mal zwei drei Generationen. Mindestens. Und die deutsche Kanzlerin Merkel wollte nach ihrem Wahlsieg 2013, als es die CDU/CSU auf gut 41,5% der Stimmen brachte, partout nicht, dass da auf der Bühne mit einer Deutschland-Fahne ausgelassen in einer dümmlichen Siegerpose herumgewedelt wurde. Gestern habe ich also bei der Frau Kelef im Blog Kelef was kommentiert. Alle zwei bis drei Jahre einmal bin ich so unverschämt und wage mich da aus meinem Versteck. An sich schreibe ich ja viel mehr. Wenn schon abstürzen dann lieber auf eigenen Terrain. Dort gibt es einen schönen Eintrag über Bratkartoffel. Sehr österreichisch wie ich finde. Meiner bescheidenen Einschätzung nach lässt sich der Text als großartige kleinstbürgerliche Komödie, wie auch als großartige kleinstbürgerliche Tragödie lesen. Es versteht sich von selbst dass ich mich wieder einmal für die falsche Seite entschieden hatte und den Text als großartige kleinstbürgerliche Tragödie las und dann auch dahingehend kommentierte. Was dazu führte das ich getadelt wurde. Natürlich völlig zu recht. Als österreichische Komödie hätte ich den Text lesen sollen und nicht als Tragödie. Mit knapp Fünfzig sollte ich inzwischen doch wissen was sich gehört. Ich bin jetzt schon am überlegen, ob ich mir nicht ein Leibchen in den Farben Rot-Weiß-Rot drucken lasse. Mit dem Schriftzug „Meine Bratkartoffeln“.

Ende.

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