Mittwoch, 22. April 2015
Die Ignorantin und ihr Wahnsinniger
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Der Schizophrenist: „Erstens Frau Doktor bin ich nicht schizophren und eine gestörte Persönlichkeit habe ich schon gleich gar nicht. Ich will mit diesen ganzen Irren nicht länger in einen Topf geschmissen werden. Ich will mit dieser ganzen Psychoscheiße nichts mehr zu tun haben. Ich fühle mich da in schlechter Gesellschaft und nicht standesgemäß vertreten. Ich lass keine Flugzeuge in Berge krachen. Und ich köpfe auch keine wildfremden Menschen, um Gott den Weg ins irdische Paradies zu ebnen. Verstehen sie. Mir befiehlt keine Stimme dass der englischen Gentleman, der die Wohnung über mir gekauft hat, schön aufgeschlitzt gehört, weil seine Augen so tot sind wie seine Eier. Dem hau ich erst eine aufs Maul wenn er das Loch in meiner Badezimmerdecke nicht reparieren lässt. Ich bin definitiv nicht schizophren. Und bitte kommen sie mir nicht mehr mit dieser Persönlichkeitsstörung. Von Persönlichkeitsstörungen will ich auch nichts mehr hören. Von Schizophrenie und gestörten Persönlichkeiten habe ich ein für allemal die Schnauze voll. Gestrichen voll sogar. Ich habe beschlossen dass mir nichts mehr fehlt. Ich will endlich im Leben der Normalsterblichen anschreiben“.

Nerventante: „Doch“.

Der Schizophrenist: „Was doch“.

Nerventante: „Sie sind schizophren“.

Der Schizophrenist: „Na ja vielleicht in gewissen Situationen a bisserl unsortiert und paranoid, sagen wir unbegründet überängstlich. Aber eine Persönlichkeitsstörung habe ich auf gar keinen Fall. Ich gehöre nicht zu den Leuten die sich im Internet 25 Persönlichkeiten und irgendwelche Schauermärchen erfinden nur um Punkten zu können. Persönlichkeitsstörung?! Ich. Niemals. Im Kühlfach meines Kühlschranks befindet sich nur Tiefgefrorenes, ausschließlich vom Supermarkt. Da liegen nur tote Tiere herum die man bei uns ungestraft fressen darf. Ich bestelle nichts im tiefen Internet wenn sie verstehen was ich meine. Sogar wenn ich mir einen herunterhole schließe ich vorher die Jalousie und so“.

Nerventante: „Doch sie haben eine Persönlichkeitsstörung“.

Der Schizophrenist: „Nee habe ich nicht. Das lasse ich mir von ihnen nicht mehr einreden. Wer bitte gibt den da die Norm vor und wie bildet die sich denn und woraus? Gibt das Massenuntersuchungen von denen ich nichts weiß. Und woher wollen sie das so genau wissen. Sie kennen meine unterkärntner Heimat ja nur von der Durchfahrt“.

Nerventante: „Schaun`s. Ich erklär ihnen das so. Jedes Kind macht gewisse Phasen in seiner Entwicklung durch. Und ihre Entwicklung wurde durch den Verlust der Mutter…“

Der Schizophrenist: „Ach kommen sie mir bitte nicht mit der Mutter. Die ist mir doch scheißegal. Ich bin ja von der Großmutter erzogen worden. Die habe ich durch die Scheidung verloren. Und nicht die Mutter diese narzisstische Fotze. Der bin ich doch scheißegal. Die lässt sich in einem Provinzblatt das goldene Mutterkreuz umhängen. Alte Schachtel verblödete".

Nerventante: „Trotzdem haben sie einen schweren Verlust erlitten. Und wie sie mir erzählten hat sich der Vater dann in den nächsten Jahren nicht mehr besonders altersgerecht um sie gekümmert. Oder hat er ihnen Märchen vorgelesen?“

Der Schizophrenist: „Nee, nix. Der Goadfather hat mir keine Märchen vorgelesen und die Haushälterin, dieser fette Trampel auch nicht. Die hat nur geraucht. Wenn ich Pech habe ist die der Grund, die Ursache, weshalb heute auf fette Frauenärsche stehe. Aber Witze hat der Goadfather erzählt. Einige waren ziemlich schweinisch. Ist das nichts? Möchstens einen hören. Kommt ein Mann zu seiner Psychiaterin".

Nerventante: „Sehen sie in dieser Lebensphase zwischen 4 und 7 haben sie gewisse notwendige Entwicklungsprozesse, die existenziell für eine gesunde Persönlichkeit sind, nicht durchlebt. Ihr Vater hat sie immer auf Distanz gehalten, weil er sich auch die schizophrene Mutter auf Distanz halten musste………..
Der Schizophrenist fällt der Nerventante ins Wort.

Der Schizophrenist: „Das ich allein in einem Zimmer herum saß und nasenbohrte, das haben sie doch von mir. Ich habe dieser Story gewissermaßen erfunden und sie ihnen gesteckt, weil mir nichts anderes einfiel. Und sie stricken sich daraus eine schöne Entwicklungsstörung, die sie dann mir umhängen, weil sie nicht als Allgemeinmedizinerin arbeiten wollten. Ich bin weder gestört noch schizophren“:

Nerventante: „Doch sind sie“

Der Schizophrenist: „Entschuldige bitte, was ist denn mit all den Scheidungswaisen, Kindern aus gleichgeschlechtlichen Beziehungen usw. Sind die auch alle Entwicklungsgestört oder was?“

Nerventante: „Nicht unbedingt. Das kann man auch nicht einfach so verallgemeinern“.

Der Schizophrenist: „Das DSM-Büchlein ist in den letzten 50 Jahren von 8 Seiten auf 600 Seiten oder so angewachsen. (laut Wikipedia von 130 Seiten und 106 Diagnosen 1952, auf 943 Seiten und 297 Diagnosen 2013) In diesem scheiß Büchlein findet sich doch für jeden etwas Passendes. Ist wie bei Zalando. Hier im psychischen Störungen-Abverkauf hätten wir noch ein schönes Angebot. Da kann ja jeder kommen. Im strafrechtlichen Sinne bin ich noch nie auffällig geworden. Mein Leumund ist so unbefleckt wie die Möse von der Maria Mutter Gottes. Da draußen rennen Millionen von Menschen herum, für die das DSM ganz wunderbare Diagnosen im Angebot hätte. Nur denen kommt keiner blöd. Gibt Psychopathen_Innen und Soziopathen_Innen zum Häusel füttern, die im feinsten Zwirn in Vorstandsetagen hocken oder Männer gegen ein Entgeld beschimpfen und in die Klöten treten. Und die werden für ihren Wahnsinn auch noch gefeiert. Das ist unfair. Oder glauben sie Künstler sind alle ganz normal“.

Nerventante: „Ich kann ihre Verärgerung durchaus verstehen und nachvollziehen. Aber es gibt auch genetische Dispositionen die in ihrer Familie leider anzutreffen sind. Ihre Großmutter“.

Der Schizophrenist: „Was wollen sie damit sagen. Wollen sie damit sagen die Erkrankung war unausweichlich, gewissermaßen schicksalshaft. Und was wäre geschehen wenn ich nie gekifft hätte. Ich scheiß auf ihren genetischen Fatalismus. Das ist ja wie mit den Toten im Mittelmeer“.

Nerventante: „Was meinen sie damit“.

Der Schizophrenist: „Da gibt es auch gesellschaftliche Dispositionen“. In Syrien herrscht Krieg. Niger ist überbevölkert. Afrika soll von 1,2 Mrd. Menschen auf über 4 Mrd. Menschen anwachsen. Wenn sich die gesellschaftlichen Bedingungen dort nicht bessern, werden noch Zehntausende im Mittelmeer absaufen. Sie tun ja so als ob die Schizophrenie unausweichlich war. Das nehme ich so nicht mehr hin. Ich will sagen können das ich eine Wahl hatte. Oder leben wir hier im Dritten Reich“.

Nerventante sagt nichts und sieht den Schizophrenisten wie soll man sagen, wie ein kleines, trotziges Kind an.

Der Schizophrenist: „Okay einigen wir uns darauf dass ich eines von beiden hab. Aber beides nehme ich nicht mehr widerstandslos hin. Bei Zalando kann man auch Dinge die einem nicht gefallen wieder zurückschicken. Das mache ich hiermit“.

Nerventante: „Versuchen wir es so. Wie viele längere und stabile Beziehungen hatten sie bis jetzt in ihrem Leben?“

Der Schizophrenist: „Zu Katzen 20 Jahre durchgehend. Zu Huren sagen wir 15 Jahre auch äußerst stabil. In letzter Zeit werde ich da etwas instabil. Und fernsehen tue ich auch noch immer leidenschaftlich gern. Ohne Glotze geht bei mir gar nichts. Was für die alte ägyptischen Pharaonen die Totenmaslen aus Gold waren ist für mich die Glotze. Ich stehe voll auf Frauen aus der Glotze. Machmal verliebe ich mich sogar in die".

Nerventante sieht den Schizophrenisten wieder mit diesem ganz speziellen Blick an.

Der Schizophrenist: „Wissen sie was. Ich bin sterblich. Alt werde ich auch schön langsam, immer schnelleren Schrittes. Ich wanke auf die Fünfzig zu. Und wenn ich auf mein Leben zurücksehe, und eine Zwischenbilanz ziehe wie ein Schiedsrichter den weißen Strich, ist alles was ich geschaffen habe, Schizophrenie und eine Persönlichkeitsstörung. Nicht einmal zu einer schönen Konsumentenbiografie habe ich mich hoch gebückt. Viel ist des nicht gerade oder. Im österreichischen Parlament sitzt ein Mann, der kann sich selbstständig nicht einmal den Arsch auswischen. Nicht einmal atmen kann der selbstständig. Und trotzdem hat er es zum Nationalratsabgeordneten und Behindertensprecher seiner Partei gebracht. Ein bewundernswerter Mensch. Vielleicht können sie jetzt verstehen und nachvollziehen das ich ein wenig aufgebracht bin".

Nerventante: „Sie sind nicht nur aufgebracht sondern psychotisch“.

Der Schizophrenist: „Niemals. Ich bin nie psychotisch“.

Nerventante: „Doch sind sie“.

Der Schizophrenist: „Sie haben leicht reden. Wenn ich Pech hab stopft der englische Gentleman das Loch in meiner Badezimmerdecke nicht und dann kann ich mir beim Zähneputzen, die Altherren-Hoden vom englischen Patienten anschauen, die am Duschboden dahin schleifen und quietschen. Bei meinem Glück fallen die gleich ganz durch, so wie ich in der Schule. Dann hängen seine scheiß Eier über meinem Badezimmerspiegel. Wollen sie so ein Leben leben?“

Nerventante versucht nicht zu lachen. Scheitert aber.

Der Schizophrenist: „Verstehen sie jetzt warum ich Angst vorm Sterben habe. Ich habe ja nicht richtig gelebt. Das Leben in all seinen Facetten. Was soll denn diese Scheiße. Ich halte diese Menschen mit ihren gelungenen Facettenleben nicht mehr aus. Ich bin nichts außer schizophren und persönlichkeitsgestört. Was ist denn das für ein Lebensziel oder gar Vermächtnis. Verstehen sie so kann das nicht weiter. Nicht einmal ein Kind habe ich gezeugt. Was ist Frau Doktor, machen wir was zusammen. Gibt eine 65jährige die ist mir Vierlingen angefüllt. Wir haben noch Luft nach oben. Ab diesem Moment jetzt bin ich weder schizophren noch persönlichkeitsgestört. Ich nenne das jetzt das Blechtrommelsyndrom“.

Nerventante (geduldig wie ein Raubtier): „Doch sind sie. Und heute sind sie ziemlich psychotisch. Ist etwas außergewöhnliches vorgefallen?“

Der Schizophrenist: „Nee, nicht wirklich. Todesangst habe ich verstehen sie und die Welt überfordert mich, andauernd sterben Menschen. Ich verstehe das nicht, ich weiß nicht wie man dieses Sterben hinnehmen soll. In der Milchstraße gibt es nur einen bewohnten Planeten und da sterben andauernd alle, kaufen ein oder schauen auf ihren Smartphones anderen beim Ersaufen zu. Die Gleichzeitigkeit bringt mich noch um den Verstand. Während jemand im Mittelmeer zu Fischfutter wird, betreibt die Mafia in Sizilien das größe Auffanglager für Flüchtlinge und irgendwo holt sich ein dementer Mann, dem sein weiches Hirn, alle gesellschaftlichen Konventionen vergessen ließ, am Balkon einer Einrichtung einen herunter. Und der Kopf sagt dauernd, nur das Kronen Öl das Feine gibt den Speisen erst das Reine. Und zum Backen und zum Braten, kann ich Kronen Öl nur raten. Und auf der U-Bahn fahrt hier her war ich mir sicher, dass die scheiß Bahn entgleist oder einer die U-Bahn Garnitur in die Luft jagt".

Nerventante: „Soll ich ihnen zusätzlich was aufschreiben. Ein Praxiten?“

Der Schizophrenist: „Warum mir fehlt doch nichts. Weder bin ich schizophren, noch persönlichkeitsgestört“.

Nerventante: „Doch sind sie“.

Nächster Termin im Mai.

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