Mittwoch, 29. April 2015
Nachtrag zum Nerventante- Komplott
Um Wahrheit oder sagen wir wenigstens um Wahrhaftigkeit bemüht, habe ich meiner Nerventante, den Blogeintrag „Die Ignorantin und ihr Wahnsinniger“, zukommen lassen. Natürlich ohne Kommentare. Ob sie mit dem von mir gezeichneten Portrait unserer letzten Stunde einverstanden sei, fragte ich bei ihr an. Wegen Geschichtsverfälschung und so. Es gab ihrerseits keine Einwände. Ja mit meiner dichterischen Freiheit scheint es nicht weit her zu sein. Irgendwie muss meine Nerventante a bisserl in nostalgischer Stimmung gewesen sein. Genau weiß ich es nicht. Sie formulierte sehr nett, sehr freundlich und zuvorkommend, beinahe schon ein wenig rührselig oder einfach nur menschlich. Vielleicht hatte sie meine Angst vorm Zerfall und Verschwinden erspürt. Das wir bald Jahrestag hätten und ich in ihrer Erinnerung einen Platz habe. Nicht erste Reihe, aber doch so dass sie nicht dreimal hinsehen muss, wenn ich nicht herum springe wie ein Äffchen. Nicht wörtlich sondern sinngemäß. Meine Nerventante hat ja Angst vor Demenz. Ein kurzes Gedicht war auch beigefügt. Das ging so:

So sind wir geworden was wir sind,
eine Blume und ein Nachtschattengewächs,
die sich vom Erblühen erzählen,
während sie sich beim Verwelken zusehen.

Oh, dachte ich mir, das hat die Nerventante aber recht schön formuliert. Vor allem ziemlich treffend. Wusste gar nicht dass meine Nerventante Gedichte über ihre Patienten verfasst. Ich wollte schon zurückmailen, das mir ihre Sicht der Dinge ganz gut gefällt und ich auch keine Einwände hätte. Ich las dann weiter im Mail. Stellte sich doch glatt heraus, dass ich das geschrieben hatte.

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