Dienstag, 7. Juli 2020
Dios míos! Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan
"Erlaubt ist was gelingt". Max Fritsch

jetzt ist Namensänderung. Zumindest bei der Wiedner "Mohrenapotheke" in der Wippingerstraße. Mohrenapotheke kann man heute nicht mehr sagen ohne eine scharfe Gegenreaktion zu provozieren. Was ja das Thema des Stunde ist. Auf alles gibt es eine Gegenreaktion. Schwulenhass, Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus. Nur sich selbst kann man weiterhin wenig erbaulich finden. Dabei soll der Mohr in der Apotheke der glatte Gegenentwurf zu einer Diskriminierung sein. Dieser Mohr zeugt angeblich von Hochachtung für die Leistungen der islamischen Heilkunde der "Mauren". Eine andere Option für den Mohren in der Apotheke soll der heilige Mauritius sein. Seit der Darstellung in Magdeburg etwa 1250 wird Mauritius in der Ikonographie als schwarzer Mauretanier dargestellt, so auch auf der berühmten Erasmus-Mauritius-Tafel von Matthias Grünewald. Jetzt allerdings nicht mehr. Jetzt ist "Auslöschung". Zumindest was die Apotheke betrifft und Gedichte von alten weißen Männern. Die haben einfach auserzählt. Was das über unser historisches Erbe aussagt. Schwer zu sagen von der Bronx aus. Wenigstens der Stolperstein der Frau Lotte Baumann bleibt an seinem Platz. Was ich von der Namensänderung halte. Na schwer macht mir die Umbenennung nicht zu schaffen ehrlich gesagt. Solange die in der Ex-Mohren-Apotheke nicht auch ihr Sortiment auf rassistische Vorurteile durchforsten kann ich wunderbar damit schlafen. Leben weniger. Neuroleptika sind in ihren Nebenwirkungen anstrengend. Auch für den Körper. Nicht das ein oder mehrere Inhaltsstoffe meiner Neuroleptika eine koloniale, postkoloniale oder neu-koloniale Vergangenheit haben und deswegen vom Markt genommen werden müssen. Dann bringe ich den alten Horst sein Gebiss zurück. Umgehend. An sich buche ich das alles unter Lichtwelt-Problem-Gedöns ab, elitäres Lichtweltgedöns, die mir im Grunde völlig gleichgültig ist. Ich glaube sowieso nicht an grellen Symbolpolitik und blinden Aktionismus. Solche Namensänderungen dienen einzig der Gewissensberuhigung für die Besseren unter den Herrschaften. Der Rudi von der Donauinsel ist an dem Thema nicht ganz so nah dran. Nur weil die Apotheke in der Wipplingerstraße jetzt einen anderen Namen trägt ändert das doch nix an der Tatsache, dass es für Afrikaner kein Botschaftsasyl gibt oder das Bildungssystem in den USA, wo öffentliche Schulen auf die Spenden der Eltern angewiesen sind. Im Übrigen tu ich oft ja nur so als ob, wenn ich reges Interessen imitiere, um dann schreibend Arbeit zu simulieren. Liest man genauer verliere ich mich andauernd in Andeutungen. An Tiefergehenden habe ich selten Interessen. Aber das wissen sie sicherlich alles. Sie wissen sicherlich dass ich am Ende bin und nicht mehr mit Lichtweltmaßstäben vermessen werden sollte. "Das ist rassistisch". Irgendwelche Annehmlichkeiten muss das Leben eines Ausgeschlossenen und Verstoßenen doch auch bereithalten. Oder nicht. Ich besitze nicht mal ein Hemd oder Schuhe mit Glanz. Ehrlich. Hemd ist typisches Lichtwelt-Accessoire. Ich hatte ja den Sager am Start. Schon wieder ein Boot voller Schwarzer und nirgendwo ein Mohr im Hemd, denn man wieder Richtung Türkei schieben kann von der türkischen Küste aus. In Spanien soll es ein hohes Ziel sein der ärmsten afrikanischen Arbeiter sich ein Hemd oder gar eine Sakko aus der Kaufhauskette El Corte Inglés zu ersparen. El Corte Inglés steht für "der englische Schnitt". Nee jetzt kommt nix mit Lungen-Mann. Der hat sich meiner entledigt. Für ein schönes Hemd oder gar ein Sakko spare ich kein Geld mehr an. Ich mache lieber Matratze. Das Hemd als Zeichen von Reputation ist inzwischen sowieso am absteigenden Ast seit die Hierarchien abflachen und die Welt wieder zur Scheibe wurde hin und her geschossen wie beim Frisbee. Spätestens seit der digitalen Revolte laufen die Helden des Silicon Valleys fast so abgerissen herum wie ich schon zeitlebens. Kapuzenpulli und so. Es ist eine Schande. Trug ich schon vor 30 Jahren. Und natürlich habe ich auf in Sachen Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Umweltzerstörung Dreck am Stecken. Wie dick der ist und wieviel davon schon ab ist. Woher soll ich das wissen, wo ich doch zu Mauren und allen weiteren Anspruchsberechtigten konkret kaum Kontakt halte. Kontakt zu Afrikanern. Auch nur sehr eingeschränkt. Den Simba habe ich seit Wochen schon nicht mehr gesehen. Den habe ich mal zum Fußball gucken eingeladen. Nur wollte er nicht kommen. Was er trotzdem wollte war mein Geld. Nee ich mache ihm deswegen keinen Vorwurf. Wir haben uns diese Konstellation ja nicht ausgesucht. Warum sagt man eigentlich "Schwarzafrikaner" und nicht einfach Afrikaner. Wegen der war paar Buren?

Mein Rassismus für den Hausgebrauch. Gar nicht mal so übel. Als sich der afrikanisch-stämmige Security-Mann vom Merkur mein Rückgeld aus der Selbstbedienungskasse einnähte, wie man bei uns im Volksmund sagt, sagte ich nicht sichtlich aufgebracht, aber schon anlassbezogen:

a. Neger. Was ist mit dir. Bist du wo dagegen gerannt. Gib mir mein Geld zurück Bester. Aber umgehend.
b. Bimbo. Was ist mit dir. Bist du wo dagegen gerannt. Gib mir mein Geld zurück Bester. Und das umgehend.
In Wahrheit sagte ich.
c. Schwarzer. Was ist mir dir. Bist du wo dagegen gerannt. Gib mir mein Geld zurück. Und das umgehend.

Gerate ich aus dem Gleichgewicht duze ich jeden. Das hat nix mit der Hautfarbe zu tun. Das ist Milieu. Wie sie sehen. Schwarzer ist auch rassistisch. Aber ich bin auf dem richtigen Weg. Korrekt wäre mein Sprechen gewesen.

d. Herr Security-Mann nix für ungut. Ihr Arbeitseifer in allen Ehren. Eventuell könnten sie sich ihr Vorgehen noch einmal überlegen. Vielleicht gelangen sie dann zu einer anderen Entscheidung, die mich in ihre Handlungsoptionen einbezieht. Sagen wir in spätestens 48 Stunden. Ist das für sie akzeptabel. Ich möchte sie auf keinen Fall überfordern als Spätkolonialer-Mensch, der sich seiner Verantwortung ihrem Lebensglück gegenüber völlig bewusst ist. Ich habe meinen Kolonialismus aufgearbeitet bevor ich die Merkur-Filiale betrete. Mit so einer Sprache wäre man schon sehr nah am Zeitgeist. Soweit bin ich noch nicht. Nicht wenn ich tiefenpsychologisch werde und konkret. Als heterosexueller Ü-50zig-Mann bin ich für rassistische und diskriminierende Stereotype aller Einzugsgebiete einfach noch viel anfälliger als die Generation Ü-20. Das liegt in der Natur der Sache. Als ich ein Kind war fuhren Frauen auf Frauenrädern, Herren naturgemäß Herrenräder. *-Räder gab es nicht. Ab dem Jahr 2025 wollen die Niederlande ganz auf das Geschlecht in Ausweisen verzichten. Die Ausweise in den Niederlanden sollen künftig keine Angaben zum Geschlecht mehr enthalten. Ziel sei es, "dort, wo es möglich ist, die unnötige Registrierung des Geschlechts zu begrenzen". Die Menschen sollten "ihre eigene Identität erschaffen und in voller Freiheit und Sicherheit leben". So die Bildungs- und Kulturministerin Ingrid van Engelshoven in einem Brief ans dortige Parlament. Ob das Vorhaben Schule machen wird. Na irgendwann ganz sicher. Stört mich auch nicht. Ich bin kein Herr. Ich bin Schattenwelt. Das es Menschen geben wird die damit nicht einverstanden sein werden kann ich mir trotzdem gut vorstellen. Im Radio spielen sie gerade, "Zukunftsmusik. Wir tanzen frei in der Republik".

Und dort wo die Meinung wirklich zählt und Worte Gewicht haben, eventuell auch in Form eines Buchs, gibt es inzwischen "sensitiv Readers". Sensibilitätslektoren, die anscheinend darauf getrimmt sind, Manuskripte auf potenzielle Kränkungen auszuleuchten. Eventuell wie die Biografie des amerikanischen Höchstrichters. Na wie heißt der schon. Brett Kavanaugh. Genau. Muss beim Gratis-Bloggen nicht unbedingt sein. Hier ist doch noch echt und unverfälscht vom Markt. Hier ist bald mal wer gekränkt. Siehe wiederum meine Schwulen und Frauenfeindlichkeit, die es in Echt auf "Blogger.de nicht gibt. In meinem Blog gibt es weder deepere Schwulen, noch abgrundtiefe Frauenfeindlichkeit. Dass sind Behauptungen, die ihre tiefere Wahrheit daraus ziehen, dass sie wiederholt vorgetragen wurden. Was es hier tatsächlich gibt sind massive Vorbehalte gegen alles Kleinstbürgerliche, die mir einen klaren und ungetrübten Blick auf die Mehrheitsgesellschaft völlig verunmöglicht haben. In der Wochenendbeilage vom Standard im dortigen "Album" gab es einen Amerika Schwerpunkt. Ich habe keine Schimmer, nicht mal den blasiertesten, wie genau die Macher*innen des Albums vom Standard ihren Antirassismus nehmen. In der Beilage gibt es ein ausführliches Interview mit dem US-Musiker Robert Lamm von der Rockband Chicago. Der Mann ist ganz viel "White Privileg People". In seinem Selbstverständnis natürlich das Gegenteil eines Rassisten. Nur soll die Stadt Chicago berüchtigt sein für seine Maßnahmen in Sachen Segregation zwischen Weißen und Schwarzen. Ta-Nehisi Coates schreibt in seinem Essayband "Zwischen mir und der Welt" darüber. Wie sie sehen bin ich schon auch daran interessiert was Sache des strukturellen Rassismus oder sein könnte. 1917 soll sich der Chicago Real Estate Borad, entsetzt gezeigt haben über den Zuzug von Schwarzen aus den Südstaaten. Die setzten sich dann sehr für eine rassische Parzellierung ein. Was vom Obersten Gerichtshof untersagt wurde. Danach soll es subtiler geworden sein in dieser Frage. Wie die "Home Owener`s Loan Corporation", schreibt Coates, bestand die Federal Housing Administration ursprünglich auf restriktive Klauseln, was dabei half Schwarze und andere unerwünschte ethnische Gruppen von staatlich abgesicherten Hypothekendarlehen auszuschließen. 1949 war Chicago landesweit angeblich führend was diese Klauseln anging; etwa die Hälfte aller Wohnviertel der Stadt war für Schwarze deswegen außer Reichweite. Das geht dann einige Seiten so weiter wie das so war mit Chicago. Am gescheitesten sie lesen das Buch selber und bilden sich ihre eigene Meinung. Aha dachte ich mir. Auch nicht schlecht. Da versucht der Standard moralisch auf der sicheren Seite zu sein in Sachen Antirassismus. Und dann interviewen die einen alten weißen Mann, der für eine Band spielt die sich Chicago nennt, eine Name der fast schon exemplarisch für "White Privileg People" steht. Kann auch falsch verstanden werden so ein Interview, falls man mit der Parzellierung Chicagos vertraut ist. Deswegen mein Vorschlag. Besser man hebt in solchen Fragen keine Steine auf. Mit dem Auswechseln von ein paar Schildern lassen sich die Zinseszins-Gewinne des Kolonialismus wohl nicht. Na wie sagt man schon.

Ende.

Fazit: Ich war nie Fan der "Washington Redskins". Ehrlich.

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