Donnerstag, 30. März 2017
Der gleiche Himmel. Zwischenkritik
Über den Film, genauer gesagt einen Dreiteiler, kann ich nix Konkretes sagen. Ist mehr was Innerdeutsches. Über den Ostblock haben wir uns südlich der Drau ja nie groß den Kopf zerbrochen. Warum auch. Der Osten war nie Sehnsuchtsort. Vieles was über den Osten so durchsickerte, erwies sich später nicht einmal als großartig erfunden oder propagandistisch bis zum geht nicht mehr ausgeschlachtet. . Tschernobyl langte da allemal. Wir hatten hier auch ohne Ostblock Waldsterben und den aufrechten Kampf gegen Buntfaltenhosen. Heute habe ich russisch-ukrainische Nachbarn, die schon a bisserl sonderbar sind. Sehr reserviert und für sich, beinahe ängstlich. Kann aber auch sein dass des auch an mir liegt. Sowas wie den Schizophrenisten kannten die wahrscheinlich nicht. Mir wäre ein Mensch der andauernd laut mit sich spricht auch a bisserl unheimlich. Den ökonomischen Zusammenbruch vom blockfreien Jugoslawien, das ja viel mehr Ost als West war, erlebte ich ja hautnah. Titos-Zöglingen kam ja so nach und nach nicht nur das Ideal der Vielvölkerstaates abhanden, (Fingerzeig Richtung EU) sondern denen gingen auch die Grundnahrungsmittel aus. Ich sag mal so. Kaffee, Haarshampoo, Rasierer und solche Sachen, schlagen letztendlich jede Ideologie. Die Um2 sorgte einmal für eine unglaubliche coole Aktion. Keine Ahnung warum die mir erst jetzt einfällt. Ein Bus männlicher Gastarbeiter vom Balkan, viele nicht mehr ganz nüchtern, die aus Deutschland kamen und über den Pass mussten, weil es noch keinen Karawankentunnel gab, hatten sie auf der Tanke gewissermaßen eingekreist. Ich will Männer vom Balkon jetzt nicht schlecht machen. Die bulgarische Historikerin Maria Todorova behauptet, dass der "Balkan" eine kolonialistsiche Projektion des Westens ist. Unter dem Druck dieser Projektion des Westens beginnen die Menschen ein negatives Selbstbild zu verinnerlichen. Also in dem Einkreisfall waren die einfach nur angesoffen. Ich denk das war nix psychologsiches. Mit meinen 13 Jährchen und hübsch klein für mein Alter, aber flink wie Wiesel, nee Wiesel geht nicht, ist Wiederbetätigung, hätte ich der Um2 auch nicht großartig helfen können. Holte die 50 Kilo Lady den Goadfather-Revolver aus der Schublade und schoss mal hübsch in die Luft . Sofort war die Ordnung wieder hergestellt. Großartiger feministischer Widerstand. Ah ja Film ist das Thema. Die DDR hat da einen Agenten, getarnt als Beziehungs und Heiratsschwindler, in den Westen eingeschleust. Der ist ein sogenannter Romeo-Agent. Der Romeo-Agent soll einer Frau, die a bisserl bieder wirkt, den Kopf verdrehen. Die arbeitet auf dem Teufelsberg, in der britisch-amerikanische Spionagestation als Datenanalystin. Schon in den Siebziger wurde ja abgehört ohne Ende. Gibt noch ein paar Nebengeschichtsstränge, über Stasi, Homosexualität im Osten, und DDR-Leistungssport auf Olympia-Niveau im Schwimmen. Einem top-gedopten Mädchen wachsen da dick Haare auf Brust, Bauch und dem Rücken. Die schaut aus wie ein Äffchen mit Haarausfall. Die besorgte Mutter greift dann zum Rasierer weil sie nach einer größeren Wohnung strebt, die ohne Kind mit Olympia-Medaille anscheinend nicht zu bekommen ist. Die Fußball WM und Willy Brandts-Rücktritt wegen enttarntem Ostspion ist natürlich auch Thema. Ein Stasi-Offizier wiederum, der Vater vom Romeo-Agenten, päppelt ein kleines Vögelchen wieder auf. Freiheit, Mauer, gleicher Himmel und so. Ist nix besonderes der Dreiteiler. Lässt sich aber gut gucken, wenn man nicht gerade schwer vom Fernseh-Weltekel gebeutelt wird, wie seit Jahren der Herr M.. Scheißt der herum wegen Glotze. Die Nieren steckte er locker weg, wie ein Kerl aus der Marlboro Werbung, der über Stalingrad, durch Kanonenfeuer, Schuld und Beschuss, seiner ganz eigenen Bestimmung entgegenreitet. Indes bei Glotze dreht der total am Rad. Ganz schlimm. In einer Kino-Kritik über Tiger-Girl stand. Das Drama des zornigen jungen Mannes, so scheint es, ist im Augenblick gründlich auserzählt. Stimmt. Ich bin schon lange nicht mehr wütend. So beim Gucken wurde mir bewusst. Wir Menschen sind ja sehr gut im Erfinden und Überwinden von Unterdrückungssystemen . Was wir weniger gut können ist Freiheit. Freiheit als Abwesenheit von sozialer Kontrolle tut uns ja nur bedingt gut. Fragen sie mich nicht wie viele schon an der Freiheit gescheitert sind und weiterhin scheitern werden. Ist wie gegen den Wind pissen. Viele drehen ja total durch wenn sie sich zu weit von jeder Ordnung entfernen. Produktiv ist man nur im Grenzbereich zur Ordnung, siehe Kunst. Sobald man über diese Schwelle hinaustritt, wird es auch schon sehr verwirrend. Freiheit muss man sich wie ein eigenes Universum vorstellen. Umso weiter man sich von Planeten Ordnung entfernt, umso dunkler wird es. .

Der Romeo-Agent hat grob gesagt zwei Nummern drauf wie man an Frauen rankommt. Entweder auf die Frau zugehen oder sie kommen lassen. Den eher reservierten Damen sollte eher der Hof gemacht werden, mit big Gefühls-Show bis zum Anschlag. Sehr anstrengend. Hingegen für selbstbewusste und emanzipierten Ladys, ist diese Taktik der postkoitalen Beeinflussung, zwecks Informationsgewinnung nix. Die sollten das Gefühl haben, dass sie die Zügel fest in der Hand halten. Auch sehr anstrengend. Die DDR hatte dann noch was am linken Auge der Frau entdeckt, in das man einer Frau zuerst rein gucken sollte, weil das linke Auge mit der rechten Hirnhälfte direkt verbunden ist. In der rechten Hirnhälfte sitzen ja die Gefühle und stricken sich eine große Liebe romantischen Zuschnitts. Keine Ahnung ob dass noch dem aktuellen Wissenstand entspricht. Der Ben Becker, der als Führungsoffizier den Romeo-Agenten an der Leine führt, raucht im Übrigen die ganze Zeit. Muss aber so nicht unbedingt im Drehbuch stehen und was Idelologsiches sein. Sehr lustig im Film. Nachdem der Romeo-Agent, die reservierte Analystin in den siebenten Himmel fickte, hat die auch sofort einen Schlaganfall. Das imponierte mir. So ein Agent wär ich auch gerne. Wegen meiner Liebeskunst bekam ja noch nie eine Dame einen Schlaganfall oder sonstige neuronale Ausfälle. Eine nickte mal kurz weg als ich am Werk war. Die erklärte mir dann aber glaubhaft, dass des nicht an meiner Liebeskunst lag. Beim Autofahren, versicherte die mir, schläft man ja auch hin und wieder mal ein. Ich habe es ja gerne einfach. Beim Auto fahren einschlafen hielt ich für ziemlich glaubwürdig. War ich jetzt bei den ersten zwei Teilen gut am mitschreiben und machte mir eifrig Notizen . Wenn ich ehrlich sein darf. Aus mir wäre wahrscheinlich kein besonders erfolgreicher Romeo-Agent geworden. Dazu habe ich nicht ganz das entsprechenede psychische Rüstzeug. Es fehlt da bei mir auch am Glauben an ein größeres Ziel. Ich hätte wahrscheinlich mehr Talent zum Graben eines Tunnels oder für ein verlängertes Wochenende in Berlin-Hohenschönhausen, weil ich meine Klappe nicht halte kann und Witze über den Generalsekretär des Zentralkomitees der SED mache. Welche sind die drei kleinsten Bücher der Welt? Das polnische Kochbuch, das rumänsiche Arbeitergesetzbuch und der Reiseatlas der DDR. Nee nicht alles in/an der DDR war schlecht. Reine Theorie ist ja weniger für mich. Wollte ich heute die DDR-Dating-Tipps gleich mal hübsch in die Tat umsetzen. Wie sagt man. Selbst ist der Mann. Am gescheitesten gleich bei der nächsten Frau die mir über den Weg läuft. Auf dem Weg zum Postkasterl bot sich auch schon die erste Gelegenheit voll durchzustarten. Die Kopftuchfrau aus dem 2. Stock, die gerne Kutteln bei offenen Fenstern einkocht, kam mir im Stiegenhaus entgegen. Kochende Kuttel riechen ja a bisserl gewöhnungsbedürftig . Das hat schon seinen Grund warum die Frau Kopftuch die Kutteln bei offenem Fenster einkocht. Die Frau Kopftuch ist eher klein von Statur, im Alter schwer zu schätzen, vielleicht sechzig und nicht besonders westlich gekleidet. Ist nicht gerade Winter läuft die ja nur in den Hausschuhen herum, was ich für ein Indiz dafür halte, dass ihre Wege nicht besonders weit sind. Die toppt sogar mich. Auf die Frau Kopftuch zugehen und hübsch süßholzraspeln, vielleicht über Alban Berg und die Briefe zwischen der Ingeborg Bachmann und dem Frauenversteher aus der Schweiz, hielt ich nicht für zielführend. Das Tanztheater der Pina Bausch kam auch nicht in Frage. Die Frau Kopftuch spricht kaum bis kein Deutsch und ich nur sehr eingeschränkt Türkisch. Ich kann nur Kebab mit Alles,
Erdoğan, Gülen-Bewegung-Putsch, nix Gülen-Putsch, sondern jetzt Gegenputsch, Kurden und Scheißhausdämon, der noch immer die Sachen vom toten Jungen vom Strand aufträgt. Meinen Unterlagen voll vertrauend, ging ich dann zu Plan B. über, die Frau Kopftuch einfach mal kommen zu lassen. Soll die doch die Initiative ergreifen. Was die Frau Kopftuch dann auch tat. Die ging einfach an mir vorbei, aber nicht ohne mich zu grüßen. Ich grüße natürlich auch immer. Das Grüß-Ding zwischen uns geht ja auf meine Kappe. Beim Vorbeigehen wollte ich noch kurz ihr linkes DDR-Auge anvisieren. Schlug leider auch fehl. Das linke Auge der Frau Kopftuch guckt ja in eine ganz eigene Richtung, vielleicht Richtung Anatolien. Gernaueres weiß man nicht. Also ich hatte nicht groß das Gefühl, dass wir unter dem gleichen Himmel leben. Wir leben nur im gleichen Haus. Als ich dann frustriert das Postkasterl aufsperrte, wurde mir sonnenklar, dass diese DDR einfach scheitern musste.

Ende.

Anhang: Der vermeintliche Inzest unterm gleichen Himmel war aber schon sehr dick aufgetragen. Wenigstens das Affenmädchen hat locker die DDR-Affenmädchen-Norm gebracht.

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