Donnerstag, 19. Juli 2012
Gespenster
Auf der Donauinsel gibt es Gespenster,
sie schlafen in Büschen oder zusammen gerollt auf Bänken
die freie Welt hat sie weggeraspelt. Ja wo gehobelt wird fallen Späne.
Nur mit diesen Spänen kann man keine Biogasanlage auffüllen.
Tags über steifen sie über die Insel,
ein Schritt vor, und einer zurück aber eigentlich treten sie nur auf der Stelle.
Ihr ganzer Besitzt steckt in einem Plastiksack,
und einen gibt es auf der Insel, der putzt jeden zweiten Tag seine Jean mit der Zahnbürste.
Das macht er mit Akribie und einer ganz speziellen Ernsthaftigkeit
und jedes Mal denke ich mir, morgen, spätestens morgen hat er ein wichtiges Einstellungsgespräch oder eine Idee, die er der Welt ins Gesicht schreien wird das es nur so kracht.
Aber dann kommt nichts, den am nächsten sitzt er einfach nur so da gespenstisch mit hängenden Schultern oder er geht den halben Tag im Kreis herum, die Jean hochgekrempelt, weil sein Kopf ein Labyrinth ist, aus dem er nicht mehr heraus findet.
Morgen, da bin ich mir ziemlich sicher, wird er wieder mir der Zahnbürste über seine Hose herfallen. Das ist sein letzter Kampf um ein bisschen Würde.
Denn an dem Tag, an dem er einfach nur noch in dreckige Hose steigt, fällt aber wahrscheinlich tot um und das war's dann.
Eine billige Holzkiste, in einem Armengrab am Rande der Stadt.
Auf der Donauinsel gibt es Gespenster, ich weiß das nur zu genau
denn ich bin eines von ihnen, in einem Klappstuhl hockend, auf einem vergoldeten Arsch.

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