Dienstag, 22. März 2016
Das Milieu-Ding
Endlich bin ich durch. Ist Donnerstag. Hätte ich auch in einem Satz sagen können. Wenn sie nur die Kurzform wollen machen sie nur die letzten zwei drei Zeilen. Langt auch. Nur warum sollte ich kurz machen. Das Leben gehört doch ausgeschmückt oder nicht.

So jetzt ist dann wirklich bald aus. Terror frisst ja eindeutig Welt. Obama sein Kuba-Besucht geht da ganz im Terror unter. Der Versuch Frieden zu schaffen/schließen hat gegen den Terror nix zu bestellen. Über Kuba stand in meiner Q-Zeitung. Um zumindest optisch einen guten Eindruck zu hinterlassen, hat man aufgeräumt. Straßenzüge, durch die der präsidiale Korso fährt, wurden renoviert: Ruinen, Schrott- und Schuttberge, die seit zehn oder mehr Jahren zum Stadtbild gehörten, sind weg. Der Kapitalist sollte nicht den Eindruck bekommen, der Sozialismus sei ein Elend. Die Menschen wünschten sich vor Obamas Ankunft, er möge doch bitte noch zwei-, dreimal kommen – dann sei endlich die ganze Stadt renoviert.

Der Herr Benjamin Struckrad-Barre, entnehme ich meiner Lektüre, stammt aus dem Bildungsbürgertum. Schön gediegenes protestantisches Pfarrhaus in einer Kleinstadt. Öko war beim Herrn B. zu Hause schwer angesagt. Klassische Musik wurde auch dargeboten und die Eltern, anscheinend das ganze Milieu tat gerne so als ob sie die Not in der dritten Welt zu lindern wussten. Gleich zum Frühstück in aller Herrgottsfrühe zitieren die Eltern Bibelsprüche. Mit einem Kumpel aus fernen Jugendtagen, bewohnte ich in meiner alten Heimat einmal ein kleines Zimmer in einem Gasthaus. Da nagelte uns dem seine Mutter auch jeden zweiten Tag ein Plakat mit einem Bibelspruch an die Zimmertür. Natürlich nicht wegen mir. Wegen meinem Kumpel. Das ich in dem kleinen Zimmer festsaß hatte was zwangsläufiges, das mein Kumpel neben mir hockte war ein großer Irrtum. Die UM2 tat in dieser Richtung ja nix. Die machte nur Garten und war froh das sie meiner nicht mehr gewahr werden musste. Mich muss man im UM2-Gemüt wie eine nicht enden wollende Verstopfung vorstellen. Als ich denn endlich entsorgt war machte es rums und alles war draußen. Das Ding mit den Bibelsprüchen hat meine Nerventante heute auch gemacht. Nicht zum Frühstück. Ist besser wenn sie nix zitieren wenn ich gerade aufgestanden bin. In der Bibel stehen schon auch kluge Sachen wenn man es nicht übertreibt. Gibt nix zu dem meine NT nicht aus der Bibel zitieren könnte. Der Lorenzo gewinnt den Saisonsauftakt der Moto-GP, während ich auf den Marques hoffte, natürlich vergeblich, schon hätte sie eine entsprechende Erklärung zur Hand wenn ich sie fragen würde. Die Nerventante vielleicht: Denn viele sind berufen, aber wenige auserwählt. Um der Wahrheit Genüge zu tun. Ich zocke nicht mehr. Ich mache nur noch Spaß. Aus hundert Euro wetten habe ich mich auf einen Euro gesund geschrumpft. A riesen Hetz weil ich vom Zocken neuronal dermaßen entstellt bin, dass ich noch immer so tue als ob. Verliere ich 1 Euro drehe ich voll am Rad. Sehr lustig. Vererbtes, Geflicktes und Selbstgestricktes muss der Herr B. auch auftragen. Hat der sich für seine Eltern artig geschämt. Sich für seine Eltern schämen das kann schon was. Das ist ein großes Privileg, so ein Standing hatte ich nie. Bei mir war und ist es ja genau umgekehrt. Da schämen sich die Eltern für mich. A bisserl schämen tut sich ja nur der Goadfather. Die beiden Mütter-Wohlstandsfotzen machen da gar nix. Die haben mich in ihrem Bewusstsein wie Asche in der Welt ihrer absterbenden Neuronen verstreut. So viel zum biografischen Hintergrund des Herrn B.

Jetzt zum Verfall des Herrn B. Verfall ist ganz wichtig in gewissen Kreisen und Milieus. Wer in der Postmoderne was auf sich hält und nicht an sich selbst kaputt geht, oder wenigstens glaubwürdig so tut als ob, hat nicht verstanden zu leben. A bisserl Niedergang muss in der Postmoderne immer drin sein. So eine Art Hitlerismus extra light. In der Schattenwelt ist es aber genau anders herum. Da versucht man alles mögliche nicht endgültig abzukacken. Das kaputt gehen ganz unten drin hat nix heldenhaftes. Das passiert unbeobachtet von der Welt. Nicht sehr empfelenswert. Selbstgestricktes, Bibelzitate in die Frühstückssemmel, Welterrettung in den Lebenssinn eingenäht, für den Herrn Benjamin gibt es in Sachen Kunst gut zu tun. Wer Selbstgestricktes in der Pubertät tragen muss entwickelt verständlicherweise bald einmal eine ausgeprägte Neigung schwer unter den Verhältnissen zu leiden. Selbstgestricktes musste ich nie auftragen. Ich trage ja bis auf die Jeans nur Fetzen am alternden Leib die keinen Eigennamen haben. Also keinen bekannten. Da steht nie was drauf. Ich will das nicht. So wie andere einen Marken-Fetisch haben, habe ich einen Nicht-Marken-Fetisch. Schon als Pubertierender wurde ich von dieser mentalen Beschränkung in Beschlag genommen. In meiner Wäschetruhe wo nix zusammen gelegt wird, gibt ein Foto in meinem Blog, gibt es keine bekannten oder namhaften Markenartikel. Dachte ich zumindest bis heute. Der Hobbit-Anwalt hat mir ja vor einiger Zeit einen Kapuzenpulli geschenkt mit so einem komischen Logo drauf. Geburtstag oder so.Hab ich mir nix dabei gedacht. Wird schon irgendein billiger Schmarren sein. Nicht mit dem Hobbit-Anwalt. Die Generation der heute Dreißigjährigen scheint da ein ganz anderes Markenbewusstsein zu haben. Mein Kapuzenpulli stammt von Under Armour. Die Marke soll schwer im Kommen zu sein und auch qualitativ hochwertig. Nicht Made in China sondern Made in Malaysia. Man muss schon sagen. Der Hobbit-Anwalt weiß ganz genau was ich alles nicht tragen oder besitzen möchte. Die Farbe gefällt mir auch nicht. Habe ich ihn natürlich gefragt warum er mir Kleidung schenkt und mich nicht einmal fragt was für eine Farbe mir gefällt. Der Hobbit-Anwalt ist anscheinend einfach von meinem Seelenzustand ausgegangen. Der Pulli ist schwarz wie die Nacht oder die Haut eines Aborigines mit einen Stück Weißbrot in der Hand. Weil ich mich geärgert habe ziehe ich den Pulli jetzt nur an wenn ich aufs Häusl gehe und das große Geschäft erledige. Er könnte mich doch fragen was wir gefällt oder nicht gefällt. Wo bleibt denn da das Wohl des zu Beschenkenden. Der Hobbit-Anwalt meinte das ist irgendein Studium 1. Semester auf so ein niedriges Niveau begibt er sich nicht. Logisch das der Herr B. Gymnasium machte und nicht Hauptschule. Hauptschüler spuckt das Milieu des Herrn B. eher selten aus. Entweder geht es mit den Kindern ziemlich hoch hinaus, eine zeitlang zumindest, oder das liebe Kindelein macht Sonderschule, weil die Intelligenz von den Genen gefressen wurde. Heute versucht man Kinder die von den Genen übel ins Knie gefickt werden in den normalen Schulbetrieb zu integrieren. Keine Ahnung ob das besser oder schlechter ist. Ich wäre gerne neben einem Mongo gesessen. Endlich mal einer der einen ähnlichen Notenschnitt wie ich gehabt hätte. Das Rüstzeug des Herrn B. sich entsprechend auszudrücken muss ja von woher kommen. Da wird das Milieu schon entsprechend eingewirkt haben. Nur mit Pflichtschule und falsches Milieu wird das sehr schwierig. Allein mit Pflichtschule, vielleicht auch noch hinten in an der Wand in der letzten Reihe, hat man dann so seine kleinen Schwächen. Inhaltlich wie grammatikalisch. Mein Backgammon-Kumpel erklärt mir gerade a bisserl Grammatik. Akkusativ und so. Ich habe keinen Schimmer von was mein Kumpel da spricht. Klingt aber sehr interessant und informativ hochwertig. Den weiteren Werdegang des Herrn B. kann man sicherlich auch im Netz nachlesen. Aber nachdem der Herr B. sein erstes Buch geschrieben hatte, das ein ziemlicher Erfolg wurde, schickten ihm die Mädchen Nacktfotos. Damit begann sein Abstieg. Was ich natürlich nur schwer nachvollziehen kann. Nacktfotos von Frauen, die jetzt nicht Pornos sind damit man ein Abo fürs Leben abschließt, oder fliegende BHs sind doch an sich eine große Auszeichnung und niemals eine Belastung. Musst ja nicht alles was fliegt persönlich befriedigen wollen. Titten und fliegende BHs sind doch kein Grund für Verzweiflung. Verstehe ich nicht. Also mich würden fliegende BHs und Fotos mit Titten nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Nicht wenn die Fotos an mich adressiert sind und die BHs auf mich zufliegen. Anders sieht es aus wenn man als Kerl ein inniges Verhältnis zur weiblichen Abschussrampe pflegt. Stellen sie sich vor sie gehen mit ihrer Flamme in eine Lesung oder auf ein Konzert und ihre Angebetene reißt sich plötzlich den BH vom wippenden Leib und wirft den jubilierend auf die Bühne. Der Herr B. findet sich auf einmal zu fett und frisst wochenland nur Sauerkraut. Das große Kotzen beginnt. Bulimie. Also mit Bulimie machen wir in der Schattenwelt nicht so viel. Nicht Männer aus meiner Generation. In meiner Generation wird man Alkoholiker, Junkie vielleicht noch Kettenraucher der seine Alte schlägt. Berufsirrer wie ich einer bin ist eh schon a bisserl jenseitig. Bulimie ist ja auch Psyche, aber irgendwie modischer und zeitgemäßer, weil androgyner. Ein Mann der nur Sauerkraut frisst und das Kraut dann wieder heraus speibt hat schon was. Der ist Progressiv wenn nicht sogar Avantgarde. In meinem Druckwerk steht Ellis ist, was Stuckrad-Barre gerne wäre – ein vollendeter Kältetechniker der Popkultur. Ein König des eingefrorenen Gefühls. Kokain ist die Droge dafür. Weiter Morgen mit Ende.
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Manipulativ, kalt, selbstsüchtig, ohne Empathie für andere, immer bestrebt um jeden Preis gesehen und gehört zu werden. So sieht er aus der formvollendete Kältetechniker. Jetzt muss ich Aufklärung leisten. Den Textbaustein manipulativ, kalt, selbstsüchtig usw. habe ich aus einem anderen Text eingefügt. Der handelt vom irren Norweger, der 77 Menschen killte, von denen rund die Hälfte unter 18 war. Passt wie angegossen oder. Der Grat zwischen Kunst und Massenmord ist im Zeitalter der seelischen Eiszeit recht schmal wenn man mich nicht fragt. Ehrlich gesagt verstehe ich beim Sauerkraut und so nur noch Bahnhof. Emotional zumindest. Die Frau Hamann schreibt heute in meiner Qualitätszeitung, über junge Burschen mit Migrationserfahrungen, die ja alle immer auch Opfer sind, egal was die gerade so aushecken. So gesehen waren viele Nazis ja auch Opfer der Brutalisierung durch den 1. Weltkrieg. Blablabla. „Wie man cool sein kann, ohne andere zu erniedrigen“. Wenn ich das mit dem Sauerkraut richtig verstehe, bedeutet es sich selbst zu erniedrigen. Ein Buch vom Bret Easton Ellis dient bei mir als Türstopper. Nicht absichtlich weil ich die Kunst des Herr Ellis nicht zu schätzen weiß. So ist das nicht. Das Buch ist einfach mal runtergefallen und dann habe ich es nicht mehr aufgeklaubt, sie sagen aufgehoben, weil es gerade gepasst hat. Katzen wollen offene Türen. Sonst sitzen die vor der Tür und setzen zu einer Arie an. Gelesen habe ich es natürlich auch nicht. Es langt doch das ich es mal zum halben Preis gekauft habe. So narzisstisch sollte man als Künstler auch wieder nicht sein, dass man sein Gegenüber andauernd mit bohrendem Blick ausfragt wie der Kommissar Derrick den Verdächtigen kurz nach 21 Uhr, ob der was die Kunst betrifft, eh schön am Laufenden ist. Gibt ja so Kunstaffine die wissen über das Kunstwerk manchmal mehr als der Künstler selbst. Bei mir werden gerade neue Straßenbahnschienen verlegt. Die Schienenleger sind auch nicht gekränkt wenn man sie nicht fragt welchen Streckenabschnitt sie gerade erneuert haben. Ich kann es nicht genau erklären, aber von Bauarbeiter habe eine unglaublich hohe Meinung. Wenn die lässig mit einem Tschik in der Fresse über den Schaufeln lehnen, ist das schon großartige Ikonografie. Ist wie Stillleben 4.9. Ausstellungen sind ja auch nix für mich. Werde ich ähnlich unruhig wie im Theater. In Ausstellungen stehen ja oft jede Menge kluger und fescher Weiber herum, gerne in Hochhackigen, die so tun als würden sie ganz in der Kunst aufgehen. Habe ich ihnen schon erzählt das beim Bloggen aus der Schattenwelt heraus überhaupt nix läuft mit Titten und so. Das ist schon ziemlich ernüchternd. Im Grunde ist es doch egal ob sich die Leute mit deinen Kunstversuchen auseinandersetzen, solange sie für ihre Gleichgültigkeit oder Verweigerung bezahlen. Übel ist natürlich Gratis-Blog-Kleinstkunst. 36 Klicks, davon 8 weil die Katze hinter der Maus her ist, könnte einem schon schwer im Magen liegen, wenn man zuvor beim Kopp einen Schweinsbraten mit Rotkraut und Semmelknödel verdrückt hat.

Rationell verstehe ich das mit der Kälte schon einigermaßen. Das System der Coolness muss in der Postmoderne immer weiterentwickelt werden. Dafür bietet sich die Postmoderne ja geradezu an. Das Patriarchat, mit den strengen Kleinfamilienoberhäupter, die den Laden mit diktatorischer Strenge zuammenhielten, und andauerend an den Söhnen herum moserten, weil der falsche Sohn aus dem Krieg zurückkam, und die Töchter wegen Hysterie in die Klapse abschoben, ist ja so gut wie untergegangen. Nur der IS und die Leute bei mir in der Straße, jenseits vom Mittelstreifen, versucht sich gegen diesen Trend aufzubäumen. Bis der Mensch zu seinem eigenen Cyborg wird ist schon noch Platz am Narzissmus-Thermometer. Das wahre Wesen der Prothesengötter, die laut Aua schreiben wenn sie sich stoßen und schrill fluchen wenn sie sich trotz Navi verfahren, ist das algorithmische Stöhnen der Maschinen, die dann Handlungsanweisungen ausspucken, wie man auf schnellsten Wege sein Ich aufgibt wie einen verlorenen Krieg, weil man nicht mehr gezwungen wird selber zu denken und zu fühlen. Irgendwann wird es nicht mehr lauten „Ich denke also bin ich“, dafür sorgen eh schon die Neurowissenschaften, sondern „Ich lasse denken/fühlen um nicht zu sein“. Sind alle innerlichen Regungen mal eingefroren ist es bis zum Paradies des ewigen Friedens, den uns Kant versprochen hat, wenn endlich allein die Vernunft regiert, nicht mehr weit hin. Noch leidet der Mensch ja darunter das der zu heißblütig ist. Stichwort Kränkung. Schattenweltcool kann mit der Kulturtechnik der bewusst herbeigeführten Erfrierungen natürlich nicht schritthalten. Es macht einen gewaltigen Unterschied ob sie sich selbst herunter kühlen oder von den Verhältnissen herunter gekühlt werden, ob sie Handelnder oder Behandelter sind. Stellen sie sich die Schattenwelt wie eine große Gefriertruhe mit Inhalt vor. Trotzdem mag ich Sauerkraut nicht. Das Zeug stinkt fürchterlich. Schon im Supermarkt mach ich einen weiten Bogen um den Bottich. Ich mache lieber Chips und Pizza. Natürlich nicht jeden Tag. Das geht nicht. Da explodieren dir die Arterien. Ich fresse auch nie so viel das ich kotzen muss. Das Bulimie-Ding könnte ich ja auch finanziell nicht stemmen. Das müsste ich extra fürs Speiben einen Verbraucher-Kredit aufnehmen. Ich weiß so ein Verhalten, wie essen bei sich zu behalten, ist später Fünfziger-Look. In meinem Druckwerk steht: Ich-bezogenheit paart sich mit einem kompletten Desinteresse für andere Menschen, sogar die engen Freunde werden nur noch dem Nutzen für das eigene Ego abgetastet. Heute war eine Beilage in meiner Qualitätszeitung. Ein Magazin, #Ich steht ziemlich groß vorne am Cover. Wollte ich das Werk beim Kacken, natürlich im Under Armour Dress, mal schön gemütlich durchblättern. Da waren aber so viele Bilder drin, noch dazu in grellen Farbe und scheiß aufdringlich, dass ich innerlich ganz verkrampft bin. Eindeutig zu viel ich wie auf einem Präsentierteller und zu wenig Verzwergung. Ging nix. Musste ich die Sitzung abbrechen und die gute alte Fernsehzeitschrift holen. Mit der Fernsehzeitschrift in den Händen löste sich die Verkrampfung sofort. Hab ich einen schönen Haufen reingesetzt. Der hätte auch von einem Großkünstler, Vorstandvorsitzenden oder Diktator sein können. Worauf ich in meinem Milieu-Ding hinaus will. (keine Ahung)Die an sich wenig schmeichelhaften oder gar erstrebenswerten Charaktereigenschaften des Herrn B. bekommen durchs Schreiben, also sein Kunstwerk, einen ganz anderen Spin. Durch die Kunst erschafft sich der Herr B. neu. Das Schreiben wenn es gelingt muss man sich wie eine Hebebühne vorstellen. Das heraus gekotzte Sein/Sauerkraut wandert auf der Hebebühne der Schreibkunst immer weit nach oben, bis es ganz aus dem normalen Blickfeld entschwindet. Hingegen einen echtem Menschen auf Augenhöhe beim Sauerkraut essen und speiben zu sehen, löst andere Gefühle in einem aus, als wenn gekonnt darüber geschrieben wird. Und stinken tut das Zeug in einem Buch auch nicht. Im Kontrast dazu müssen sie sich Schattenwelt wie eine Grube vorstellen. Da stehen sie über dem Loch in dem ein Schattenweltmensch drin hockt und sich immer weiter eingräbt. Da verändert sich das Blickfeld auch. Nur sehen sie in diesem Fall nach unten. Deswegen spricht man auch von den oberen und unteren Zehntausend.
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Nicht das sie fälschlicherweise annehmen die Protagonisten aus der Schattenwelt hätten in der Angelegenheit Unterkühlung und Erfrierungen nix zu bieten. Die sind auch ziemlich unterkühlt. So ein Vormittag in der Videothek, mit einem Ex-Junkie, einem Alkoholiker und einem Irrer, ist nicht unbedingt ein Marsch durch den wärmenden Triumphbogen der Zuversicht. Nicht einmal ein gut durchtrainierter Lichtmensch, der so tu als ob er alles schon erlebt hat und mit allen Wassern gewaschen ist, steht so einen gepflegten Schattenwelt-Trashtalk allzu lange durch, weil sie schnell einmal erkennen, dass es sich hier um Menschen handelt, die sich mit jedem Wort nur noch tiefer in ihrem kalten und dunklen Schattenweltloch eingraben, und dort auch nicht mehr herauskommen. Sobald sie begreifen das des hoffungslose Fälle sind nehmen sie reiß aus weil sie diese ganze Düsternis nicht lange aushalten. Vor allem wenn es mal wieder Neuigkeiten vom Wixer gab. Wenn der mal wieder im Pornokammerl über den Abverkaufs-DVD-Hüllen abspritze, hätten sie den Tatort fluchtartig verlassen. Meistens haben wir Schmäh geführt wer der Kaputteste von uns ist. Organisch war dem Manfred nicht beizukommen. Dann kam der Alkoholiker und weit abgeschlagen ich. Ich ging dafür mit dem Zocken volles Risiko. Und das immer am Rande des Wahnsinns dahin schlittert. Das war ja die Zeit als ich ernsthaft dachte die SS sei hinter mir her. Als gebürtiger Wiener hatten die beiden auch einen gewissen Heimvorteil. Die waren ja fest in der Stadt verwurzelt. Ich gehörte nirgends dazu oder hin. Der Manfred hatte auch seine Omi am Start. Von der ließe er sich die Einkäufe, die die Oma schön von ihrer Rente bezahlte, in den 3 Stock liefern. Dort saß auch noch den ganzen Tag der zahnlose und ziemlich jenseitige beste Kumpel vom Manfred und spielte mit der Playstation. Ohne Kunst wird die ganze Kaputtheit immer zu einem Vorwurf, zu einem schweren Makel und nicht zu einer Auszeichnung oder Bescheinigung für Außergewöhnliches. Die zahnlose Junkie-Fresse vom Chat Baker war immer auch eine große Kunstfresse. Blies der Chat in das Mundstück der Trompete löste sich der Junkie in der Kunst auf. Ähnlich funktioniert das auch mit einem bulimischen und kokainsüchtigen Schriftsteller. Das Kunstwerk lässt die ganze Kaputtheit in einem anderen Licht erscheinen. Diese Kaputtheit schimmert in den prächtigsten Farben, während es sich bei einem Schattenweltmensch genau anders herum verhält. Da wird alles zu Blei. Der kaputte Künstler ist immer auch Held/Antiheld, der kaputte Schattenweltmensch hingegen ist nur noch eine Zumutung und peinlich. Um den einen wird geweint um den andere nur bedingt getrauert. Wobei ich beides gemacht habe. Ich habe für die Amy Winehouse und den Manfred einen kleinen Abschiedsbrief geschrieben. In meiner Top 25 Liste der Klicks tauchen beide nicht auf. Was ich verstehen kann. Ist holprige Kleinstkunst. Aus den Versatzstücken Talent/Künstler/Wrack wird in ihrem Bewusstsein etwas ganz andere als kein Talent/kein Künstler/nur Wrack. Oh denkt man sich unweigerlich. Das muss aber ein ganz großartiger Künstler/Mensch sein, der so eine kunstvolle Ausdrucksform gefunden hat, um in seinem Werk über seine charakterlichen Unzulänglichkeiten zu triumphieren. Dem Manfred gelang das weniger. Der wurde fristlos gefeuert weil er verdächtigt wurde in der Nacht in der Videothek eingebrochen und die Tageslosung geklaut zu haben. Hat er mir mal sein (eingebildetes) Leid geschildert. Sagte ich zu ihm das ich es auch für sehr wahrscheinlich halte das er die Kohle mitgehen ließ. Mussten wir beide lachen. Mir doch wurscht wenn der sich mal wieder als Kleinstdieb seine Meriten verdiente. Wär ja nicht das erste Mal gewesen. Der Manfred war halt Schattenwelt, wenn auch ein Schattenweltarschloch, da kann so ein Vorgehen schon mal vorkommen. Ich weiß nicht was ich alles so getan hätte wenn ich beim Zocken übel auf die Schnauze gefallen wäre. Bei einem Versuch das Buch Panikherz zu schreiben in Italien, steht da über den Herrn B, habe er sofort wieder so einen Heißhunger auf Drogen und das asoziale Leben bekommen dass er in Nu wieder dabei war. Das ist auch so ein Milieu-Ding. Der bewusste Versuch ein asoziales Leben zu imitieren. Sucht ist Sucht. Süchtige verhalten sich auf der ganzen Welt wie sich Süchtige halt verhalten. Ach ja sagen die Leute, das sind Süchtige, krank halt. Sucht ist immer auch eine Krankheit. Schattenwelt hingegen weniger. Die werden gerne als asoziales Pack und Sozialschmarotzer bezeichnet, was ein ziemlicher Unterschied ist. Ich kann nicht behaupten dass ich große Lust auf Schattenweltmensch hatte. Der Herr B. wurde nie vom Arbeitsmarktservice ausgelagert weil Hopfen und Malz verloren war. Als traurige Nummer ganz unten drin fühlt sich das asoziale Leben ganz anders an. Das ist eine andere Form des Asozialen wenn man in einem öffentlichen Postamt in einer Reihe steht und sich seine Stütze abholt. Wenn sie mir nicht vertrauen lesen sie beim Abu De nach. Der ist auch Schattenwelt, Ex-Junkie und unbekannter Kleinstkünstler. Ich bin diese Woche auf dem Weg zur Nerventante aus dem vorderen Wagon der Straßenbahn ausgestiegen und in den Hinteren wieder rein. Ein Typ mit Bart und Rucksack erschien mir hoch verdächtig. Ist die Bombe dann doch erst einen Tag später in Brüssel detoniert. Hipster, IS-Terroristen, scheiße ich kann die einfach nicht auseinander halten. Über den Herr B. wird noch ausgeführt das der mit seinen Nerven ziemlich bedienst ist und Schlaftabletten braucht. Schlaftabletten wirklich. Das ist natürlich ganz übel. Ich zitiere: Auf Kokain schreibt sich nicht gut. Der Laptop wird zur Drogenzerkleinerungsunterlage, die Behausungen bleiben kahl, ohne Möbel, ohne Lampen. Endlich mal was gemeinsames. Kunst/Sucht versus Schattenwelt/Verzwergung beides führt zu mobiliaren Kahlschlag. Das läuft nix mit hübschen Accessoires und schickem Deko. Und jetzt kommt das Super-Milieu-Ding. Sogar Weihnachten verbringt Stuckrad-Barre allein, steht da. Wirklich. Was für eine Tragödie, ich mach das schon seit gut zwanzig Jahren. Besserung scheint nicht in Sichtweite. Ende und Aus.

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