Sonntag, 21. Juni 2015
Das N und E Prinzip
Alles versucht, alles vergebens und es wieder versucht. Ich habe mich auf den Kopf gestellt, mich gerüttelt und geschüttelt, ich bin auf und ab gesprungen und hab den Kühlschrank abgetaut. Ich habe gesunden Tee getrunken und fettes Zeug gefressen. Nichts. In meiner Not habe ich Begeisterung geheuchelt und Zuversicht gespielt. Ich habe wildfremde Leute auf der Straße gegrüßt und den schizophrenen Sohn vom fetten Bulgaren. Nichts. Dass gewünschte Ergebniss stellte sich nicht ein. In meiner Not versucht ich sogar eine Joga-Figur nachzumachen, die sich „der liegende festgehaltene Winkel“ nennt. Trotzdem nichts. Die Sachte ist ja so. Früher gab`s Euphorie im Doppelliter und Niedergeschlagenheit ein ganzes Kühlfach voll und dann wieder Euphorie und Niedergeschlagenheit und den unbändigen Willen, vielleicht auch das Wissen, oder nur eine Ahnung, wie ich auf schnellstem Wege durch das Gebiet mit den abgegrasten Gefühlen von N nach E gelangte. E oder N. Was anders kannte ich nicht. Egal wie kaputt und verloren sich das N zuweilen anfühlte, auf die Niedergeschlagenheit/Paranoia usw. folgte stets die Euphorie. Auf dieses System konnte ich mich verlassen wie in den letzten Jahren auf den Goadfather. E und N funktionierten wie Antagonisten, auf die Ebbe folgte die Flut, aus der Umnachtung schälte sich der nächste Sonnenaufgang. Ich musste mich um nichts kümmern. Einfach nur die schlechten Zeiten absitzen wie eine Strafe und dann war ich wieder dick im Spiel und ich konnte ohne mich groß anzustrengen über die Ränder, meiner, nüchtern betrachtet wenig erbaulichen Wirklichkeit hinaus fühlen. Das Ausgeschlossen sein fühlte sich nie wirklich bedrohlich an. In den guten Momenten hielt ich mich sogar für Avantgarde. (hahaha) Nichts war zu eng, nichts zu grau, nichts geschah, über das ich nicht hinweg steigen und edel hinwegsehen konnte, mit einem Schulterzucken oder einem Grinsen so fett wie die gute alte Mayonnaise. Ich wollte schon schreiben wie der Arsch von der …. Seit einiger Zeit ist alles anders. Das Stück Land mit dem Namen „Euphorie“ wurde anscheinend umgewidmet, verlegt, abgeholzt, entweiht, verkauft, zerhackt, was weiß ich. Ich finde es einfach nicht mehr. Mein innerer Kompass hat sich verlaufen. Den Neurotransmittern in meinem Baumhaus ist nicht mehr zu trauen. Die haben mich aufgegeben oder zu etwas anderem gemacht, allein weil sie es können oder nicht besser wissen. Das Ergebnis ist so ziemlich dasselbe. Anlasslose und völlig unangebrachte Euphorie gibt es anscheinend nur auf Zeit. Die wird einem nur geliehen. Vielleicht habe ich die Produktion dieser Naturdroge einfach eingestellt oder gewisse Zutaten werden nicht mehr geliefert. Vielleicht gibt es da eine ziemlich geheime Rezeptur die mir (vom Altert) gestohlen wurde. Kann auch sein das ich mich als unwürdig erwiesen habe. Nee dachte sich die E wie eine missmutige Gottheit, dem entziehen ich die E-Berechtigung wie einem anderen die schwarze Kreditkarte. Nur ohne Euphorie geht`s irgendwie nicht. Ich habe diese Euphorie so notwendig wie ein Junkie seine tägliche Dröhung. Aus der angeblichen Freiheit wurde Isolation, aus dem Lachen eine Grimasse. Mit einem Kopf voll euphorischer Synapsen kann man sich schön durch die Zeit mogeln. Ich zumindest. Mit genügend E im hat mir der Wahn und dieser ganze Traurigkeit, dich mich immer wieder ins Lächerliche kippen lässt, nicht wirklich zugesetzt. Ganz gleichgültig wie andere mich bewerteten und über mich richteten. Das tun sie in der Regel immer. Meistens nicht zu meinem Vorteil. Ich klappte einfach meinen Stuhl auf und dann saß ich da ohne Absicht und Ziel und die Wände hatten ziemlich viel Respekt vor mir und die Leute machten einem weiten Bogen und mich und die Todesangst war nicht mehr als das Summen einer lästigen Fliege oder der Stich einer Gelse. Die ließen mich alle schön in Ruhe. Seit die E ausbleibt machen alle was sie wollen. Die Wände fallen über mich her oder verspotten mich und die Leute gehen einfach durch mich hindurch oder werden zu etwas vor dem ich flüchten muss. In letzter Zeit schon aufs Dach, immer auf der Flucht vor dieser scheiß Todesangst, während unten auf der Straße das wirkliche Leben brodelt. Da geht es um Staatsbankrotte und Erdbeerrezepte, Vertriebene und korrekte Seitenangeben, Sommerferien und Anna Fenninger, eine 80 Runde vom Tiger Woods und die Mode für die nächste Frühlings-Kollektion, Sommerfestspiele und Stefan Raab, Kriegstreiberei und falsche Freunde, fehlende Investitionsanreize und gebrochene Gasleitungen, Alltagsroutine und Atomverhandlungen mit dem Iran, Ramadan und Matura-Reisen, postkolonialem Stress und 7,9 Mrd. Euro Unterkapitalisierung bei der Hypo-Abbaueinheit Heta Asset Resolution, Goadfathers anstehenden Hamburg-Besuch und eine neue Eissorte, Frauen Fußball-WM und online Schlagzeilen-Tourismus, Partnersuche im Internet und 3 für 2 Aktionen, die scheinen unverwüstlich, genauso wie der Glaube an die große Liebe, trockene Nasenschleimhäute und einen Mann der Frauen beim Sex die Zähne ausreißt, Tiefdruckgebiete und Grillfleisch, Altpolitiker die ausnahmslos teuren Wein trinken, egal wer den liefert und Flüchtlinge die aus Flugzeugen fallen, 23 000 Glockenschläge und eine Amokfahrt durch die Grazer Innenstadt, In-vitro-Fertilisation bei gleichzeitiger Überbevölkerung, aber wer ist zu viel und wer entscheidet das, 1000sende von Kursangebote und Koffersets, endlich Inflation und Hautausschlag, Langstreckenraketen und Kurzurlaube, Schicksalsgemeinschaften getarnt als Zweckbündnisse, oder anders herum, 35 Jahre Blues Brothers und ein Video über eine Spinne die auf eine Banane klettert, Sicherheitslücken und Zahnspangen, hinkende Enten und Fertigsugo, während ich zu etwas werde das mir eine scheiß Angst einjagt. N ohne E Ist wie Dünnpfiff ohne Klopapier, wie eine Klausur wenn man das falsche gelernt hat, wie die Auswahl aus 10 live Fußballspielen und man wählt das einzige 0:0, wie ein schlechter Text, der den Elchtest nicht besteht und zur Seite ins Geschwafel kippt und den man einfach nicht mehr gestemmt bekommt.

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