Donnerstag, 17. Januar 2013
"Gediegene Gesprächskultur"
der imperialist, 19:59h
Ich war auf dem Weg zu meiner Psychiaterin.
In der Sesamstraße, keine hundert Meter von ihrer Praxis entfernt, saß ein Typ mit Sonnenbrille, Tätowierungen an beiden Oberarmen, ( in Wien auch Päckerl genannt) Shorts, Ruderleibchen und Turnschuhen (Turnbock) auf seinem Fahrrad, lässig gegen die Mauern gelehnt. In der einer Hand hielte er eine Zigarette, in der anderen eine Dose Bier.
„Servus Olter“. Ich fühlte mich nicht angesprochen, warum auch, wo ich doch in dieser Stadt so gut wie niemanden kenne.„He Blonder bist blind servas“. Ich drehte mich um und tatsächlich ich kannte ihn. In der Videothek am Friedrich Engels Platz bin ich ihm ab und zu begegnet. Als der Manfred, ein Ex-Junkie, jetzt tot, früher dort arbeitete schaute ich manchmal vorbei. Den Manfred warfen sie irgendwann raus, weil er angeblich die Wochenlosung geklaut haben soll. Beweisen konnte sie es ihm den Diebstahl nicht und deswegen im Zweifel für den Angeklagten. Ich glaubte nicht an seine Unschuld. Trotzdem oder gerade deswegen, im Z............ Rausgeschmissen hätten sie ihn trotzdem. Die Kunden beschwerten sich über seine unfreundlich Art. Mein Gott dachte ich mir einmal. Was erwarten die Arschlöcher den von einem, der fünf Euro in der Stunde verdient und außerdem gerade sein klebriges Methadon hinuntergewürgt hat. Am späten Vormittag standen wir einfach nur so in der Videothek herum. Ein Ex-Junkie, ein Schizo und ein Alkoholiker. Ich war der Schizo und der Typ aus der Sesamstraße der Alkoholiker.
Während wir so eine Art Gemeinschaftszittern veranstalteten stiegen aus dem Pornokammerl immer wieder blaue Rauchschwaden auf. Für vereinsamte Frührentner, depressive Arbeitslose, hypergeile Notstandsempfänger, leicht entartete Sozialhilfeempfänger, und wahnhafte Dauerkrankenständler, die nichts besitzten, außer einem Ständer und manche wahrscheinlich nicht einmal mehr das, war die Videothek so ein kleiner Lichtstreifen am Horizont. Einer hatte immer so einen Sauerstoffwagen bei sich den er hinter sich her schob.
Ein anderer wiederum lies seine behinderte Tochter einfach im Rollstuhl vor der Eingangstür stehen, während er stundenlang in der fünf Euro VHS Arsch und Fisting Abverkaufskiste wühlte.„Einige kommen jetzt nicht mehr so oft“ stellte der Manfred nüchtern fest, „die können sich keinen DVD Player leisten“. "Na wie wäre es den einfach mit Phantasie", entgegnete ich. Ein kurzes Grinsen. Zumeist redeten wir über nichts Konkretes. Sucht, Wahnsinn, Entzug, Arbeitslosigkeit, kein Geld. Weiber die uns auf gar keinen Fall ran ließen. Wie der Typ aus der Videothek mit Vornamen heißt weiß ich nicht. Ihm geht es was meinen Namen betrifft genauso. Auf so etwas biederes wir entsprechend Umgangsformen legten wir in unserem zustand keinen wert. Außerdem wollten wir ja nicht heiraten.„Weiber sagte der Trinker einmal sind wie Wohnungen. Einige mit Marmorbad, Flachbildschirmfernseher, HI Fi Turm, immer Bier im Kühlschrank, Terrasse und Himmelbett. Doch die meistens sind wie Substandardwohnungen, wo das Klo am Gang steht und jeder hinein scheißt“. Dem hatte ich nichts mehr hinzu zufügen. Der Mann hatte es auf den Punkt gebracht. „Servus Olter“ grüßte ich sichtlich überrascht zurück „Wos mochst du in der Gegend“, fragte er mich nicht weniger erstaunt. Ich „ich muaß wohin und du?“ Er: „i kumm grod von wo“.
Damit war alles gesagt. Wortlos gingen wie auseinander.
Wien 2003
In der Sesamstraße, keine hundert Meter von ihrer Praxis entfernt, saß ein Typ mit Sonnenbrille, Tätowierungen an beiden Oberarmen, ( in Wien auch Päckerl genannt) Shorts, Ruderleibchen und Turnschuhen (Turnbock) auf seinem Fahrrad, lässig gegen die Mauern gelehnt. In der einer Hand hielte er eine Zigarette, in der anderen eine Dose Bier.
„Servus Olter“. Ich fühlte mich nicht angesprochen, warum auch, wo ich doch in dieser Stadt so gut wie niemanden kenne.„He Blonder bist blind servas“. Ich drehte mich um und tatsächlich ich kannte ihn. In der Videothek am Friedrich Engels Platz bin ich ihm ab und zu begegnet. Als der Manfred, ein Ex-Junkie, jetzt tot, früher dort arbeitete schaute ich manchmal vorbei. Den Manfred warfen sie irgendwann raus, weil er angeblich die Wochenlosung geklaut haben soll. Beweisen konnte sie es ihm den Diebstahl nicht und deswegen im Zweifel für den Angeklagten. Ich glaubte nicht an seine Unschuld. Trotzdem oder gerade deswegen, im Z............ Rausgeschmissen hätten sie ihn trotzdem. Die Kunden beschwerten sich über seine unfreundlich Art. Mein Gott dachte ich mir einmal. Was erwarten die Arschlöcher den von einem, der fünf Euro in der Stunde verdient und außerdem gerade sein klebriges Methadon hinuntergewürgt hat. Am späten Vormittag standen wir einfach nur so in der Videothek herum. Ein Ex-Junkie, ein Schizo und ein Alkoholiker. Ich war der Schizo und der Typ aus der Sesamstraße der Alkoholiker.
Während wir so eine Art Gemeinschaftszittern veranstalteten stiegen aus dem Pornokammerl immer wieder blaue Rauchschwaden auf. Für vereinsamte Frührentner, depressive Arbeitslose, hypergeile Notstandsempfänger, leicht entartete Sozialhilfeempfänger, und wahnhafte Dauerkrankenständler, die nichts besitzten, außer einem Ständer und manche wahrscheinlich nicht einmal mehr das, war die Videothek so ein kleiner Lichtstreifen am Horizont. Einer hatte immer so einen Sauerstoffwagen bei sich den er hinter sich her schob.
Ein anderer wiederum lies seine behinderte Tochter einfach im Rollstuhl vor der Eingangstür stehen, während er stundenlang in der fünf Euro VHS Arsch und Fisting Abverkaufskiste wühlte.„Einige kommen jetzt nicht mehr so oft“ stellte der Manfred nüchtern fest, „die können sich keinen DVD Player leisten“. "Na wie wäre es den einfach mit Phantasie", entgegnete ich. Ein kurzes Grinsen. Zumeist redeten wir über nichts Konkretes. Sucht, Wahnsinn, Entzug, Arbeitslosigkeit, kein Geld. Weiber die uns auf gar keinen Fall ran ließen. Wie der Typ aus der Videothek mit Vornamen heißt weiß ich nicht. Ihm geht es was meinen Namen betrifft genauso. Auf so etwas biederes wir entsprechend Umgangsformen legten wir in unserem zustand keinen wert. Außerdem wollten wir ja nicht heiraten.„Weiber sagte der Trinker einmal sind wie Wohnungen. Einige mit Marmorbad, Flachbildschirmfernseher, HI Fi Turm, immer Bier im Kühlschrank, Terrasse und Himmelbett. Doch die meistens sind wie Substandardwohnungen, wo das Klo am Gang steht und jeder hinein scheißt“. Dem hatte ich nichts mehr hinzu zufügen. Der Mann hatte es auf den Punkt gebracht. „Servus Olter“ grüßte ich sichtlich überrascht zurück „Wos mochst du in der Gegend“, fragte er mich nicht weniger erstaunt. Ich „ich muaß wohin und du?“ Er: „i kumm grod von wo“.
Damit war alles gesagt. Wortlos gingen wie auseinander.
Wien 2003
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