Montag, 23. Dezember 2019
Das Bewusstsein ist eine glatte Lüge.
meines natürlich auch. Vor allem wenn man sich angegriffen fühlt oder sonst wie unter Druck gesetzt und der Blickwinkel sich einengt.

Die Süddeutsche Zeitung war so freundlich Peter Handkes Text: "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien", noch einmal gratis online zu stellen. Dieser Text war Auslöser für die bis heute andauernde Debatte, um Handkes Verhältnis zu den Jugoslawien-Kriegen eher im Allgemeinen und Serbien im Besonderen. Ein ziemlicher Konflikt, wo der Dichter fast alleinig, gegen den Rest der Welt steht, ohne das er fällt, und der wegen der Verleihung des Literaturnobelpreis an den Schriftsteller wieder von neuem aufflammte. Eines sehe ich in diesem Text bestätigt. Mit Österreich weiß der Schriftsteller nicht viel anzufangen. Nicht auf einer tiefenpsychologischen Ebene. Österreich ist im fremd, wo doch schon sein Großvater mütterlicherseits, 1920 für den Anschluss Unterkärntens an Jugoslawien stimmte. Ein Vorgang der mich direkt zu der Frage brachte wie meine Vorfahren mütterlicherseits einst in dieser Frage wohl abstimmten, ebenfalls Kärntner Slowenen. Bei mir happert es ja auch ein wenig was mein Gefühl von Zugehörigkeit zu diesem Land betrifft. Kann aber auch damit zu tun haben dass ich nicht mal Herr im eigenen Haus bin. Zumindest nicht vollumfänglich. Eine ziemliche Schweinerei wie ich finde. Schwer zu sagen von der Bronx aus was das tatsächlich Sache ist. Mit Letztgültigkeiten tu ich mit sowieso recht schwer. Auch weil das Bewusstsein ein ziemlich Luder sein kann, dem nicht über den Weg zu vertrauen ist in dem einen oder anderen Fall. Weder meines ist da vor etwaigen Seltsamkeiten gefeit noch jenes eines Dichters von Weltruhm. Wegen seines Serbien-Textes massiv angegriffen, auch vom diesjährigen deutschen Buchpreisträger Saša Stanišić, Herkunft Lichterhand, nee das ist sein Verlag, der ursprünglich aus Bosnien und Herzegowina stammt, rechtfertigte sich der Handke auch dahingehend nie eine Meinung zu haben. Er schreibe keine Meinung, er hasse Meinungen. Er mag Literatur. In Stockholm, halt zwecks Nobelpreis anwesend, wurde er auch gefragt, ob er die Fakten inzwischen akzeptiere, dass es in Srebrenica ein Massaker gegeben hat. Statt einer konkreten Antwort verlegt er sich dann auf das Vorlesen eines der Briefe, die er in den letzten Wochen erhalten habe. Er hätte viele wundervolle Briefe von Lesern bekommen – bis auf einen mit beigelegtem Klopapier und einer Art "Kalligrafie aus Scheiße". Doch so einen ziehe er solchen "leeren und ignoranten" Fragen vor, feuert Handke dem Journalisten entgegen. Ich kann seine Haltung einigermaßen nachvollziehen. Das Massaker von Srebrenica spielt in seinem Serbien- Text überhaupt keine Rolle. Das hätte der fragende Journalist wissen müssen, wenn er Handke seinen Reisebereicht gelesen hätte. Ich kann den ganz genauen Hergang nicht mehr schildern. Natürlich wieder zum Thema befragt, antwortete er auf eine Journalistenfrage wütend: "Ich urteilte nicht. Ich stellte nur Fragen". Natürlich in seinem Reisebereicht an die Flüsse von Donau, Save, Morawa und Drina.

Eine dieser Fragen in seinem Text lautet folgend: "Ist es erwiesen, daß die beiden Anschläge auf Markele, den Markt von Sarajewo, wirklich die Untat bosnischer Serben waren, in dem Sinn, wie etwa Bernard Henri- Lévy, auch ein neuer Philosoph, einer von den mehr und mehr Heutigen, welche überall sind und nirgends, gleich nach dem Anschlag posaunenstark und in einer absurden Grammatik wußte".

Diese Frage hat sich hinten hinaus wohl dahingehend beantwortet.

Stanislav Galić, ehemaliger General der Armee der Republika Srpska war zwischen 1992 und 1994 Kommandant des Sarajevo-Romanija-Korps, das die umliegenden Hügel von Sarajevo besetzte. Das Korps wendete eine Militärstrategie an, die darauf abzielte, die Zivilbevölkerung von Sarajevo durch Schüsse aus dem Hinterhalt und Bombardierungen zu töten, zu verstümmeln, zu verwunden und zu terrorisieren. Die Angriffe, denen ca. 12.000 Zivilisten beider Geschlechter und jeden Alters zum Opfer fielen, waren ohne jeglichen militärischen Zusammenhang und zielten darauf ab, die Einwohner permanent in Angst und Schrecken zu versetzen. Dazu zählten die Zerstörungen zahlreicher historischer, kultureller und symbolischer Gebäude. Zu den einzelnen Anklagepunkten zählten der scheinbar gezielte Beschuss des mit Zivilisten überfüllten Markale-Marktplatzes mit über 100 Todesopfern sowie das Agieren regulärer Scharfschützen der VRS gegen Männer, Frauen und Kinder im ganzen Stadtgebiet. Das erste der beiden Markale-Massaker fand gegen Mittag am 5. Februar 1994 statt, als ein 120-mm-Mörsergeschoss auf dem Markale-Platz im Zentrum Sarajevos detonierte (). Dabei starben 68 Zivilisten, 144 weitere wurden verletzt. Der Vorfall in der unter UN-Schutz stehenden Zone führte zu einem Ultimatum des UN-Sicherheitsrats an die Armee der bosnischen Serben (VRS), alle schweren Waffen und Mörsergeschütze innerhalb von zehn Tagen aus einem 20-Kilometer-Radius um die Stadt abzuziehen und unter Aufsicht der UNPROFOR zu stellen. Stanislav Galić wurde am 20. Dezember 1999 durch die SFOR gefasst und an den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien ausgeliefert, wo er am 5. Dezember 2003 zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Nach einer Berufungsverhandlung wurde er am 30. November 2006 zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 15. Januar 2009 wurde er zur Verbüßung seiner Strafe nach Deutschland überstellt

Sein Nachfolger war Dragomir Milošević, ebenfalls General der VRS. Der übernahm das Kommando 1994 und behielt es bis zur Einstellung der Kämpfe im November 1995. Er führte die Terrorangriffe seines Vorgängers mit unverminderter Härte fort und ließ zum ersten Mal auch modifizierte Splitterbomben einsetzen. Das zweite Markale-Massaker fand unter seinem Kommando statt. Der Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien verurteile ihn am 12. Dezember 2007, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstoßes gegen die Gesetze und Gewohnheiten des Krieges zu 33 Jahren Haft verurteilt wurde. Von der Berufungskammer wurde die Strafe auf 29 Jahre herabgesetzt, da die Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei nachweisen konnte, dass Milošević den Beschuss von Zivilisten durch Scharfschützen persönlich geplant und befohlen hatte. Quelle Wikipedia.

Diese Fragen des Literaturnobelpreisträger scheint somit beantwortet. Aber wie ich schon sagte. Das Bewusstsein ist eine glatte Lüge, eventuell wie die Rechtsprechung, ausgeübt durch Sieger-Justiziäre.

Ende.

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