Sonntag, 6. Mai 2018
A bisserl Inseltalk
Ort des Geschehens. Natürlich die Donauinsel. Ein Mann, ich schätze so Anfang dreißig, Jogger, stellt sich nicht weit von meinem Herrschaftssitz auf und beginnt wie wild mit der Hüfte zu kreisen. Schizophrenist sich aus dem Klappstuhl zu dem Mann hindrehend: „Machst dich warm um hier einen wegzustecken?“ Mann, asiatischer Herkunft, guckt mich ganz verdutzt an und rennt weg. Schizophrenist: „War doch nur a Schmäh Chefe, nur a Schmäh“.

Apropos Chefe. In der Bronx gibt es einen Mann, der sitzt seit Jahren in einer Unterführung auf einen Stuhl, Herkunft irgendetwas mit Osten. Wenn jemand vorbeikommt grüßt er immer mit den Worten. „Servus Chefe“. Wenn er jemanden ausmacht den er schon öfters gesehen hat hebt auch die Hand zum Gruß. Das ist sein ganzes Geschäftsmodell, Tag ein Tag aus, in einer Unterführung in einer Großstadt auf einem Stuhl, immer mal wieder die Hand hebend, was ihm schon sicherlich schwer fällt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir diesen Menschen wie Sisyphos, als glücklichen Menschen vorstellen soll.
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Ich lese ja regelmäßig den Spiegel. Wehe sie drehen mir daraus einen Strick. Ich bin an Ausrichtungen von Medien nicht großartig interessiert. Mir ist das Siebzehn ob so ein Blattl linker oder rechter Lichtwelt-Mainstream ist. Von irgendwoher muss ich meinen Input beziehen. Ich lese auch eine konservative, äußerst kapitalismusfreundliche Tageszeitung. Gut auf Tabs und schattenweltmäßig abgetakelt hapert es ja a bisserl mit dem Output bei mir. Woher nehmen wenn nicht stehlen. Dort wo sie Sprache haben, habe ich das grauen Rauschen. Das ist so, wenn man hauptberuflich einen auf Schizo macht. In der Serie Here an Now, über eine Multi-Kulti-Familie eines Philosophieprofessor und seiner Ehefrau, einer Anwältin, wollen sie den importieren Sohnemann aus Kolumbien auf eine niedrige Dosis Seroquel setzen. Dann kann der wieder schlafen. Sagenhaft wie die Eltern da herumscheißen. Ich nehme jeden Tag 400mg Normal und XR in echt, kann nicht schlafen, die Drähte sind durch, und meine Eltern haben noch nie gefragt wie es mir damit ergeht. Nicht einmal in den letzten 20 Jahren. Ich werde dann immer a bisserl zynisch, wenn ich sehe was Menschen so für Handlungsoptionen hätten, wenn ein Kind oder naher Angehöriger a bisserl plemplem wird. Wenn man es auf den Punkt bringt ist der Umgang meiner Familie mit mir doch a bisserl schäbig. Wohung hin oder her. Schäbig und letztklassig. Das Problem ist ja nicht der Umgang, sondern die eigene Reaktion darauf. Man härtet aus. Es ist aber ein Irrtum zu denken das einem diese Härte gut bekommt. Ganz im Gegenteil. Man stumpft ab und schrumpft und verzwergt in seiner Gefühlswelt, so dass man die Welt in sich und um einen herum aushält. Das innere Licht wird sozusagen heruntergedimmt auf Schattenwelt-Niveau. Mit Nikklas Luhmann gesagt, beschränke ich mich daher auf ein „abgemagertes Konzept der Selbstbeschreibung“. Hab ich von der FAZ geklaut. Derzeit ist in der Lichtwelt Marx ganz hoch im Kurs. 200 Jahre hat der alte Sack jetzt schon auf dem Buckel und ist trotzdem nicht totzukriegen. Irgendwo las ich eine wunderbare Marx-Kritik. Man sollte Marx auch als wunderbaren Sprachmacher lesen und weniger als den Ideengeber von Stalin oder Mao. Im Spiegel stehen dazu Zeilen wie: „Kapitalismuskritik, unter uns, kann ja sehr nervtödend daherkommen. Rechthaberisch. Und auf eine Weise ins eigene Scheitern und die Ausweglosigkeit verliebt, dass man doch lieber Kapitalist bleibt“. Das klingt ja sehr nett. Wenngleich ich sagen muss. Das ist doch leeres Lichtwelt-Gedöns. Wie kann man nur in sein Scheitern und die Ausweglosigkeit verliebt sein. Das ist doch nix als eine aufgesetzte Attitüde egal von welcher Seite man es betrachtet. Was ist denn das für ein Scheitern das einem nicht unter die Haut kriecht und völlig aus der Bahn wirft. Ich war schon vieles. Aber in meine Ausweglosigkeit war ich noch nie verknallt. Aus meiner Liebe wurde ja damals auch nix, weil ich im kleinstbürgerlichen Sinne gescheitert war. Gescheitert und schon ziemlich plemplem. In so einem kritischen Zustand kann man doch keiner jungen Frauen im Weg herumstehen und das Leben vermiesen. Das macht man einfach nicht, wenn man nur einen Funken von Style hat. So eine Situation in der ich zeitlebens feststecke, ziemlich ausweglos und von der Konsistenz nicht zu stemmen, verlangt nach Verzicht, wenn man so möchte nach a bisserl Heldenmut, und nicht nach Rechthaberei. Was hinten hinaus überbleibt das man ein ganzer Kerl war? Gar nix bleibt, wenn man sich überlebt hat und nur noch alleine auf der Bettkante herumrutschtend sein Ende verwaltend. Überhaupt nix bleibt. Auch das Gefühl damals das Richtige getan zu haben verblast. In der Marx-Titel-Geschichte steht dann noch: „Die Menschen definieren sich heute extrem über ihre Erwerbsarbeit – aber, wo steht der Selbstwert noch, wenn viele Menschen ökonomisch tatsächlich nicht mehr gebraucht werden?“. Antwort: Na im Keller wo sonst. Egal ob jetzt als tatsächlicher Ort, Analogie und Metapher. Ich habe alles gemacht.
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Heimat als Begriff und Ort. Um meinen Heimatbegriff scheint es nicht zum Besten bestellt zu sein. Zum Heimatbegriff fällt mir nix ein. Da ist nix. Ich habe keine konkrete Erinnerung an vertraute Gesichter, an eine vertraute Stimme oder eine Örtlichkeit die vertraut riecht oder sonst was in dieser Richtung macht, mal abgesehen von a bisserl Donauinsel. Alles was mir spontan zu Heimat einfiel, da ich was über einen emphatischen Heimbegriff gelesen hatte, der wieder im Kommen ist, sein jene zu uns strömen, denen ihre Heimat verlustigt ging, war Heimspiel. Durch meinen Kumpel den S. der gebürtige Deutscher ist und ein echter Fan von Darmstadt 98, habe ich zu dem Verein einen Hauch von emotionaler Nähe aufgebaut. Die Lilien, letzte Saison aus der 1. Bundesliga abgestiegen, taten sich heuer extrem schwer. Fast die ganze Rückrunde standen die auf einem Abstiegsplatz. Seit der Dirk Schuster wieder die Mannschaft trainiert haben die sich wieder einigermaßen erfangen. Eine Runde vor Schluss stehen sie nicht mehr auf einem direkten Abstiegsplatz. Aber die letzte Runde gegen FC Erzgebirge Aue hat es in sich. Da geht es unter Umständen, die sich derzeit noch nicht restlos aufklären lassen, um alles. Aue spielt auch gegen den Abstieg. Möglicherweise langt schon ein Punkt. Die Lilien spielen zu Hause, haben also ein Heimspiel. Was sicherlich kein Nachteil ist, wenn man in den entscheidenden Momenten eine Heimat hat. Ich bin also ein Südkärntner, der in Wien mit dem Rücken zur Wand lebt und viel zu provinziell ist für die Schönheit einer Großstadt, der dann nächste Woche mit einer deutschen Fußballmannschaft mit fiebern wird, während ich so nebenher von einem Balkon mit Meerblick träume, weit ab vom Schuss aller Lichtweltrituale, am Ende der Auswegslosigkeit.

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Meiner Natur gemäß, kleinstbürgerlichen Reflexen nicht entkommen zu können, die mir einreden, dass ich in meinem Leben nicht lange genug hart gearbeitet habe, was ja den Tatsachen entspricht, bastle ich schreibend auch noch an was Wortlastigeren herum. Würden meine Schreibbemühungen offiziell als Arbeit anerkannt werden, immerhin unterscheidet sich der Kleinstkünstler vom Großirren durch sein Werk, hätte sich das mit dem zwanghaften Schreiben bei mir längst erledigt, da ich fürs Schreiben aus Leidenschaft viel zu erledigt bin. Leider will mir diese Welt dieses kleine Glück nicht gönnen. Der Blitz soll euch beim Scheißen treffen. Das sagt man so. Besser wäre es wenn euch der Blitz beim Pimpern trifft. Das wäre mal ein Orgasmus. In dem längeren Text wird es einen Abschnitt geben, da werde ich mich wohl auf die Freiheit der Kunst hinausreden bzw. berufen müssen. Der Abschnitt ist ziemlich heftig und extremst frauenfeindlich, wenn man nicht genauer liest, was ja bei Gratis immer mal wieder vorkommt. Oder nicht. 3 Seiten-Text gratis fühlen sich anders an, als wenn man dafür Eintritt bezahlt hat. An sich soll man seine Kleinstkunstversuche nicht erklären. Aber den Kunstfreiheit-Text-Abschnitt sollten sie dann vom Ende her denken. Diesen Text habe ich ja weger eines tatsächlichen Ereignisses vor siebzehn Jahren geschrieben. Online stelle ich den nur wegen einer aktuellen Entwicklung. Für die ich nix kann. Immerhin spricht für meine Theorie, dass ich mir fast 2700 Tagen lang Zeit ließ, diesen Text bald mal online zu stellen. Ohne dieser aktuellen Entwicklung würde ich diesen Text weiterhin unter Quarantäne halten. A bisserl lustig ist der Schmarren natürlich schon auch.

Israel feiert gerade sein siebzigjähriges Bestandsjubiläum. Was ich von der Existenz eines jüdischen Staates halte. Ich sag mal so. Wenn ich jetzt zwischen Israel und der Türkei wählen könnte, um von einem Balkon aus aufs Meer hinaus zu gucken, würde ich mich ohne Zögern für den jüdischen Balkon entscheiden. Dabei hat das Ding zwischen Israel und den Palästinenser schon auch was von einem typischen Horrorschinken. Sehr gespenstisch. Sobald sich die Untoten bzw. Zombies, als Palästinenser verkleidet, zu nahe an die Lebenden, in Gestalt der Israelis heranwagen, werden die auch schon erschossen oder zurück in ihr armseliges Dasein getrieben. Schon a bisserl durchblutungsgestört dieses Verhältnis, wenn man mich nicht fragt. Wiewohl man dem Judenstaat eines zugutehalten muss. Geschenkt wurde denen ihre neue Heimat nicht. Die Juden haben die Araber in einem recht fairen Kampf besiegt. Der war sicherlich fairer, als jener zwischen weißen Einwanderern in die neue Welt und den Alteingesessenen vom Volk der Indigenen. Decken mit Pocken haben die Juden keine verteilt. Das die Juden durch den Holocaust a bisserl blind fürs Unglück und Leid der Palästinenser wurden, liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache. Jedoch die heutige Besatzungspolitik Israels ist schon ziemlich übel. Es scheint fast so das die Israelis emotional noch immer fest in der Umlaufbahn der Opferrolle festhängen und in ihrem Willen, als Volk auf gar keinen Fall aus dieser Welt zu verschwinden, nicht mehr bemerken, dass sie die Zeitebenen hin und wieder a bisserl durcheinander bringen und heute noch um Etwas kreisen, das zu einem Teil auch schon auch a bisserl Zeitgeschichte ist. Der Staat Israel ist schon lange kein Opfer mehr. Das sieht man auch daran das Israel weder von den Arabern bzw. Persern militärisch angegriffen wird. Zwar droht Iran seit ich denken kann Israel mit dem Untergang. Aber was unternehmen die in dieser Sache konkret. Eher wenig. Wenn Iran von Syrien aus zu nah an Israel herankommt, steigen auch schon die Bomber mit dem Davidstern auf und bomben alles kurz und klein. Nur um diesen Aspekt geht es mir nicht. Bevor die Mullahs des Iran eine Atombome auf Israel werfen, werden die von einer Revolte im eigenen Land hinweggefegt. Dort brodelt es ja gefährlich unter der Oberfläche. Wer bin ich das ich zu Gericht sitze über die Weltwirklichkeitsmacher und alles besser weiß, wo doch bei mir gleich um die Ecke ein Stolperstein aus dem Beton ragt, denn ich im Winter auch dann mit schlafwandlerischer Sicherheit finde, wenn eine dicke Schneeschicht über dem Stolpern durch die österreichische Geschichte liegt und einem die Sicht versperrt. Der Stein gehört im Übrigen zur Frau Lotte Baumann. Dabei sind mir die Palästinenser nicht unähnlich. Die haben auch den Scherben auf. Nur mit dem kleinen Unterschied das die sich das Ding immer fester auf den Schädel drücken. Es gibt Situationen in denen sich der Widerstand nicht mehr lohnt. Hätte ich dem Goadfather weiter zugesetzt und wäre ihm unentwegt mit meiner Kritik an seinem Lebensmenschen der Um2 und seiner eigenartigen Rolle in diesem Konflikt in den Ohren gelegen, wie ein Moralapostel, dann müsste ich heute wohl die Parkbank drücken, oder gleich noch viel mehr Sozialstaat machen, als mir eh schon lieb ist. Man muss im Leben einfach ein Gefühl dafür entwickeln wenn man verloren hat oder wann der Einsatz viel zu hoch wird. Die eigenen Kinder andauernd in ein Scharmützel zu verwickeln, indem die abgeschossen werden wie Tiere auf einer Treibjagd, halte ich für keine besonders humane Art seine Kinder großzuziehen. Sie etwa. Auf diese Kids zu schießen, ist natürlich auch recht inhuman. Als Jude auf die Welt zu kommen ist keine einfache Sache. Da wird die Frage der eigenen Identität gerne mal zu Etwas das mehr ist als nur ein besseres Hobby. Bei uns machen die Leute auch gerne Identität und betreiben Ahnenforschung. Aber das ist nix Völkisches. Da geht es eher darum das sich die Leute doch irgendwie erhoffen von recht noblen Geschlecht abzustammen und nicht vom einfachen Gesinde. So ein waschechter Kreuzritter, der bis zu den Knöcheln im Blut von Muslimen wartete, die einst unbedingt Wien belagerten mussten, bis uns die Polen zu Hilfe kamen, die derzeit Artikel 7 machen, kommt in einer Ahnengalerie ganz gut. Als Jude, nur so für sich jüdisch zu sein und seiner Herkunft nur ganz wenige Bedeutung oder Aufmerksamkeit beizumessen, geht fast nicht. Jude sein ist nix Nebensächliches. Als Jude wird man unweigerlich und immerzu in was Größeres verwickelt. Sagen wir da gibt es eine Tendenz in diese Richtung, siehe Antijudaismus, Antisemitismus, Antizionismus, Antifa, Anton aus Tirol. Nee das ist der andere glaub ich. Für seine jüdische Herkunft, für die man ja an sich nix kann, und die man nur im Stillen abarbeitet oder genießt, sind zu viele Anti-Antons im Umlauf. Als strammer Katholik ruft man einfach bei der Kirchenbeitragsstelle an und schreit denen ins Ohr, wenn sie den Kirchenbeitrag nicht umgehend um 95% kürzen, steigt man von Jetzt auf Nun aus diesem scheiß männerbündlerischen und schwanzgesteuerten Verein aus und die Sache hat sich erledigt. Zu Weihnachten kommt dann halt nur noch der Weihnachtsmann und das Christkindl soll halt zu den anderen kommen. In der Substanz ist der Unterschied, wer da kommt oder eben nicht kommt, ja nur marginal, solange es Geschenke gibt, die sich auch umtauschen lassen. Gibt kaum einen Juden der seine Konfession zurückgibt oder umtauscht. Es scheint fast so, das man durch die Umstände, Besonderheiten oder Begleiterscheinungen, als Jude geboren, während man zum Katholiken gemacht wird. In der Wochenendbeilage meiner Qualitätszeitung (Die Presse) ereignete sich Etwas das mich total erstaunt und kopfschüttend zurücklies. In einem Text schreibt der jüdisch-stämmige Schriftsteller Doron Rabinovici dass er eigentlich kein Wiener Jude werden wollte. Seine Kernfamilie ist inzwischen wieder in Tel Aviv heimisch, aber er ist zum Wiener Juden aus Überzeugung geworden, weil er diesem Österreich seinem Waldheim nicht durchgehen lassen wollte. Wortwörtlich schreibt er: „Wer weiß, ob ich nicht längst schon in Israel leben würde, wenn nicht ein Mann mich zum ausgeprägten Österreicher gemacht hätte. Es war niemand anderer als Kurt Waldheim“. Als Österreich-Unkundiger ist es ihnen vielleicht nicht so geläufig, das mit dem Waldheim for Präsident-Ding 1986, im Alpenland die längst überfällige Debatte im Land aufbrach, wie es Österreich so mit seiner näheren Vergangenheit hielt. War der SA-Waldheim bzw. Österreich nun ein Nazi und Kriegsverbrecher-Land oder hat der nur seine Pflicht getan, wie auch das ostmärkische Volk nur seine Pflicht tat, Menschen, denen man eine andere Abstammung unterstellte, beinahe zur Gänze auszurotten. Natürlich war der SA-Waldheim ein Nazi was sonst und der Judenhass in Österreich virulenter, als jene Bakterien, die in meiner Nase die Nebenhöhlen eitern ließen. Das weiß doch jedes kleine Kind. So eine Reibpartie nach österreichischem Gusto war ja kein Produkt des Zufalls. Der Schriftsteller Carl Zuckermayer schrieb: „Nichts davon war mit diesen Tagen in Wien zu vergleichen. […] Was hier entfesselt wurde, war der Aufstand des Neids, der Mißgunst, der Verbitterung, der blinden, böswilligen Rachsucht – und alle anderen Stimmen waren zum Schweigen verurteilt“. Als die Waldheim-Affäre ausbrach und durch Österreicher schwappte, war ich knapp achtzehn und durfte noch nicht aktiv mein Wahlrecht unberührt lassen. Nee, ich mache sehr wohl von meinem aktiven Wahlrecht gebrauch. Obschon ich wenig Ahnung von Politik und der österreichischen Geschichte hatte, wusste ich sofort das der Waldheim ein Nazi war. Das sagte mir meine Intuition. Das konnte ich auch an der Reaktion vom Goadfather ausmachen, so wie der dem Waldheim den politsichen Gaul sattelte, der ja immer ein politischer Mensch war und langjähriger Stammwähle der FPÖ. Der wählte schon Blau, als die sich noch vom Obersturmbannführer Peter anführen ließen. Mit Goadfather seiner politischen Einstellung konnte ich nie was anfangen, mit seiner Wohnung hingegen schon. Möglicherweise taugte der Goadfather überhaupt nicht als Vorbild. Weder mit seiner politischen Interpretation der Wirklichkeit, noch mit jener meiner Kumpels, die man heute fast als Rechtsradikale bezeichnen würde, wusste ich etwas anzufangen. Der Doron Rabinovici schreibt weiter: „Seiner Geschichtsverlogenheit (die vom Waldheim, nicht meine) zu widersprechen war wohl das, was mich an dieses Alpenland kettete“. Wie sie sehen können scheint das was den guten Mann umtreibt und an Österreich kettet was zu tiefst Jüdisches zu sein. Mir ist die Geschichtsverlogenheit dieses Landes nicht ganz so nah. Eigentlich will ich mit dieser neubraunen Sauce der FPÖ und den Türkisen eher nix zu tun haben. Die FPÖ ist für mich weder Anlass noch Grund mich an dieses Land zu ketten. Mir können die Heimatliebenden in ihrer Geschichtsvergessenheit den Buckel runter rutschen. Ich habe auch kein jüdisches Ding am Laufen, das ich mich genötigt sehe, wegen der Geschichtsverlogenheit eines Waldheims, der dann repräsentativ für die Mehrheit der ÖsterreicherInnen stand, an dieses Land zu ketten. Als der Jörg Haider begann das Land von den braunen Rändern her "anständig" aufzumischen war ich ziemlich oft auswärts unterwegs, wo ich dann keinen Gedanken an mein Österreich verschwendete. Wenn es für meine Flucht in ein anderes Leben doch nicht langte, sich selbst abzuschüttelen ist keine einfach Sache und ich wieder österreichischen Boden betrat, wurde ich sowieso wieder schlagartig depressiv und jede Zuversicht, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, kam mir abhanden. Alles was ich dann noch in die Hand nahm war meine Nudel. Nee direkt auf das Land habe ich nicht gewixt. Gut einmal beinahe. Aber das war ein Versehen. Nicht einmal mit dem Hermann Achterbusch halte ich es, der einst über seine bayrische Heimat sagte: „Diese Gegend hat mich kaputt gemacht, und ich bleibe bis man es ihr ansieht“. Obschon es da unzweifelhaft Ähnlichkeiten gibt. Stehe ich auf der Donauinsel nur so herum oder sitze im Klappstuhl und es kommen Männer aus der Unterschicht an meinem Platz vorbei, fühlen die sich allein durch meine Anwesenheit immer mal wieder genötigt, laut und unzweifelhaft Farbe zu bekennen. Die gucken mich eindringlich an und schon schimpfen sie über die verfickten Kanaken und dem scheiß Gesindel im Land. Ka Spaß. Heute wieder. Ein Mann so um die vierzig sah checkte mich kurz ab und schon sprudelten der Hass und sein ganzer Weltekel nur so aus ihm heraus. Dabei übersehen diese ehrenwerten Herren ganz, dass ich ganz unzweifelhaft von österreichischen Kleinstbürgern ruiniert wurde, die gerne auch mal den Waldheim wählten, und nicht von Kanaken oder dem scheiß Gesindel. Da liegt ein Missverständnis vor. An sich bin ich ein Mann, falls es mal kurz männlich und heterosexuell sein darf, der Frauen aus exotischen Ländern mit dunkler Hautfarbe sowieso viel attraktiver findet als Weißbrote. So gesehen lebe ich eindeutig auf dem falschen Kontinent, um in Liebesfragen glücklich zu werden. Ebel weil den Herr Rabinovici was zu tiefst Jüdisches umtreibt, verzichtet der auf ein Leben in Tel Aviv, wo man vor einer Kneipe sitzend aufs Meer hinausschauen kann. Das muss man sich einmal vorstellen bevor man es sich auf der Zunge zerrinnen lässt, was dieser Mensch für Sitzer auslässt wie man im Fußballjargon zu sagen pflegt. Dieser Mensch trägt so viel jüdische Identität in sich und mit sich, dass ihm die Geschichtsverlogenheit Österreichs, wo hinter jeden zweiten Ecken ein scheiß Stolperstein lauert, wichtiger ist, als ein Leben unter den Seinen mit Meerblick und viel weniger Winter. So Identitär könnte es bei mir niemals werden. Dafür bin ich im Kern zu sehr windisch und außen herum eingedeutscht.

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Der Realist

Auf der Donauinsel in meinem Klappstuhl sitzend, wurde mir heute bewusst dass ich mich ein Leben lang mit nix als reinen Hirngespinsten in der Welt gehalten habe, bzw. in der Welt halte, wie aktuell einen Balkon mit Meerblick. Das ging schon ziemlich früh los, als ich es zum Weltklassefußballer brachte. Scheinbar fand ich in der Welt nix Reales an das ich meine Hoffnung hätte ketten können. Was waren das für Gespinste. Na das übliche Zeugs hat. Textpassagen aus Liedern, aus Gedichten und Bücher, Szenen aus Filmen, noch ein paar Zeilen hier und dort, noch ein Film, und als Nachschlag noch einmal knappe 4 Minuten Weltflucht im Walkman, auf der Weg in die verhasste Hacken. Der übliche Popkulturkram halt den man oft recht wahllos in sich hineinstopft. Ein paar Sachen bleiben dann beim Verkonsumieren hängen. Die eignet man sich an und die tragen einen dann durch die Finsternis. Immer wieder kam dann ein Sommer der mich auffing, oder die Jugend stellte sich wieder ein, verhunzt und glattrasiert. So hat man dich dann losgeschickt zum Sterben, bevor im Leben der Bohème die Farbe Blau in der Kunst neu und ziemlich finnisch verhandelt und es in TOM TRAUBERT'S BLUES, ziemlich Wasted and wounded wurde. Ich weiß noch, dass ich mich eine Zeitlang sogar das Hirngespinst im Spiel hielt, das ich meiner großen Liebe noch einmal begegnen werde. Einmal wollte ich sie noch (an)sehen, sie riechen, küssen und ihr durchs Haar streichen. Allein sie noch einmal zu sehen hätte mir gelangt. Morden wie man so schön sagt wollte ich deswegen nicht. Na ja. Kommt auf die Umstände an. Sie werden es nicht für möglich halten. Dieses Hirngespinst wurde dann tatsächlich Realität. Ich bin ihr tatsächlich noch einmal über den Weg gelaufen, habe sie angesehen, sie geküsst, an ihr gerochen und ihr durchs Haar gestrichen, obschon ich schon ziemlich Schlagseite hatte. Aber in dem Moment war der handelsübliche Rausch vom Saufen wie verflogen. Ich war ganz bei mir. Doch noch genau in dem Moment als ich ihr durchs Haar strich und obschon ich ziemlich dicht war, wusste ich, bzw. spürte ich, das aus uns nie mehr wird, als eine große unerfüllte und unmögliche Liebe. Dafür war ich viel zu sehr Realist. Eine Eigenschaft die mich bis heute im Spiel gehalten hat.
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Da ich mit Goadfather seiner Rolle als Vorbild nicht so viel anzufangen wusste, der wollte mir ja immer wieder mal zeigen wo Gott wohnt, mit seiner Wohnung hingegen schon, möchte ich noch angemerkt wissen. Besser so, als der Jean Paul Sartre. Der lehnte ja den Literaturnobelpreis ab, der im Übrigen heuer wegen zu viel zur Unzeit nicht verliehen wird, da jeder Preis abhängig macht, fragte aber elf Jahre später noch einmal an, ob der das Preisgeld doch noch bekommen könnte.

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