Montag, 4. Februar 2013
Eine andere Heimat
Eine Frau, achtungsdreißig, Lehrerin, verheiratet ein Kind, sitzt mit langem blonden Haar, das ihr über die Schulter fällt und leicht geröteten Wangen auf dem Millionenstuhl. Ihren werten Namen hab ich verschwitzt und woher sie kommt weiß ich auch nicht mehr. Damit sie nicht ganz so namenlos da herum sitzt nenne ich sie Frau Maier. Die Frau Maier schlug sich ganz tapfer. Bis zur zehntausend Euro Frage kam sie ohne einen einzigen Joker.
Auch die Antwort auf die zehntausender Frage kam wie aus der Pistole geschossen.
Dann stellte ihr der nur leicht verkrampfte Assinger die fünfzehntausend
Euro Frage:
Wer gewann 1972 bei den Olympischen Winterspielen in Sapporo,
die einzige Goldmedaille für Österreich.
A. Annemarie Pröll
B. Trixi Schubert
C. Karl Schranz
D. Peppi Stiegler
15 000 Euro sind an sich eine ganz ansehnliche Summe. Frau Maier, von der ganzen Situation in der sie sich befand ein wenig eingeschüchtert überlegte laut. „Der Karl Schranz kann es nicht sein, weil der wurde ja ausgeschlossen“.
„Annemarie Pröll glaube ich auch nicht die war damals noch zu jung“. Sie überlegte und überlegte. Ihr Blick wanderte zum Assinger hinüber, der recht entspannter dreinschaute. „Der Peppi Stiegler, nein der glaube ich war es auch nicht. Ich glaube die Trixi Schubert ist es gewesen, aber ich bin mir nicht sicher“. „Könnte ich bitte den Fünfzig-Fünfzig Joker haben“. C. Karl Schranz und D. Peppi Stiegler fielen raus. Jetzt stand da nur noch A. Annemarie Pröll oder B. Trixi Schubert. Sie überlegte kurz und meinte, dass sie das Publikum befragen möchte.
Der Assinger befragte das Publikum und folgende Tabellen wurden eingeblendet.
A. Annemarie Pröll 45%, B. Trixi Schubert 55%, C. Karl Schranz 7 % und D. 3%Peppi Stiegler.„Nein“ sagte sie „das ist mir aber auch noch nicht sicher genug. Obwohl das Publikum meine Ahnung bestätigt, möchte jetzt lieber auf sicher gehen und meinen letzen Joker einsetzen und den Mann sowieso anrufen“. Nachdem sich der Telefonjoker seine Anwesenheit bejahte und der Assinger,
sein nächstes Begrüßungssprüchlein aufsagte, fragte sie ihren Telefonjoker, wer 72 die einzige Goldene für Österreich mit nach Hause brachte.
War es A. die Pröll oder B. die Schubert. Die dreißig Sekunden Uhr tickte erbarmungslos herunter. „Die Trixi Schubert“, antwortete die Stimme am Telefon. Auf der Uhr waren noch zehn Sekunden. "Aber zu 100% sicher bin ich mir nicht“.
Dann saß sie nun wieder allein auf sich zurück geworfen, ihre gesund-roten Wangen glühten. „Ich steige aus“, meinte sie. „Ich hör auf und nimm die zehntausend Euro“. „Sind sie sich ganz sicher Frau Maier, entgegnete der Assinger. „Vieles deutet jo auf die Trixi Schubert hin. Wolln sie es niet doch noch amol probieren“. Doch der an sich unwiderstehliche Kärntner Charme zog nicht. "Nein ich steige lieber aus“. Das Licht ging an. Der Assinger gratulierte ihr schön artig zu den zehntausend Euro. Die Leute klatschen. „Und jetzt außer Bewerb, Frau Maier, wer wors denn, no wos glabens“. „Ja B. die Trixi Schubert“. B. Trixi Schubert blinkte grün eingerahmt.
„Ja schode“, sagte der Assinger, „sie hätten’s jo eh g’wußt“! Mit den sicheren zehntausend Euro ging sie aus der Kamera.
Mein Gott wie ich dieses Land hasse.

Wien 2002

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