Dienstag, 23. Juni 2015
Ein hochnotpeinlicher Einkauf
Wie sie vielleicht schon bemerkt oder vermutet haben, bin ich ja noch ein Nachkomme oder Abkömmling vom Stamm der old-school Männchen. Ursprünglich stamme ich ja aus einem schwer zugängigen Tal südlich der Drau, das an den steilen Hängen der Karawanken klebt wie Helikopter-Mütter an ihrer Vorstellung vom glücklichen Kind. Für einen old-school Mann meines Schlages wird der Kauf eines Kulturbeutels zu einer richtigen Challenge. Ich sage zum Kulturbeutel ja Toilettentascherl. Bei der Bezeichnung Kulturbeutel erlebe ich eine gewisse Entfremdung. Ich bin nicht Kulturbeutel kompatibel. Noch nicht. Toilettentascherl geht gerade noch so. Dabei Toilettentascherl trifft die Sache ja nicht so recht. Weil ins Toilettentascherl müsste ja vor allem Klopapier rein und Zeitschriften und weniger die Zahnpaste. Außer sie wollen das ihr Arschloch so riecht wie ihr Sexualpartner aus dem Maul als die Liebe noch frisch war. Ich habe ja vor Wien für ein paar Tage Richtung Süden zu verlassen. Vielleicht wird mir das gut tun oder auch ein fürchterlicher Reinfall. Egal. Zahnpaste, Zahnseide, Rasierzeug usw. und vor allem die Tabletten müssen ja irgendwo hinein. An sich bin ich ja ein Fan vom guten alten Plastiksackerl. Ich weiß das ist nicht sehr fortschrittlich und umweltbewusst. In meiner unterkärntner Heimat trugen Plastiksackerl den Titel „Jugokoffer“. Ich bin ein typischer Jugokoffer-Mensch. Da schmeißt man einfach alles hinein und dann ist alles gut. Im Plastiksackerl gibt es ja keine Ordnung. Da herrscht Anarchie. Alles liegt durcheinander. Sogar zum Sport bin ich mit dem Jugo-Koffer gepilgert. Verblödet wie ich bin halte ich stinknormale Sporttaschen für ziemlich elitär. Fahr ich auf die Insel packe ich auch immer alles ins Plastiksackerl. Trotz meiner tiefsitzenden Vorbehalte dem Kulturbeutel gegenüber, wollte ich von der Überzeigung nicht lassen, dass so ein Toilettentascherl für die Reise doch recht praktisch wäre. Gesagt getan. Im Drogeriemarkt fragte ich die Frau Drogistin, sagt man das so, wo denn die Toilettentascherl herum stehen, weil ich vorhabe eines käuflich zu erwerben. Ich hatte das Gefühl so ganz genau wusste sie nicht was ich meinte, weil man zum Toilettentascherl ja in der Regel Kulturbeutel sagt. Ich der geborene Kultur-Beidl krieg das irgendwie nicht hin. Vielleicht will ich es auch nur nicht hinbekommen. „Kommen sie“, sagte die Dame nach kurzem Zögern. Ich folgte mit einem gewissen Respektabstand. Auf kürzestem Wege führte sie mich zur Quelle. Vor mir offenbarte sich ein kleines Meer voller Toilettentascherln, in Form und Farbe eines femininer oder fernseh-tauglich schwuler als des andere. Was mache ich jetzt nur dachte ich mir leicht panisch. Es gab rosa, mit Strass verziert, leoparden-gefleckt, rosa und mit Strass verziert, leoparden-gefleckt mit rosa Spritzer, hellblaue mit weißen Sternen, noch einmal Rosa mit Braun, geblümte Toilettentascherl usw. Wenn ich nicht gerade innerlich kollabiere halten mich Menschen für eine ziemlich lustige Person. „Frau Frauen S. was machen wir den jetzt“, fragte ich an. "Sie können doch nicht von mir verlangen dass ich in so ein Tascherl mein Rasierzeug schmeiße. Können sie das irgendwie nachvollziehen. Wenn ich in eine mit Strass verzierte Tasche mein Rasierzeug schmeiß, verzieht es ja die Klingen von meinem Nassrasierer oder die Zahnseide erhängt sich an der Zahnbürste“. Ich habe ja die Angewohnheit ziemlich geräuschlastig zu sprechen. Deswegen und weil kaum Kunden im Geschäft waren, gesellten sich auch noch die Filialleiterin, die mich ja seit vielen Jahren schon kennt und noch eine Angestellte dazu, der ich auch nicht ganz bekannt bin. „Meine Damen ich bitte euch das könnt ihr mir nicht antun“. An guten Tagen funktioniere ich ja wie ein Stimmungsaufheller. Die Damen kamen nicht umhin in ein leises Kichern zu verfallen. Ich spielte natürlich artig mit. Die Damen von meiner Ohnmacht angespornt, zogen nach einem völlig unmöglichen Tascherl ein noch Unmöglicheres aus der Schublade. Trotzdem war ich weiterhin fest entschlossen mein Vorhaben in die Tat umzusetzen und mich von etweiligen Rückschlägen nicht beeindrucken zu lassen. Ich versuchte es mit sanftem old-school Druck. „Nix da den Schmarrn lasse ich mir von euch sicherlich nicht andrehen. Ich will was old-school männlich-verblödetes und nix metrosexuell und gendergerechtes. Wenn ich nicht sofort ein völlig belangloses old-school Toilettentascherl kriege, mit einem Auto drauf, oder einer Handgranate, oder meinetwegen mit einer Frau, die ihre Hüften zeigt, oder ein Bein auf einem Staubsauger stehen hat, dann bleibe ich einfach meinem Plastiksackerl treu ergeben. Mit einem Plastiksackerl bin ich immer auf der sicheren Seite“. Kein Geschäft wollten die Damen, bei aller Hetz, auch nicht machen. Also kramten sie im Lager in irgendeinen Schachteln. Und wirklich. Die Frau Filialleiterin kam mit einem schön spießigen old-school Toilettentascherl daher, in einem völlig unspektakulären Blau gehalten, auf dem auch noch groß in weißen Buchstaben „Sport“ stand.

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Sonntag, 21. Juni 2015
Das N und E Prinzip
Alles versucht, alles vergebens und es wieder versucht. Ich habe mich auf den Kopf gestellt, mich gerüttelt und geschüttelt, ich bin auf und ab gesprungen und hab den Kühlschrank abgetaut. Ich habe gesunden Tee getrunken und fettes Zeug gefressen. Nichts. In meiner Not habe ich Begeisterung geheuchelt und Zuversicht gespielt. Ich habe wildfremde Leute auf der Straße gegrüßt und den schizophrenen Sohn vom fetten Bulgaren. Nichts. Dass gewünschte Ergebniss stellte sich nicht ein. In meiner Not versucht ich sogar eine Joga-Figur nachzumachen, die sich „der liegende festgehaltene Winkel“ nennt. Trotzdem nichts. Die Sachte ist ja so. Früher gab`s Euphorie im Doppelliter und Niedergeschlagenheit ein ganzes Kühlfach voll und dann wieder Euphorie und Niedergeschlagenheit und den unbändigen Willen, vielleicht auch das Wissen, oder nur eine Ahnung, wie ich auf schnellstem Wege durch das Gebiet mit den abgegrasten Gefühlen von N nach E gelangte. E oder N. Was anders kannte ich nicht. Egal wie kaputt und verloren sich das N zuweilen anfühlte, auf die Niedergeschlagenheit/Paranoia usw. folgte stets die Euphorie. Auf dieses System konnte ich mich verlassen wie in den letzten Jahren auf den Goadfather. E und N funktionierten wie Antagonisten, auf die Ebbe folgte die Flut, aus der Umnachtung schälte sich der nächste Sonnenaufgang. Ich musste mich um nichts kümmern. Einfach nur die schlechten Zeiten absitzen wie eine Strafe und dann war ich wieder dick im Spiel und ich konnte ohne mich groß anzustrengen über die Ränder, meiner, nüchtern betrachtet wenig erbaulichen Wirklichkeit hinaus fühlen. Das Ausgeschlossen sein fühlte sich nie wirklich bedrohlich an. In den guten Momenten hielt ich mich sogar für Avantgarde. (hahaha) Nichts war zu eng, nichts zu grau, nichts geschah, über das ich nicht hinweg steigen und edel hinwegsehen konnte, mit einem Schulterzucken oder einem Grinsen so fett wie die gute alte Mayonnaise. Ich wollte schon schreiben wie der Arsch von der …. Seit einiger Zeit ist alles anders. Das Stück Land mit dem Namen „Euphorie“ wurde anscheinend umgewidmet, verlegt, abgeholzt, entweiht, verkauft, zerhackt, was weiß ich. Ich finde es einfach nicht mehr. Mein innerer Kompass hat sich verlaufen. Den Neurotransmittern in meinem Baumhaus ist nicht mehr zu trauen. Die haben mich aufgegeben oder zu etwas anderem gemacht, allein weil sie es können oder nicht besser wissen. Das Ergebnis ist so ziemlich dasselbe. Anlasslose und völlig unangebrachte Euphorie gibt es anscheinend nur auf Zeit. Die wird einem nur geliehen. Vielleicht habe ich die Produktion dieser Naturdroge einfach eingestellt oder gewisse Zutaten werden nicht mehr geliefert. Vielleicht gibt es da eine ziemlich geheime Rezeptur die mir (vom Altert) gestohlen wurde. Kann auch sein das ich mich als unwürdig erwiesen habe. Nee dachte sich die E wie eine missmutige Gottheit, dem entziehen ich die E-Berechtigung wie einem anderen die schwarze Kreditkarte. Nur ohne Euphorie geht`s irgendwie nicht. Ich habe diese Euphorie so notwendig wie ein Junkie seine tägliche Dröhung. Aus der angeblichen Freiheit wurde Isolation, aus dem Lachen eine Grimasse. Mit einem Kopf voll euphorischer Synapsen kann man sich schön durch die Zeit mogeln. Ich zumindest. Mit genügend E im hat mir der Wahn und dieser ganze Traurigkeit, dich mich immer wieder ins Lächerliche kippen lässt, nicht wirklich zugesetzt. Ganz gleichgültig wie andere mich bewerteten und über mich richteten. Das tun sie in der Regel immer. Meistens nicht zu meinem Vorteil. Ich klappte einfach meinen Stuhl auf und dann saß ich da ohne Absicht und Ziel und die Wände hatten ziemlich viel Respekt vor mir und die Leute machten einem weiten Bogen und mich und die Todesangst war nicht mehr als das Summen einer lästigen Fliege oder der Stich einer Gelse. Die ließen mich alle schön in Ruhe. Seit die E ausbleibt machen alle was sie wollen. Die Wände fallen über mich her oder verspotten mich und die Leute gehen einfach durch mich hindurch oder werden zu etwas vor dem ich flüchten muss. In letzter Zeit schon aufs Dach, immer auf der Flucht vor dieser scheiß Todesangst, während unten auf der Straße das wirkliche Leben brodelt. Da geht es um Staatsbankrotte und Erdbeerrezepte, Vertriebene und korrekte Seitenangeben, Sommerferien und Anna Fenninger, eine 80 Runde vom Tiger Woods und die Mode für die nächste Frühlings-Kollektion, Sommerfestspiele und Stefan Raab, Kriegstreiberei und falsche Freunde, fehlende Investitionsanreize und gebrochene Gasleitungen, Alltagsroutine und Atomverhandlungen mit dem Iran, Ramadan und Matura-Reisen, postkolonialem Stress und 7,9 Mrd. Euro Unterkapitalisierung bei der Hypo-Abbaueinheit Heta Asset Resolution, Goadfathers anstehenden Hamburg-Besuch und eine neue Eissorte, Frauen Fußball-WM und online Schlagzeilen-Tourismus, Partnersuche im Internet und 3 für 2 Aktionen, die scheinen unverwüstlich, genauso wie der Glaube an die große Liebe, trockene Nasenschleimhäute und einen Mann der Frauen beim Sex die Zähne ausreißt, Tiefdruckgebiete und Grillfleisch, Altpolitiker die ausnahmslos teuren Wein trinken, egal wer den liefert und Flüchtlinge die aus Flugzeugen fallen, 23 000 Glockenschläge und eine Amokfahrt durch die Grazer Innenstadt, In-vitro-Fertilisation bei gleichzeitiger Überbevölkerung, aber wer ist zu viel und wer entscheidet das, 1000sende von Kursangebote und Koffersets, endlich Inflation und Hautausschlag, Langstreckenraketen und Kurzurlaube, Schicksalsgemeinschaften getarnt als Zweckbündnisse, oder anders herum, 35 Jahre Blues Brothers und ein Video über eine Spinne die auf eine Banane klettert, Sicherheitslücken und Zahnspangen, hinkende Enten und Fertigsugo, während ich zu etwas werde das mir eine scheiß Angst einjagt. N ohne E Ist wie Dünnpfiff ohne Klopapier, wie eine Klausur wenn man das falsche gelernt hat, wie die Auswahl aus 10 live Fußballspielen und man wählt das einzige 0:0, wie ein schlechter Text, der den Elchtest nicht besteht und zur Seite ins Geschwafel kippt und den man einfach nicht mehr gestemmt bekommt.

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Dienstag, 16. Juni 2015
Schremmen und Stemmen
Das Haus wird aufgestemmt. Außen wie innen. Unglaublich der Lärm und Dreck. Jetzt muss auch noch die Gassteigleitung, die Löcher hat wie ein Schweizer Käse, komplett erneuert werden. Die Gasaufsichtsbehörde hat uns das Gas aus Sicherheitsgründen abgedreht, es besteht angeblich Explosionsgefahr. Fliegt der Laden halt mit einen Bums in die Luft. Brauch ich mich wenigstens nicht mehr anscheißen. Zurück zur Vernunftbegabtheit.Um nicht im Staub zu ersticken musste ich die Wohnung abdichten. Ans Schreiben ist da nicht zu denken. Mir fällt eh nichts mehr ein. Erschreckend wenn einem nichts mehr einfallen will. Ich bin an einem Punkt angekommen an dem mir nichts mehr einfällt. Dem Goadfather habe ich letztens zum Vatertag gratuliert und mich bei ihm bedankt, das er meine Mami war. Jetzt schau ich mir gerade eine Doku am PC an, in der man per App nach 15 Wochen zum Sickback, nee zum Sixback kommt. Ein Sixback ist sozusagen der Adelstitel für die Unterprivilegierten. Ich trainiere ja auch schon seit ein paar Wochen. Seit ungefähr 1700 Wochen. Einen gestählten Sixback hatte ich deswegen noch nie. Früher als ich noch Mumm hatte, habe ich beim Training geraucht. Und nach dem Training gesoffen und mir beim Kotzen die Bauchmuskel gezerrt. Aber an sich liegt es an der Ernährung wenn`s mit dem Sixback nichts wird. Ohne entsprechende Diät, also Selbstkasteiung und Zensur, können sie 5000 Jahre trainieren und es wird sich kein Sixback-Lebensgefühl einstellen. Es erfüllt mich durchaus mit Stolz und Genugtuung behaupten zu können, trotz langjähriger Anstrengung, niemals an ein Sixback-Lebensgefühl geglaubt zu haben. Für einen Sixback würde ich mich glatt schämen. Körperfaschismus und Sixbacklebensgefühl heißt andauernd Grüne Smoothies und Bio-Haferschleim, clean eating (5-6 Mahlzeiten täglich), low karbon, Überwindung, Kontrolle, freeletics, Zwang, Unterordnung, Militanz, Konkurrenz und irgendwann haste dann die ideale Taille, die ideale Facebook-Taille und dann gehörst zu den oberen Zehntausend der Selbstoptimierer, die in ihrer Freizeit gerne Reaggy hören. Ach was weiß ich. Ich habe keine Ahung was die Optimierungsmenschen so tun oder nicht tun. ich kenne ja niemanden. Und der Hobbit-Anwalt hat mir ausdrücklich verboten das ich über ihn schreibe. So geht`s mir schon mein ganzes Leben. Andauernd werde ich aufgefordert still zu sitzen und mich nicht zu räuspern. Wie so eine Lausebengel. Dabei bin ich 17 Jahre älter als der Hobbit-Anwalt. Mich wollen schon die dreißigjährigen disziplinieren. Hahaha. Auf dauer macht das einen völlig fertig. Dem Wahnsinn sehr nahe sein hat wirklich so seine Tücken. Einerseits ist man selten frei und doch gleichzeitig ausgestoßen, nicht willkommen. Auf so eine Freiheit war ich wirklich nie scharf. Freue mich heute schon aufs Bett und die Glotze. Nichts tue ich lieber als ziemlich regungslos da liegen und den Selbstoptimierern, bis oben hin voll mit Neuoleptika, total desillusioniert und verbraucht, bei ihrem hilflosen Feldzug gegen die Melancholie der Vergänglichkeit zusehen.

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