Donnerstag, 14. Januar 2016
Noch eine Richtigstellung
Das Satiremagazin „Charlie Hebdo", das mir ja erst seit dem schrecklichen Attentat von Paris auf die Redaktion und die Satiriker die dort arbeiteten ein Begriff ist, hat sich in seiner aktuellen Ausgabe, eindringlicher mit dem toten Jungen vom Strand beschäftigt und die hypothetische Frage gestellt, was wohl aus dem Jungen wohl geworden wäre, wenn der nicht im Mittelmeer ertrunken und tot an den Strand von Bodrum gespült wurde. Das Vera Miramar Resort - Ultra All Inclusive soll in Bodrum ganz ausgezeichnet sein. Ich kenne mich mit solch verzwickten, was wäre wenn Situation, auch a bisserl aus. In unsere Sandsackstellung in Umm Qasr, im Irak 1991, wohnte ja für ein paar Tage ein kleiner irakischer Junge. Der saß da nur so herum. Angeblich war der Vollwaise. Nachgeprüft habe ich die Angaben was den Lebenslaufes des Jungen betraf natürlich nicht. Ich war UNO-Soldat mit Gewehr und wenig Munition, über Umwege von meiner Hausbank dorthin beordert, und nicht von einer Behörde, die sich mit administrativen Vorgängen beschäftigt, wer was wo und wie zu sein hat. Vielleicht hatte der Junge auch nur vorpubertäre Probleme weil die Eltern nervten. Ich halte die Theorie mit der Vorpubertät doch eher für unwahrscheinlich wenn man mich nicht fragt. Weil es sonst keiner tat, habe ich mich auch immer wieder mal gefragt, was aus dem Jungen wohl geworden ist. Nic wie i? Würde der mich heute erschießen oder freundlich umarmen. Nix sexuelles natürlich. Ich würde ihn umarmen und höchstwahrscheinlich ein paar Freundestränen verdrucken. Und das mit einer Innigkeit als ob eines der Schizophrenisten-Kätzchen wieder von den Toten auferstehen ist. Egal. Wirklich ausgiebig habe ich mich mit dem Jungen nicht unterhalten. Der konnte noch weniger Englisch als ich. Was an sich eine ziemliche Kuriosität ist.

Über der Karikatur/Zeichnung im Satireblatt soll sinngemäß stehen „Ein Hinterngrabscher in Deutschland“. So ich kopiere jetzt und füge ein. Neben der Überschrift ist eine eingekreiste Zeichnung des toten Jungen am Strand zu sehen. Darunter, wie er sich in drei Schritten zum Erwachsenen entwickelt und schließlich mit ausgestreckten Händen hinter einer schreienden Frau herläuft. Mir ist aufgefallen das ich schon in Schriftgröße 16 schreibe. Unterzeichnet ist der umstrittene Cartoon mit dem Pseudonym Riss. So nennt sich der Karikaturist Laurent Sourisseau, der den Anschlag auf "Charlie Hebdo" im vergangenen Jahr verletzt überlebt hat. Einen schwer traumatisierten Menschen ins Knie ficken, das will ich auf gar keinem Fall. Niemals unter keinen Umständen. Dieser Mensch hat ja übelstes durchgemacht. Ob der jemals wieder Spaß haben wird. Ich hoffe es innigst auch in ihrem Namen. Ich würde es ja lustiger finden, wenn der tote Junge vom Strand, in einer Zeichnung einfach nur so als Zombie herumsteht, vielleicht mit einem gelben Zettel in der toten Fingern, während Frauen im Minirock lachend an ihm vorbeigehen. Und auf dem Zettel steht: „Ich will auch große Brüste fucken“.

Mir ist ja völlig bewusst das der Herr Riss keine Ahnung hat wer der Schizophrenist ist. Das geht schon in Ordnung so. Wenn mir dieser Mensch, trotz der Unkenntnis meiner, bitte folgende Anmerkung erlauben würde. Der Junge vom Strand ist definitiv tot. Der rennt hinter niemanden mehr her. Ich weiß das ganz genau. Denn die Sachen des toten Jungen vom Strand trägt ja seit Monaten mein Scheißhausdämon auf, der 1,93 cm groß ist wenn er sich klein macht. Die Sachen hat der Scheißhausdämon im Übrigen noch nie gewaschen. Dabei habe ich eine ganz komfortable Waschmaschine 7 kg, 1600 Umdrehungen, lustige Programme. Ich schaue bei Waschmaschinen nur auf die Umdrehungen. Waschmittel hab ich und Weichspüler. Ist alles da. Sogar einen Hygienespüler hätte ich im Angebot. Vielleicht für den zerschossenen Torso, den der Scheißhausdämon seit Paris II, an den Armen hinter sich herzieht. Nur traue ich mich den Scheißhausdämon darauf nicht anzusprechen. Aus Protest hat der der Leiche ja schon die Haxen ausgerissen und einfach ins Vorhaus gepfeffert. Egal. Der ist nicht zurechnungsfähig, obschon der irgendwie zu mir gehört, befürchte ich.

Vielleicht noch etwas anderes. Als ich mir David Bowies letzte Platte anhörte lebte der gute Mann noch. Das war genau am 7. Januar. Als ich mir das Lied „Blackstar“ bei, nein auf YouTube zum ersten Mal reinzog, hatte das Liedchen knapp unter 1 Million Klicks. Ich habe es mir dann noch ein paar Mal angehört. Das Video, wie von David Lynch. Warum so dürster, fragte ich mich, warum so düster. Das letzte Mal als ich reinhörte und vor allem schaute, gab es 5 Millionen Klicks. Seit der 4 Million ging es recht schleppend. War ja old school Musik. Seit die Welt weiß dass der David Bowie als Mensch nicht mehr unter uns weilt, hat sich auch bei den Klicks was getan. Sind in gut 72 Stunden gleich einmal 10 Millionen Klick dazu gekommen. Was mir jetzt eine ziemliche Angst einjagt. Um ähnliche viele Klicks für einen Blog-Eintrag abzuräumen wie die Frau Novemberregen in der Regel so abräumt, müsste ich eigentlich aus dem Fenster springen. Meiner Berechnung nach sogar vom Dach des Hauses.

Noch etwas ist mit bewusst geworden. Der Tod vom David Bowie ist mir nah gegangen. Auf den ersten Blick war der Herr Bowie zu Lebzeiten doch a bisserl anders als ich. Wiedererkennungsfaktor und so gab es da ja nicht so viel. Und Ansporn im nachzueifern eigentlich auch nicht. Allein schon unser Mode und der Style, sagt man das so, waren ja a bisserl unterschiedlich. Bei mir kommt in Sachen Mode und Style ja bis auf meine verkehrten Socken nicht viel. Zu allen Anlässen trage ich Leiberl und Jean und wenn es kalt wird Lederjacke. Aber hinter dem ganzen Glanz und Glimmer der Popindustrie und dem Trubel des Ruhms habe ich im David Bowie immer einen Klappstuhlmenschen gesehen. Ehrlich, "we can be Heroes, just for one day".

Dann ist mir aufgefallen in der Zukunft stehen immer Sachen herum die die Vergangenheit dort deponiert hat. Ob jetzt zufällig, absichtlich oder aus weißer Voraussicht kann ich natürlich nicht beantworten.

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