Der Schizophrenist

Sie verstehen mich ziemlich falsch. Ich habe nicht geschrieben das mir eine nahestehende Person verstorben ist. Ich habe nur geschrieben das mir eine bekannte Person verstorben ist. Wohl bekannt, aber nicht nahe stehend. Ich habe den Verstorbenen vor 40 Jahren das letzte mal gesehen. Ich habe mich über Kleinstbürgerliche mokiert. Haben dir nichts zu sagen. Nichts. Außer das wer gestorben ist. Das ist denen dann eine Zeile wert. Viel Spaß mit denen.

Aber da können sie ja nix für. Danke ihnen trotzdem.

Wenigstens stehe ich nicht total blank da. Ich habe den Mann einige Male erwähnt als er noch lebte: Name "Fatti George", wie der in Österreich weltberühmte Jazzer.

Aber schwierig wenn ein Mensch stirbt den Mann man 40 Jahre nicht mehr gesehen oder gesprochen hat. Es ist traurig. Aber irgendwie in der Leere schwebend.

In einer Messenger-Gruppe meines Grundschuljahrgangs postete eine Person die Trauernachricht einer aus unseren Reihen verstorbener.
Mancheu gaben auf übliche Weise ihrem Bedauern Ausdruck.
Einige Endfünfzizger waren jedoch wie immer um Hippe Jugendlichkeit bemüht. Die Kommentare lauteten:
"OMG!"
R.i.p."

Ich hätte direkt im Strahl kotzen können.

Aber der Tod betrifft uns alle. Nicht nur die Kleinstbürgerlichen.

Der Überbringer dieser Nachricht hatte vor 40-45 Jahren nicht ein freundliches Wort für diese Familie über. Das waren alles Gauner. Diese Familie war laut Überbringer der Nachricht der gesellschaftliche Bodensatz in unserer Gassen vor sehr langer Zeit.

Aber tot ist der "Fatti-Georg" auf einmal ein Guter.

Und ich, der die Wahrheit kennt, wird selbige wieder mal hinunterschlucken. Es ist so trostlos. Und klischeehaft wie wir uns alle verhalten. Und niemanden ist es peinlich.

Und so eine Nachricht bekomme ich dann als einzige Form der Kommunikation. Das bieten mir Kleinstbürgerliche an. Und schon will ich wieder davon rennen aus meinem Leben, aus meiner Haut, möchte ich raus, aus der ich aber nicht raus kann. Bei diesem Wetter ist nicht mal die Insel drinnen.

Und drinnen ist dort wo sich die Ungeheuerlichkeiten gegenseitig auf die Füße treten vor lauter Platzmangel.

Weil das Leben betrifft uns auch alle. Noch viel mehr als der Tod. Weil in dem sind wir alle nur gleich hin.