Sonntag, 12. Februar 2012
Immer die selber Scheiße
Eigentlich schreibe ich immer nur über die selbe Scheiße. Das wäre Frauen, vor allem unbekleidete Frauen, Schizophrenie und andere Krankheiten, Kriege und weiter Katastrophen, ein bisschen Ökonomie, ein bisschen Wissenschaft, ein paar Tropfen Religion und einen Hauch von Philosophie und das eigene Unvermögen im Allgemeinen und im Bestimmten, das alles hübsch durcheinander gemischt und wenn ich damit fertig bin, geht es wieder von vorne los. Um dieser Monotonie für einen Augenblick zu entfliehen, versuche ich mich jetzt einmal einen anderen Themengebiet anzunähern, wie zum Beispiel meine Mitmenschen.

Da wär mal eine Frau, die auf die Fünfzig zugeht und eine schwierige, wenn nicht sogar fürchterliche Kindheit hatte. Der Vater ein schlimmer Säufer, der ihr an die Wäsche ging und der Stiefvater ein herzloser Pedant und auch später hatte sie mit den Männer kein Glück. Die haben sie immer nur zum Ficken gebraucht und zum Aufräumen. Heute lebt sie mit einer tauben und blinden Katze, in einer kleinen Wohnung, von den Männern hat sie ziemlich die Schnauze voll, nur die bleiben auch so weg, jetzt wo ihr die Haare ausfallen, die Titten in den Keller wandern und die einst tolle Figur, reißt auch niemand mehr von den Stühlen. Weil sie aber auch so ziemlich durch den Wind ist, schon bei der kleinsten Kleinigkeit gerät sie schwer in Atemnot, gewährt ihr der Staat jetzt eine kleine Invaliditätsrente. Und das ist für sie wie eine Lottosechser, weil sie jetzt nicht mehr den Dreck von anderen Menschen wergräumen muss. Endlich sagt sie, werde ich nicht mehr gebraucht.

Über eine andere Frau könnte ich auch schreiben. Eine kleine, auf den ersten Blick freundlich. wenn nicht sogar herzliche erscheinende Vietnamesin, Ende Dreißig. Die wuchs im Süden Vietnams auf, als das Land noch in zwei Hälften geteilt war. Bevor der Norden den Süden überrannte, soll ihr Vater Minister oder sonst ein ziemlich hohes Tier, in der südvietnamesischen Politik gewesen sein. Sie, die jüngste Tochter besuchte natürlich nur die besten Privatschulen und richtig schön Klavier spielen haben sie ihr auch beigebracht. Im Grunde wurde sie dazu erzogen etwas ganz besonders zu sein, was sie in Anbetracht der Verhältnisse in denen sie aufwuchs auch ja irgendwie stimme. Bis sie halt dann in einen Boot saß und auf der Flucht vor den Gleichmachern war. Irgendwann strandete diese auf den ersten Blick freundliche wenn nicht sogar herzlich herzliche Person in Österreich und das Gefühl was ganz besonders zu sein, hat sie nicht einfach so ins Meer gekippt oder in Südvietnam zurückgelassen. Dabei sprechen die Indizien doch ziemlich eindeutig dafür, dass sie tief in das Heer der Normalsterblichen eingetaucht war. Denn anstatt als berühmte Konzertpianistin auf den großen Bühnen dieser Welt abgefeiert zu werden, langte ihr Können, nur zum Job einer Klavierlehrerin, auf einer Volkshochschule, für ziemlich untalentierte Menschen und der Mann, den sie ehelichte, war auch mehr eine Notlösung, weil der auf Grund seines sonnigen Gemüt keine andere abbekam, und sie irgendwie auch nicht und die Genossenschafts- wohung, in der die beiden leben ist auch nicht wirklich eine Villa und der Storch will auch nicht landen. Nicht dass sie es schlecht getroffen hat, bei Gott nein, aber die Lady hat hohe Ansprüche an sich aber vor allem an ihre Umwelt. Weil sie des weiteren für ihr Leben gern tanzt, traten sie und ihr Mann einem Tanzverein bei. Nur zu ihren Befremden musste sie feststellen, das die meistens Leute in diesem Verein, obschon sie durchaus gekonnt das Bein schwangen, allein schon von ihrer Herkunft her nichts besonderes waren. Wirklich wohl fühlte sich unsere Heldin zwischen all diesen Normalsterblichen nicht. An so gut wie allen und jeden hatte sie etwas auszusetzen. Und wehe jemand himmelte sie nicht mit entsprechender Geste an, schon war sie fürchterlich eingeschnappt und mit bestimmten Leuten, die sie dem primitiven Fußvolk zuordnete, vermeid sie es gleich ganz zu tanzen. In der Hoffnung auf glamouröseres, wenn nicht sogar staatstragendes Publikum, wechselten sie von einem Verein zum Nächsten, ihren Mann immer im Schlepptau, der auch schön langsam zur Überzeugung gelangt war, das dieser Leute hier wirklich nichts besonderes waren. Das es hie und da zu kleinen Unpässlichkeiten kam, liegt natürlich in der Natur der Sache. Eine Prinzessin ist nur einmal eine Prinzessin und so einfach lassen sich die Normalsterblichen auch nicht umerziehen. Nur der Ruf den die beiden inzwischen in der Tanzszene erworben hatte, war wie man sich denken kann, nicht gerade der Beste. Nur wirklich beeindrucken ließen sich die beiden davon nicht. Irgendwann nachdem sie alle Vereine auf der Suche nach dem Besonderen so gut wie durch hatten, kam unsere Heldin zur Überzeugung, dass sie, bei diesen Menschenmaterial einfach dazu gezwungen wird, sich selbst zu genügen. Ihr, von ihr zur Genügsamkeit erzogener Mann sah das natürlich genauso. Ja und wenn die beiden nicht gestorben sind dann tanzen sie heute noch. Außer Konkurrenz natürlich.

Oder da gebe es noch eine kurze Geschichte über einen Mann zu erzählen. Der ist so um die fünfzig, Dipl. Ing. Dr. Universitätsprofessor, schlank, sportlich und unbeweibt. Über seine geschlechtliche Identität kann ich nur Vermutungen aufstellen. Manchmal habe ich das Gefühl der weiß das selber nicht. Seine Diplomarbeit handelte von, "Nicht-lineare Spin-Dynamik und Chaos in Ferrimagneten unter starken Längs Mikrowellenanregung". Promovierte hat er, indem er "den Spin in 2-dimensionale Elektronensysteme: Magneto-Transport-, EPR und kernmagnetische Relaxation untersuchte. Das dieser Mann entsetzlich intelligent und ein hoch angesehenes und wertvolles Mitglied unser Gesellschaft ist, versteht sich ja von selbst. Obschon er nur für 40 Stunden bezahlt wird, arbeitet er gerne und mit Hingabe 55 bis 60 Stunden. Zu behaupten, das dieser Mann, in seiner Arbeit seine Erfüllung gefunden hat ist kein großes Wagnis. Ansonsten wohnt er in einem winzigen Apartment, fährt ein uraltes Auto und trägt unglaublich alte und unmodische Unterhosen, wo sich schon die Nähte auflösen. Ja und manchmal duscht er einfach in einer Sporthalle, weil das eine ziemlich günstige Variante ist sich zu säubern, Nicht dass diesen Mann finanzielle Sorgen quälen, die sich rationell einigermaßen nachvollziehen lassen. Natürlich duscht er auch zu Hause oder nach dem Sport in der Sporthalle, aber dann und wann auch so, weil das wie er sagt ins Konzept passt. In Lokalen bestellt er sich zuweilen einfach nur ein Glas Mineral, das er dann mit Wasser nachfüllt, welches er selbst mitgebracht hat. Er könnte mit dem leeren Glas auch auf die Toilette gehen und es dort wieder auffüllen. Aber das macht er natürlich nicht. Er hat sein gutes Hochquellwasser immer dabei. Einen Freund von mir z.B. hat er zu Weihnachten einen Kalender aus dem Jahr 1995 geschenkt, weil die Tage 2012 angeblich auf sehr ähnliche Weise fallen sollen. Ob das jetzt stimmt weiß ich nicht. Also die Geschichte mit dem Kalender stimmt schon. Hinter seinem Rücken tuscheln die Leute natürlich, weil er gar so verschroben ist, aber das war Wittgenstein und jede Menge weitere Geistesgrößen auch. Immerhin schenkt er einen anderen Menschen etwas. Nur eines sollte man tunlichst vermeiden. Lass dich nie in ein Gespräch mit ihn verwickeln, wenn es nicht unbedingt sein muss. So unverfänglich und harmlos kann das Thema gar nicht sein, das daraus nicht ein langatmiger, wissenschaftlichen Diskurs wird, den man natürlich weder physisch noch psychisch gewachsen ist. Dieser Mann textet dich mit einer unglaublichen Präzession und Behäbigkeit zu, das schwere Lähmungserscheinungen mit bleibenden Schäden, nicht völlig ausgeschlossen werden können. Jeder der ihn etwas besser kennt weiß natürlich um die Gefahr und trifft so seine Vorherkehrungen. Nur unbedachte oder unwissende Leute, oder gar Leute die vorgeben etwas besser zu wissen als er, verirren sich natürlich aufs lebensgefährliche weise, in seiner höflichen Vortragsweise Und hat er dich erst einmal gibt es kein Entkommen. Dieser beinahe unfehlbare Mann hat vielleicht einen kleinen Schwachpunkt. Und das wären seine Liegestütze. Die sind ein Scherz.

Dann wüsste ich noch etwas über einen Knaben von 26 Jahren zu erzählen. Der hat in seinen Leben noch nie gepoppt. Nicht das der total scheiße Aussieht, keinen Humor hat und intellektuell schwer benachteiligt durch die Gegen rennt. Ganz im Gegenteil Der fällt eher unter die Kategorie "einfühlsamer Schmerzensmensch". Ab und zu telefonieren wir miteinander. Unsere Gespräche kann man durchaus als anregend und geistreich beschreiben. Trotzdem hat er noch nie gepoppt. Einmal pro Quartal und nicht öfter, man muss ja nicht unbedingt auf den kleinen Schwächen seiner Mitmenschen herum treten, frage ich ihn mit besorgter Stimme, ob er denn schon eine Eintrittskarte für das "Muschiland" gelöst habe?.Dieser Einbruch in sein sexuelles Schattenreich, führt dazu das er das Gespräch mehr oder minder abrupt abbricht und sich wochenland in Schweigen übt. Wenn er dann wieder anruft geht alles wieder von vorne. Aber wie bemerkte er letztens ziemlich klug. Wir sind alle "Oversexed and underfuckt". Mich eingeschlossen. Nur ich weiß wenigstens wo der Automat für die Eintrittskarten steht.

Und dann kenn ich noch einen, der ist so alt wie ich 44, Dr. der Rechtswissenschaften. Eine Chorifee des Arbeitsrechts. Der ist heute noch mit seinem ersten sexuellen Kontakt verheiratet. Die sieht aus wie die tschechische Langstreckenlegende "Emil Zátopek". Vor der hab ich richtig Angst. Trotzdem ist er Vater von 4 Kindern. Drei kamen über den Umweg, der Reproduktionsmedizin, weil er unten herum ungefähr so überzeugend ist wie ich im bewältigen meines Alltags. Ich weiß das klingt jetzt etwas despektierlich, aber dieser Mann ist ein Meister der üblen Nachrede und des beißenden Spotts. Freundliche Worte über seine Mitmenschen kommt ihn so gut wie nie über die Lippen. Alles und jeder ist sein Feind. Der lästert sogar über Legastheniker ab. Außerdem wäre er so gerne eine richtige Sportskanone. Nur leider fehlt ihm für den Sport jegliches Geschick. Die Hand hat er sich z.B. beim lockeren Gehen gebrochen und die Schulter ging entzwei, weil er mit dem Fahrrad gegen einen Pfosten fuhr und das völlig nüchtern. Seine kleinen Unzulänglichkeiten überkompensiert er, indem er einen jeden, der ihn in sportlichen Belangen überragt, also alle, kilometerdick Honig um den Mund schmiert. Dieses Flehen, garniert mit einer nicht zu verachtenden Dosis Abscheu und Wut kann einen schon schwer aus dem Gleichgewicht bringen, weil einfach so übers Maul fahren oder gar schlagen, kann man diesen Mann natürlich nicht. Der beugt dir das Recht das dir hören und sehen vergeht. Der Mann ist eine ganz gefährliche Mischung aus zu wenig und zu viel. Aber für einen Tag als große Sportskanone würde es sogar einen faustischen Pakt eingehen. Was ich auch nur zu gut verstehe. 4 28 Std. für einen Marathon trotz jahrelangen Trainings, sind auch wirklich eine schwere Bürde.
Dagegen ist ja ein bißchen Schizophrenie ein Kindergeburtstag.

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