Dienstag, 1. November 2011
Der Affe im Käfig
der imperialist, 19:35h
In letzter Zeit tauche ich zusehends auf Bildern auf, die rührselige Kameras von mir schießen. Im Badmintonverein, wenn wir ein Meisterschaftsspiel haben, knipsen sie mich dann und wann. Irgendwann lande ich dann in einem digitalen Album oder ungefragt auf Facebook oder irgendeinem anderen sozialen Netzwerk, das mir am Arsch vorbei geht. Sind alles ganz anständige Leute. Ärzte, Bankmanager, Rechtsanwälte, Universitätsprofessoren, muslimische Eiferer, Studenten und ein paar Asiaten. Alle rechtschaffend und mit beiden Beinen im Leben stehend. Na ja bei den muslimischen Eiferern, die wirklich nett sind, weiß man das nicht so genau und bei den Asiaten kenne ich mich auch nichts aus. Deshalb mache ich keine Witze über Nanking, Agent Orange usw.,. Und das dich der Führer schon raus haut, auch wenn du den ersten Satz verloren hast, sage ich ausnahmslos nur zum M.K. Der findet das lustig denn der ist Pole. Die Leute sind gehobene Mittelklasse bis Bildungselite. Badminton scheint kein Sport der Unterprivilegierten zu sein. Privat haben sie natürlich nichts mit mir zu schaffen. Wie auch. Ich bin ein verhaltensauffälliger Sandler, der von ihren Steuern lebt. Wenn sie ihre Fotos beschriften oder durchsehen, vielleicht sogar jemanden zur Ansicht vorlegen, weil man das halt so macht, zeigen sie unter Umständen mit dem Finger auf mich und sagen: "Der da ist völlig durchgeknallt, der hat wirklich nicht alle Tassen im Schrank. Schizophren soll er sein. So wie der sich aufführt wird das schon stimmen. Ein übler Krawallmacher, einerseits ganz witzig , amüsant und originell, aber anderseits, ordinär, direkt und unverschämt. Bei dem weiß man nie was in den nächsten zehn Minuten so kommen wird und verkehrte Socken trägt er auch und das jenseits der Vierzig. Und schau hier auf diesem Foto spielt er ganz in Pink, mit zwei verschieden, pinkfarbigen Socken. Der spinnt doch oder? Danach blättern sie weiter zu den wichtigen Momenten und dem ganzen anderen Zeug, das leblos in den Gräbern ihrer Erinnerung herum liegt. Ich war schon immer der eine über den man so spricht, wenn man über ihn spricht. Seit gut dreißig Jahren bin ich der Affe in ihrem Zoo. Ich kann es nicht lassen, den Monkey, den "crazy Kong" für sie zu geben. Auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten bin ich zuweilen die Attraktion. Halb Mensch halb Tier. Wenn es mal ungezwungen und laut wird halten sie sich an den Gitterstäben meines Käfigs fest und wenn es ganz toll wird, lassen sie mich sogar für einen Augenblick raus. Für einen Moment gehöre ich dann zu ihnen. Auf der Homepage unseres Vereins steht: "Hochdramatisches Spiel, super Stimmung". Der Topf, der ihre Stimmung zum Kochen bringt, bin ich. Dafür brauchen sie mich, auch wenn sie es so nicht wahrnehmen. Sogar für die weniger Zurückhaltenden und Introvertierten bin ich eine Krücke, auf die sich stützen können. Wird es zu laut und chaotisch, gibt es ja noch immer den "crazy Kong", an dem sie ich in höchster Not abputzen können. Wenn ich dabei bin, ist eine riesen Hetz unvermeidlich. So was das schon immer und so wird es immer sein. Einen wird immer gebraucht der sich zum Affen macht. Einen muss immer ganz in Pink kommen. An einem wir mir sieht das lustig aus, weil ich der gelebte Gegensatz alles Pinken bin. Und ich kann nicht anderes. Ich brauch dieses Show. Anders halte ich meine Verlorenheit nicht aus. Zwischen denen und mir gibt es keine wirkliche Verbindung. Das ist nichts. Kein Gesicht, kein Wort, keine Geste, an der ich mich festhalten könnte. Das ist nur der "crazy Monkey", der mich am Leben hält. Dieses ganzen anständigen Menschen und ich. Wenn die tolle Stimmung, den Siedepunkt überschreitet und verdampft ist, packen alle ihre Sachen und gehen wieder zurück in. Die einen in ihre bürgerliche Existenz und ich in meinen ..........
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