Samstag, 22. Oktober 2011
Darwins Nightmare. Aus der überholte Ausgabe!
createur badminton, 19:02h
(der damalige Bawag Skandal könnte auch durch Lehmann Brothers, Finanz, Eurokrise und weitere Krisen ersetzt werden)
Veronika H., Mitte dreißig, attraktiv, Kommunikationswissenschaftlerin und jahrelang in einer großen Werbeagentur als Creative Direktorin tätig, jetzt selbstständig und nach dem X-ten gescheiterten Beziehungsversuch wieder einmal Single, saß mit guten Freunden in einem Fischrestaurant. Das Haus servierte eine Delikatesse. Gegrillter Viktoriabarsch mit allerlei Grünzeug, Bratkartoffel und selbst gebackenen Weißbrot. Das Essen schmeckte vorzüglich. Es war ein gelungener Abend. Trotz all dem Spaß, dem man vordergründig hatte, trübte der Bawag-Skandal, die ausgelassene Stimmung doch ein wenig. Veronika H., die ja selbst ein Konto bei dieser Bank hatte, hielt die größenwahnsinnige Gewerkschaftsbonzen und ihre krummen Machenschaften, für das Allerletzte. Ihre letzten Freund hielt sie auch für das Allerletzte. Nur der war auf dieser Ranglisten inzwischen von den habgierigen Gewerkschaftsbonzen, von der Spitze verdrängt worden. Diese aufgeblasenen Bankiers, ärgerte sich Veronika H., verspekulieren Milliarden und werden als Dank für ihr grenzenloses Versagen, mit Millionenabfindungen in die wohlverdiente Frühpension verabschiedet. Und erst dieser Werte Ex- Generaldirektor E., kassiert 3,6 Millionen an Abfertigung und Pensionsabgeltung, bekommt dann zum drüber streuen für sein Versagen, auch noch einen 300 000 Euro Job bei den Lotterien und wohnt in einem über 300m2 großen Penthouse über der Bawag-Zentrale, das seine Frau um läppische 470000 gekauft hatte, obschon dieser Palast über den Dächern Wiens, nach Angaben von Immobilien-Experten, das sechs bis acht fache wert sei. Das dieser Ex-Generaldirektor später zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde und aus dieser, wegen Haftunfähigkeit, das Herz war der Grund, das schwache Herz, vorzeitig wieder entlassen wurde und jetzt wieder in Freiheit verweilt, konnte Veronika H. zu dem damaligen Zeitpunkt natürlich nicht wissen. Nur die gut 3 bis 4 Mrd. Euro, die unter Anleitung dieses Ex-Generaldirektors, an der Börse und etwas außerhalb dieser, sagen wir nicht gerade defensiv veranlagt wurden, sind bis heute natürlich nicht wieder aufgetaucht. Ein Zinsswap, auf die Entwicklung des japanischen Yen, soll der Grund für das Verschwinden der 3 bis 4 Mrd. Euro sein. Das die ganze Welt zu einem großen Kasino verkommen war, wollte Veronika H., die aus gut bürgerlichen Verhältnissen stammt, wo gewisse Tugenden, wie Fleiß, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Sparsamkeit, Ordnungsliebe und das Vertrauen in eine übergeordnete Ordnung, noch eine wesentliche Rolle spielten, einfach nicht wahr haben. Die Tatsache, dass sie selbst einmal Werbesprüche für Fertiggerichte kreierte, die ausnahmslos nur mit "natürliche Zutaten", zubereitet wurden, obschon jede Menge künstliche Geschmacksverstärker drinn waren, hinterließ bei Veronika H. merkliche Spuren. Diese elendige Heuchelei war auch der Grund warum Veronika H. diesen finanziell äußerst lukrativen Job hinschmiss. Aber immerhin, sagte sich Veronika H, wurde da noch Produkte beworben und verkauft, die real waren und an denen jede Menge Jobs hingen. Eine Gesellschaft, in der sich das Individuum die Gewinn einstreicht und die Verluste der Gesellschaft umhängt, nein das wollte Veronika H. nicht. Nachdenklich aß sie an ihrem Fisch, der im Übrigen vorzüglich schmeckte. Der war nicht nur gut sondern sagenhaft. Das Fleisch des Fisches saftig und nicht zu trocken und die Gräten konnte man an einer Hand zählen . Dem Zauber des beinahe himmlische Mahls konnte sich auch Veronika H. nicht entziehen. Mit dem werten Befinden ging es wieder bergauf. Und so nach wandte sich die Runde wieder erfreulicheren Dingen zu. Man scherzte, lachte über all die unglücklichen Beziehungsversuche und bei einem guten Glas Rotwein, klang der Abend einigermaßen versöhnlich aus. In leicht melancholischer Stimmung fuhr Veronika H. mit den öffentlichen Verkehrsmittel wieder zurück in ihre gemütliche 100 m2 Altbauwohnung, die sie schon zu 2/3 abgezahlt hatte. Dass sie für die Wohnung, auf anraten der Bank, einen endfälligen Fremdwährungskredit, in schweizer Franken aufgenommen hatte, versteht sich von selbst. Das sich dieser zu ihrem Nachteil entwickeln wird, konnte Veronika H. zu diesem Zeitpunkt natürlich auch nicht wissen. Immerhin hatte ihr der Kundenberater der BAWAG in die Hand versprochen, dass der Euro, einer der stabilsten Währungen, seit der Einführung der Münzwährung sei. Zu Hause schaltete sie noch kurz den Fernseher an. An sich sieht Veronika H. nicht sehr viel fern. Und wenn dann zu meist nur hochwertige Sendungen Auf Arte lief gerade ein Spielfilm über Abtreibungen im kommunistischen Rumänien. Da sie aber schon gut den halben Film verpasst hatte, zappte sie sich durch die Programme, bis sie auf ORF 2 hängen blieb. Da wurde welch Zufall gerade über den „Viktoriabarsch“ gesprochen. Das ist doch dieser köstliche Fisch, dachte sich Veronika H., der uns heute bei Marcos im Fischrestaurant serviert wurde. Während es sich Veronika H. in ihren Polstermöbel gemütlich machte, erzählt eine Stimme, dass dieser köstliche Speisefisch beinahe Grätenfrei ist und vor gut drei Jahrzehnten im Victoriasee ausgesetzt wurde. Nach ein paar Jahren stellte sich heraus, das dieser Viktoriabarsch, nicht nur ein vorzüglich schmeckenden Speisefisch ist, sonder in unbehandelten Zustand, dazu neigt, ein selten gefräßiger und beinahe unersättlicher Raubfisch zu sein, der fast den ganzen übrigen Fischbestand im Viktoriasee ausrottete. Dadurch wurde das ökologische Gleichgewicht nachhaltig zerstört. Tonnenweise wird dieser Fisch nach Europa und Asien exportier und ist Tansanias wichtigstes Exportgut. Und da die Fabriken, in denen der Fisch zum Transport weiterverarbeitet wird, europäischen Richtlinien entsprechen müssen, um in die EU exportieren zu können, wird der Viktoriabarsch von der EU subventioniert. Und das geschieht mit den Steuergelder der Nettozahler, zu denen auch Österreich gehört. In der nächsten Szene der Dokumentation, schleppte sich eine ausgemergelte Frau und an Aids erkrankte Frau, die nichts Essbares mehr bei sich behalten konnte, durchs farbige Bild. In dieser Tonart ging es weiter. Drei junge Frauen, die der Prostitution nachgingen, weil die Umstände sie dazu zwangen, sprachen von ihren Erfahrungen und von ihrer Freundin, die von ihrem australischen Freier umgebracht wurde. Kinder, größtenteils Waisenkindern, deren Eltern an Aids zu Grunde gingen schnüffelten Klebstoff, der das Hungergefühl lindert und beim Einschlafen hilft. Diese hochgiftige Brühe beschafften sich die Kids durch Einschmelzen des Verpackungsmaterials, in das der subventionierte Fisch gepackt wird. Vom Klebstoff high schlafen die Kinder einfach auf den Straßen. Vergewaltigungen sind dann keine Seltenheit. Erschüttert und entsetzt starrte Veronika auf den Bildschirm. Sie sah Fischköpfe, an denen nur noch die Gräten hingen und aus deren Augen Maden hervorkrochen. Auf Pfählen und von Fliegen und Vögel umschwirrt wurden diese mit Maden übersäten Fischköpfe aufgehängt. Und von diesem Dreck ernähren sich die Menschen, die nicht in den Fischfabriken arbeiten. Wie ihr dieser Fisch jetzt kredenzt wurde, schlug ihr schwer auf den Magen. Schlagartig wurde ihr spei übel. Gerade so schaffte sie es noch auf die Toilette, wo sie den gegrillten Viktoriabarsch mit allerlei Grünzeug, Bratkartoffel usw. wieder heraus kotzte. Das die Flugzeuge angeblich wieder mit Waffen aus Europa nach Tansania zurückkehrten bekam sie gar nicht mehr mit. Niedergeschlagen und völlig fertig legte sie sich ins Bett. Am nächsten Tag saß sie gerädert und im Gesicht bleich wie eine Dermatologin hinter dem Schreibtisch ihres Büros. An konzentrierte Arbeit war bei Leibe nicht zu denken. Andauernd hatte sie das Bild eines mit Maden übersäten Fischkopf vor ihrem geistigen Augen. Dieses Bild bekam sie einfach nicht mehr aus ihrem Kopf. Zu allem Überdruss gesellte sich zu diesem Sinnbild von Armut und Ungerechtigkeit auch noch die Frage wie ihr das nur passieren konnte. Ihr einer aktiven Globalisierungsgegnerin und Umweltschützerin, die so gut wie immer darauf achtete „fair Trade Produkte zu kaufen, den Müll gewissenhaft trennt, in der Stadt so gut wie immer auf das Auto verzichtet, gegen die Agrarsubventionen der EU eintritt und für Schuldenerlässe der dritten Weltstaaten demonstrierte. Veronika H. fühlte sich schuldig. Und immer wenn Veronika H. sich schuldig fühlt und Angst bekommt von diesem Gefühl erdrückt zu werden, schnappt sie sich ihre Handtasche und geht von der Neubaugasse, in der ihr Büro liegt, einfach die paar Schritte in die Mariahilferstraße hinauf, die eine der belebtesten Einkaufsstraßen Wiens ist. Wahllos stürmte sie in so ziemlich jedes Geschäft. Keine zwei Stunden später hatte sie ihre Kreditkarte mit gut 3 500 Euro belastet. Vollgepackt mit Einkaufstüten schleppte sie sich zurück in ihr Büro. Als sie das Ausmaß dieses Desasters sah, kullerten die ersten Tränen über ihre Wangen. Ihr letzter Kaufrausch lag jetzt gut ein Jahr zurück. Ein Jahr, in denen sie intensiv mit ihrer Therapeutin an ihren Schuldgefühlen gearbeitet hatte. Gefühle die irgendwann in der Kindheit entstanden waren, als ihr die Mutter, in einem Anfall ohnmächtiger Wut, die haltlose Behauptung an den Kopf warf, wenn die Kinder nicht wären, hätte sie sich schon längst umgebracht, weil sie das Eheleben und diese herrische Schwiegermutter, die ihr andauernd vorhielt, das sie von einer einfachen Magd abstammte und deswegen für ihren Sohn einfach nicht gut genug war und es auch nie sein wird, da könne sie sich noch so anstrengen, einfach nicht mehr ertragen könnte. Veronika H begann hemmungslos, zu weinen. Es wären bittere Tränen der Enttäuschung, weil sie gedacht hatte, ihre Kindheit ein für allemal aufgebarbeitet und weit hinter sich gelassen zu haben. Nach dem sie sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte, griff sie zu ihrem Handy und rief ihre Therapeutin an, um ihr den Vorfall zu schildern. Die zeigte sich keineswegs entsetzt sondern meinte das so ein Rückfall schon einmal vorkommen könnte, aber wenn sie möchte, könnte sie in einer Stunde vorbeikommen, um darüber zu reden. Veronika H. erklärte sich mit diesem Vorschlag einverstanden. Der Therapeutin kam der Rückfall Veronika H. nicht ungelegen, weil ihr ein Patient, der unter schizoiden Schüben litt und deswegen wieder einmal in die Psychiatrie eingeliefert wurde, zwangsläufig abgesagt hatte. Das die Therapeutin, bei Veronika H. die positive Prognose wagte, und von einer vollkommen Genesung der Patientin ausging, steht natürlich in keinen näheren Zusammenhang mit der Tatsache, das Veronika H. Privatpatientin ist. Keine Stunde später betrat Veronika H. die Praxis ihrer Therapeutin. Zerknirscht und mit sich selbst hadernd rutschte sie auf ihren Stuhl unruhig hin und her. Während sie so dasaß und ungeduldig wartete, lief im Radio gerade die Werbung und via Lautsprecher, die über ihren Kopf hingen, sagte eine angenehme Frauenstimme „geht es der Wirtschaft gut, geht es und allen gut“, die österreichische Wirtschaftskammer". Der Slogan stammte nicht aus Veronika H. Feder.
Veronika H., Mitte dreißig, attraktiv, Kommunikationswissenschaftlerin und jahrelang in einer großen Werbeagentur als Creative Direktorin tätig, jetzt selbstständig und nach dem X-ten gescheiterten Beziehungsversuch wieder einmal Single, saß mit guten Freunden in einem Fischrestaurant. Das Haus servierte eine Delikatesse. Gegrillter Viktoriabarsch mit allerlei Grünzeug, Bratkartoffel und selbst gebackenen Weißbrot. Das Essen schmeckte vorzüglich. Es war ein gelungener Abend. Trotz all dem Spaß, dem man vordergründig hatte, trübte der Bawag-Skandal, die ausgelassene Stimmung doch ein wenig. Veronika H., die ja selbst ein Konto bei dieser Bank hatte, hielt die größenwahnsinnige Gewerkschaftsbonzen und ihre krummen Machenschaften, für das Allerletzte. Ihre letzten Freund hielt sie auch für das Allerletzte. Nur der war auf dieser Ranglisten inzwischen von den habgierigen Gewerkschaftsbonzen, von der Spitze verdrängt worden. Diese aufgeblasenen Bankiers, ärgerte sich Veronika H., verspekulieren Milliarden und werden als Dank für ihr grenzenloses Versagen, mit Millionenabfindungen in die wohlverdiente Frühpension verabschiedet. Und erst dieser Werte Ex- Generaldirektor E., kassiert 3,6 Millionen an Abfertigung und Pensionsabgeltung, bekommt dann zum drüber streuen für sein Versagen, auch noch einen 300 000 Euro Job bei den Lotterien und wohnt in einem über 300m2 großen Penthouse über der Bawag-Zentrale, das seine Frau um läppische 470000 gekauft hatte, obschon dieser Palast über den Dächern Wiens, nach Angaben von Immobilien-Experten, das sechs bis acht fache wert sei. Das dieser Ex-Generaldirektor später zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde und aus dieser, wegen Haftunfähigkeit, das Herz war der Grund, das schwache Herz, vorzeitig wieder entlassen wurde und jetzt wieder in Freiheit verweilt, konnte Veronika H. zu dem damaligen Zeitpunkt natürlich nicht wissen. Nur die gut 3 bis 4 Mrd. Euro, die unter Anleitung dieses Ex-Generaldirektors, an der Börse und etwas außerhalb dieser, sagen wir nicht gerade defensiv veranlagt wurden, sind bis heute natürlich nicht wieder aufgetaucht. Ein Zinsswap, auf die Entwicklung des japanischen Yen, soll der Grund für das Verschwinden der 3 bis 4 Mrd. Euro sein. Das die ganze Welt zu einem großen Kasino verkommen war, wollte Veronika H., die aus gut bürgerlichen Verhältnissen stammt, wo gewisse Tugenden, wie Fleiß, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Sparsamkeit, Ordnungsliebe und das Vertrauen in eine übergeordnete Ordnung, noch eine wesentliche Rolle spielten, einfach nicht wahr haben. Die Tatsache, dass sie selbst einmal Werbesprüche für Fertiggerichte kreierte, die ausnahmslos nur mit "natürliche Zutaten", zubereitet wurden, obschon jede Menge künstliche Geschmacksverstärker drinn waren, hinterließ bei Veronika H. merkliche Spuren. Diese elendige Heuchelei war auch der Grund warum Veronika H. diesen finanziell äußerst lukrativen Job hinschmiss. Aber immerhin, sagte sich Veronika H, wurde da noch Produkte beworben und verkauft, die real waren und an denen jede Menge Jobs hingen. Eine Gesellschaft, in der sich das Individuum die Gewinn einstreicht und die Verluste der Gesellschaft umhängt, nein das wollte Veronika H. nicht. Nachdenklich aß sie an ihrem Fisch, der im Übrigen vorzüglich schmeckte. Der war nicht nur gut sondern sagenhaft. Das Fleisch des Fisches saftig und nicht zu trocken und die Gräten konnte man an einer Hand zählen . Dem Zauber des beinahe himmlische Mahls konnte sich auch Veronika H. nicht entziehen. Mit dem werten Befinden ging es wieder bergauf. Und so nach wandte sich die Runde wieder erfreulicheren Dingen zu. Man scherzte, lachte über all die unglücklichen Beziehungsversuche und bei einem guten Glas Rotwein, klang der Abend einigermaßen versöhnlich aus. In leicht melancholischer Stimmung fuhr Veronika H. mit den öffentlichen Verkehrsmittel wieder zurück in ihre gemütliche 100 m2 Altbauwohnung, die sie schon zu 2/3 abgezahlt hatte. Dass sie für die Wohnung, auf anraten der Bank, einen endfälligen Fremdwährungskredit, in schweizer Franken aufgenommen hatte, versteht sich von selbst. Das sich dieser zu ihrem Nachteil entwickeln wird, konnte Veronika H. zu diesem Zeitpunkt natürlich auch nicht wissen. Immerhin hatte ihr der Kundenberater der BAWAG in die Hand versprochen, dass der Euro, einer der stabilsten Währungen, seit der Einführung der Münzwährung sei. Zu Hause schaltete sie noch kurz den Fernseher an. An sich sieht Veronika H. nicht sehr viel fern. Und wenn dann zu meist nur hochwertige Sendungen Auf Arte lief gerade ein Spielfilm über Abtreibungen im kommunistischen Rumänien. Da sie aber schon gut den halben Film verpasst hatte, zappte sie sich durch die Programme, bis sie auf ORF 2 hängen blieb. Da wurde welch Zufall gerade über den „Viktoriabarsch“ gesprochen. Das ist doch dieser köstliche Fisch, dachte sich Veronika H., der uns heute bei Marcos im Fischrestaurant serviert wurde. Während es sich Veronika H. in ihren Polstermöbel gemütlich machte, erzählt eine Stimme, dass dieser köstliche Speisefisch beinahe Grätenfrei ist und vor gut drei Jahrzehnten im Victoriasee ausgesetzt wurde. Nach ein paar Jahren stellte sich heraus, das dieser Viktoriabarsch, nicht nur ein vorzüglich schmeckenden Speisefisch ist, sonder in unbehandelten Zustand, dazu neigt, ein selten gefräßiger und beinahe unersättlicher Raubfisch zu sein, der fast den ganzen übrigen Fischbestand im Viktoriasee ausrottete. Dadurch wurde das ökologische Gleichgewicht nachhaltig zerstört. Tonnenweise wird dieser Fisch nach Europa und Asien exportier und ist Tansanias wichtigstes Exportgut. Und da die Fabriken, in denen der Fisch zum Transport weiterverarbeitet wird, europäischen Richtlinien entsprechen müssen, um in die EU exportieren zu können, wird der Viktoriabarsch von der EU subventioniert. Und das geschieht mit den Steuergelder der Nettozahler, zu denen auch Österreich gehört. In der nächsten Szene der Dokumentation, schleppte sich eine ausgemergelte Frau und an Aids erkrankte Frau, die nichts Essbares mehr bei sich behalten konnte, durchs farbige Bild. In dieser Tonart ging es weiter. Drei junge Frauen, die der Prostitution nachgingen, weil die Umstände sie dazu zwangen, sprachen von ihren Erfahrungen und von ihrer Freundin, die von ihrem australischen Freier umgebracht wurde. Kinder, größtenteils Waisenkindern, deren Eltern an Aids zu Grunde gingen schnüffelten Klebstoff, der das Hungergefühl lindert und beim Einschlafen hilft. Diese hochgiftige Brühe beschafften sich die Kids durch Einschmelzen des Verpackungsmaterials, in das der subventionierte Fisch gepackt wird. Vom Klebstoff high schlafen die Kinder einfach auf den Straßen. Vergewaltigungen sind dann keine Seltenheit. Erschüttert und entsetzt starrte Veronika auf den Bildschirm. Sie sah Fischköpfe, an denen nur noch die Gräten hingen und aus deren Augen Maden hervorkrochen. Auf Pfählen und von Fliegen und Vögel umschwirrt wurden diese mit Maden übersäten Fischköpfe aufgehängt. Und von diesem Dreck ernähren sich die Menschen, die nicht in den Fischfabriken arbeiten. Wie ihr dieser Fisch jetzt kredenzt wurde, schlug ihr schwer auf den Magen. Schlagartig wurde ihr spei übel. Gerade so schaffte sie es noch auf die Toilette, wo sie den gegrillten Viktoriabarsch mit allerlei Grünzeug, Bratkartoffel usw. wieder heraus kotzte. Das die Flugzeuge angeblich wieder mit Waffen aus Europa nach Tansania zurückkehrten bekam sie gar nicht mehr mit. Niedergeschlagen und völlig fertig legte sie sich ins Bett. Am nächsten Tag saß sie gerädert und im Gesicht bleich wie eine Dermatologin hinter dem Schreibtisch ihres Büros. An konzentrierte Arbeit war bei Leibe nicht zu denken. Andauernd hatte sie das Bild eines mit Maden übersäten Fischkopf vor ihrem geistigen Augen. Dieses Bild bekam sie einfach nicht mehr aus ihrem Kopf. Zu allem Überdruss gesellte sich zu diesem Sinnbild von Armut und Ungerechtigkeit auch noch die Frage wie ihr das nur passieren konnte. Ihr einer aktiven Globalisierungsgegnerin und Umweltschützerin, die so gut wie immer darauf achtete „fair Trade Produkte zu kaufen, den Müll gewissenhaft trennt, in der Stadt so gut wie immer auf das Auto verzichtet, gegen die Agrarsubventionen der EU eintritt und für Schuldenerlässe der dritten Weltstaaten demonstrierte. Veronika H. fühlte sich schuldig. Und immer wenn Veronika H. sich schuldig fühlt und Angst bekommt von diesem Gefühl erdrückt zu werden, schnappt sie sich ihre Handtasche und geht von der Neubaugasse, in der ihr Büro liegt, einfach die paar Schritte in die Mariahilferstraße hinauf, die eine der belebtesten Einkaufsstraßen Wiens ist. Wahllos stürmte sie in so ziemlich jedes Geschäft. Keine zwei Stunden später hatte sie ihre Kreditkarte mit gut 3 500 Euro belastet. Vollgepackt mit Einkaufstüten schleppte sie sich zurück in ihr Büro. Als sie das Ausmaß dieses Desasters sah, kullerten die ersten Tränen über ihre Wangen. Ihr letzter Kaufrausch lag jetzt gut ein Jahr zurück. Ein Jahr, in denen sie intensiv mit ihrer Therapeutin an ihren Schuldgefühlen gearbeitet hatte. Gefühle die irgendwann in der Kindheit entstanden waren, als ihr die Mutter, in einem Anfall ohnmächtiger Wut, die haltlose Behauptung an den Kopf warf, wenn die Kinder nicht wären, hätte sie sich schon längst umgebracht, weil sie das Eheleben und diese herrische Schwiegermutter, die ihr andauernd vorhielt, das sie von einer einfachen Magd abstammte und deswegen für ihren Sohn einfach nicht gut genug war und es auch nie sein wird, da könne sie sich noch so anstrengen, einfach nicht mehr ertragen könnte. Veronika H begann hemmungslos, zu weinen. Es wären bittere Tränen der Enttäuschung, weil sie gedacht hatte, ihre Kindheit ein für allemal aufgebarbeitet und weit hinter sich gelassen zu haben. Nach dem sie sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte, griff sie zu ihrem Handy und rief ihre Therapeutin an, um ihr den Vorfall zu schildern. Die zeigte sich keineswegs entsetzt sondern meinte das so ein Rückfall schon einmal vorkommen könnte, aber wenn sie möchte, könnte sie in einer Stunde vorbeikommen, um darüber zu reden. Veronika H. erklärte sich mit diesem Vorschlag einverstanden. Der Therapeutin kam der Rückfall Veronika H. nicht ungelegen, weil ihr ein Patient, der unter schizoiden Schüben litt und deswegen wieder einmal in die Psychiatrie eingeliefert wurde, zwangsläufig abgesagt hatte. Das die Therapeutin, bei Veronika H. die positive Prognose wagte, und von einer vollkommen Genesung der Patientin ausging, steht natürlich in keinen näheren Zusammenhang mit der Tatsache, das Veronika H. Privatpatientin ist. Keine Stunde später betrat Veronika H. die Praxis ihrer Therapeutin. Zerknirscht und mit sich selbst hadernd rutschte sie auf ihren Stuhl unruhig hin und her. Während sie so dasaß und ungeduldig wartete, lief im Radio gerade die Werbung und via Lautsprecher, die über ihren Kopf hingen, sagte eine angenehme Frauenstimme „geht es der Wirtschaft gut, geht es und allen gut“, die österreichische Wirtschaftskammer". Der Slogan stammte nicht aus Veronika H. Feder.
... comment