Montag, 22. August 2011
Tugendterror für Feinschmecker
Kredit und Finanzkrise, Staatsverschuldungskrise, Bankenkrise, der Euro in der Krise und wir mitten drinn, wehrlos, nur das Gold und der schweizer Franken wissen sich zu wappnen. Norwegen 13% Budgetüberschuss und trotzdem rennt einer Amok. Das Bürgertum in der Krise, die demografische Krise, die Demokratie in der Krise, von innen durch Aushöhlung und von außen durch autoritäre Regimen und dem zügellosen Kapitalismus, die zuweilen auch Hand in Hand gehen. Die Zuwanderer, die Abwanderer, die Mehrheitsgesellschaft, die Jungen, die Alten, die Kirche und das Individuum, alle in der Krise. Wohin man auch schaut, eine Krise jagt die nächste. Der Rechtsstaat angeschlagen, die Frauen trotz territorialer Zugewinne immer am Rande der Krise und die Männer ganz schlimm, vor allem jene die in der 2. Moderne nie ankommen sind. Die werden durch ihren kritischen Zustand zum Hochrisiko, genauso wie unsere Art der Energiegewinnung durch atomare und fossile Brennstoffe. Jetzt ist auch das Klima in der Krise. Zwischendurch noch ein paar Terroranschläge, Naturkatastrophen, Hungersnöte, Bürgerkriege , Aufstände und die Folgen der Globalisierung. Die Krisen schwappen über uns herein, drohen uns zu verschlingen, während die Massenmedien täglich den Weltuntergang predigen. Ohnmächtige, überforderte Regierungen, ohne entsprechenden Rüst und Werkzeug ausgestattet und von Angst schürenden Rechtsaußen Parteien hergetrieben, schaffen es nicht der Krisen zu Herr werden und versuchen sich deswegen im blinden Aktionismus. Alles was ihnen in ihrer Not einfällt, um die diffusen Ängste des Bürgers Herr zu bändigen, ist das systematische beschneiden von Bürgerrechten. Vorratsdatenspeicherung, Anti-Terror-Gesetze, ein erweitertes Luftsicherheitsgesetz, das zur Beweisumkehr geführt hat. Am Flughafen hat man von Befehlen aufgefordert seine Unschuld zu beweisen. Da steht man da, Nachmittag vor einen wildfremden Menschen und der leuchtet dir mit einer Lampe in den Allerwertesten . Nein meine Herrschaften, die Praxis des Arztes meines Vertrauens, sieht anders aus. Nicht dass es in Österreich je einen Anschlag, islamistischen Terrors gab. Der letzte der hier bombte war ein Steirer. Die Angst wird andauernd aufgekocht, instrumentalisiert. Überfremdung, Wohlstandsverluste, das drohende auseinanderbrechen der europäischen Währungsunion, Rezessionängste, heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten, gewürzt mit ein wenig Hindukusch, Verkehrsunfällen, arabischen Frühling, einem unterbewerteten Yuan und dem drohenden Dollarverfall. Die Angst vor dem Untergang ist beinahe schon greifbar. Was kann man tun um nicht heillos in Anarchie und Chaos zu versinken ? Die in Wien regierende Koalition aus Rot und Grün weiß die passende Antwort. Waste-Watcher, ein Spezialkommando der Stadt, hervorragend geschult, vergleichbar vielleicht mit der GSG 9, und der Delta Force, sorgt in Wien dafür, dass das hirnlose ausspucken eines Kaugummis entsprechend geahndet wird. Das ist halt mal eine Ansage, da wird das Problem unserer Welt konsequent an den Wurzeln gepackt und nicht ewig an den Symptomen herum laviert. Eine Kaugummipolizei, mein lieber Herr Gesangsverein, auf so etwas revolutionäres wäre der Gorgie Orwell nie gekommen.

Industrie Kuchen, industriell gefertigter Kuchen. Ich spreche nicht von dem Zeug, das in den Supermärkten, in den hauseigenen Bäckereien hergestellt wird. Nein wovon ich spreche ist dieser fix und fertig verpackte Kuchen. 500 Gramm feinster Marmorkuchen um 75 Cent beim Discounter. Auf manchen steht wie "hausgemacht". Natürlich ist dieser Kuchen das ganze glatte Gegenteil von Hausgemacht. Furchterregende Maschinen aus Stahl machen den. Das ist allerhärtestes Zeug, beinahe 10 Jahre haltbar. So ein Kuchen ist kein Kindergeburtstag, der ist Hardcore. Ohne einer gewissen Härte, Scherzunempfindlichkeit und Abgebrühtheit geht da gar nichts. Dieser Kuchen wurde für vor allem für Menschen gemacht, die innerlich so Verfasstheit sind wie ich. Außen hart wie Kruppstahl und innen nicht einen Deut weicher. Für Menschen, bei denen Hopfen und Malz verloren ist und der gute Wille sich ängstlich wegdruckt, ist dieser Kuchen wie ein Gedicht. Jeder Biss dieser Delikatesse, eine einzige Katastrophe. Wenn man den aus der Verpackung holt weiß man wer man ist. Schon der erste Biss offenbart einem schonungslos all seine Verfehlungen. Der Kuchen ist besser als jede Therapie oder Beichte. Ist man erst einmal auf diesen Kuchen gekommen gibt es kein Zurück. Dieser Kuchen ist die Kehrseite des Idyllischen, die gekonnte Antwort auf Camus Fremden. Den kann man keinen normalen Menschen anbieten. Nicht einmal Insekten. Bienen machen um dieses Meisterwerk industrieller Backkunst einen weiten Bogen. Dieser Kuchen ist eine tödliche Waffe. Ich beherbergte mal eine Zeit lang eine Stubenfliege mit dem Namen Fred. Eine gute Fliege, klasse Flugtechnik, ist mit mir aufgestanden und schlafen gegangen. Wenn ich einen anständigen Haufen setzte, hab ich mit dem Spülen immer ein paar Minuten zugewartet. Der Fred brauchte das, der war ganz scharf drauf. In einem Moment geistiger Umnachtung, hab ich den Kuchen einmal ohne entsprechender Schutzummantelung in der Küche stehen gelassen. Der Fred vom Inhalieren meines Haufens noch etwas benommen, hatte sich ein Stück von dem Super Gau genehmigt. "Fred", schrie ich ihn an, "um Gottes Willen, Fred". Habe sofort wiederbelebende Maßnahmen eingeleitet und bin dann auf schnellesten Weg zum Tierarzt mit ihm. Doch es war zu spät, der Tierdoktor konnte nur noch seinen Tod feststellen. Danach ließ ich ihn einäschern. Hat 70 Euro gekostet. Ein schmerzlicher Verlust, bis heute bin ich darüber nicht wirklich hinweggekommen.
Für alle Gourmets vieleicht noch ein Serviervorschlag. Dieser Kuchen wird nicht bei Tisch, auf einem Teller mit einer Nachspeis oder Dessertgabel serviert, sondern prinzipiell nur über einem Blatt Papier eingenommen, während man selbst auf der Bettkante hockt und sich im Fernsehen die Alm oder den Musikantenstadl ansieht.

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