Donnerstag, 16. März 2017
Anleitung zum Glücklich sein
so jetzt ist dann wieder Ende mit alt.

Was ich in meiner Blindheit so sehe, abgesehen von eitrigen Nebelschwaden und Myriaden von Mistkübel größenwahnsinniger Träume, in die wir unsere Sehnsüchte kippen als Verbraucher, bis wir ganz verbraucht sind, sind Männer mit eingeschlagenen Schädeln, deren Zuversicht splittert wie Fensterscheiben in abgewohnten Gegenden.
Was ich so sehe, außer aufgeblasener Konformität, zu Recht gestutzt wie Bäume in Schrebergärten, kurz vor der Begutachtung durch adrette Schrebergärtenbegutachtungsaufseher, dieser Vorhut des nächsten Faschismus, sind Frauen mit Tränensäcken groß wie Einkaufstaschen.
Was ich so sehe außer aufgeklebten Mündern die wie Frösche quaken, sind einsame Gameboy-Kinder, die sich vorm schwarzen Mann nicht mehr fürchten.
Was ich so sehe ist eine lange Straße voller Häuser, im Gleichschritt errichtet, ein Paradies frisch geschnäuzte Himmelsstürmer, getragen von Bausparträgern wie künstliche Geschmackstoffe das Joghurt, die über wohl erworbene Frühpensionsansprüche brüten wie Hennen, die über alles Bescheid wissen und aber sich nie einmischen, höchstens mal Stellung beziehen, im Schützengraben ihrer unendlichen Weisheit.
Was mich so entstellt ist nicht der heiße Pferdeleberkäse in der Hand des Fleischhackers oder ein Stück Braten, im zwei Tage alten Gulasch müssen Fettaugen jubilieren, ein Humpen Bier braucht seine Krone, der Speck a gescheites Feidel und Käsnudeln, die alten und bedeutenden Hände einer Großmutter.
Was mich so entstellt,
ist dieses tief ins eigene Fleisch verbohrte Juchzen,
der Wirklichkeitsschöpfer, die im Normenrausch, andauernd an der urbanen Notbremse ziehen, ein veröffentlichter Mensch am Anfang seiner Tage, eingepfercht zwischen Körper und Status,
wund gedacht und raus gerannt aus der modrigen Kathedrale Gesellschaft.
Wohin fragst du nur wohin?
Ich sag dir vergiss es,
sezier nie den Nerv des Richtigen und Guten,
scheid ihn aus, kotz ihn aus deinen Freiheitsdrang, für die mit Bildung die so gern kotzen sagen obschon sie nur erbrechen meinen, erbrich sie, wirf sie weg, verwirf sie, die Frage aller Fragen, wohin nur wohin, wenn das Tageslicht die Dämmerung vertreibt wie die Polizei eines Sandler.
Bleib einfach stehen wo alle stehen bleiben, im Namen des allmächtigen Fortschritts, sei verschlossen und zurückhaltend doch gleichermaßen offen und zuvorkommend.
Sei nie gegenwärtig sondern immer nur anwesend, üb dich früh im Zuhören, hab keine Flausen im Kopf und Eselsohren im Denken.
Sei kein Zauderer und Grübler,
schieb dem gefühlten Zweifel jeden Riegel vor, was dir als Anhänger des rationalen Skeptizismus nicht schwer fällt, das bisserl Transzendenz hinter den Ohren lässt sich ja leicht heraus waschen, piss der Zukunft nicht ans Bein und sei ein optischer Blickfang, schick anzusehen wie eine saisonal adjustierte Schaufensterpuppe, und glaub ja nicht an die Dreifaltigkeit eines ordinären 100 Jägermeisterrausches.
Nein der Kosmos würfelt nicht,
jeder ist seines Glückes-Schmied, deswegen verbeiß dich ins Glück wie ein Hund in ein Bein, solange dein Leben noch glüht vor möglichkeitshöriger Begeisterung.
Iss Vollkornbrote und frisches Gemüse und schlag nur selten über die Stränge, im Kosmos des Selbstoptimierens gibt es immer gut zu tun, du NGO in eigener Sache.
Nimm Platz in der Nichtraucherzone und achte schon früh auf deinen Cholesterinspiegel, in dem sich kein Licht der Welt erbricht.
Spieglein Spieglein in des Mediziners Hand,
wer hat den niedrigsten Cholesterinspiegel im ganzen Land.
Blas nie einen Schwanz in aller Öffentlichkeit,
unterlasse das tunlichst und schnall dir auch keinen Dildo um, mach Sex wie in Pornos vorgezeigt, schön zu Hause bei Kerzenlicht zu romantischen Klängen des Love Songs Samplers Nr. 2534, im Dunkel deiner eigentlichen Begierden.
Fluch nie wie ein Rohspratz, spuck nicht herum wie ein Chinese vom Land, zieh den Rotz nicht lautstark hoch hinauf in den Himmel deines Weltekels und zuck ja nicht mit den Schultern und denk nicht, es gibt schon genug Erdachtes das weiter gedacht werden sollte.
Pack deinen Fragenkatalog gleich wieder weg und geh zu Ikea.
„Wohnst du noch oder lebst du schon“, ich sag dir scheiß auf das Leben und geh wohnen.
Schau dir nur all diese zittrigen entstellten Deppen an,
die der Morgenröte in Arbeitsmontur, mit dem kaputten Kreuz und in trendigen Farben eines dezenten Morgenmeetings-Blazers, die Handtaschen mit trashigen Sprüchen voll sabberten, und einfach drauf losgingen, umgezähmt dem Ende des Kosmos entgegen, bis zum Anschlag zugedröhnt mit unseriösen Träume und stolz wie drei Promille aus eitrigen Hirnwindungen gewunden, frei in gebenedeiter Umarmung asthmatischer Orientierungslosigkeit vom Endsiegzwang und Männlichkeit geheilt wie Lazarus nach langer Krankheit, während in den Bausparkassen-Biotopen, vom Neid besachwaltet und an den Garantiezinssatz gekettet wie die Gier an dem Menschen, persönliche Überzeugungen ein gefährlich niedriges Niveau absinken, wie ansonsten nur noch der Musikantenstadl oder die Rücklagen der Arbeitslosenversicherung, eingefangen und gezähmt von heuchlerischen Alltagsgesichter, die immer nur so tun als ob und sich lieber beim Gehen den Fuß verknöcheln, als großspurig beim Abheben von der Theke abstürzen, obschon sie es besser wissen sollten, denn die Endlichkeit ist nur ein leichter Schnupfen-Schnupfen der Vorsehung, die so blind ist wie die menschliche Angst nur sein kann,
auf neuen Altären uralte Menschenopfer eingeholt wie eine zweite/dritte Meinung, deswegen Vorsicht liebe Kinder, die ihr jetzt stolz die 1ser und Nullen, in euren vorübergehenden Leben tragt wie ein Kainsmahl,
jede Revolte frisst zuerst ihre Ideale und dann spuckt sie ihre Kinder aus wie Kirschkerne, und wenn es schlecht läuft, fressen wir auch Hund und Katz, doch nie einen wahrhaft wahnhaften Menschen.
Mitte dreißig bin ich und am Ende, zusammengehalten von umlagefinanzierter Menschlichkeit und rostiger Hunderternägel der Angst und geknechtet von einem Schädel mit Wackelkontakt.
Armer Narr, übers Meer wollte ich schreiten wie ein Preisträger zu seiner Auszeichnung, und hunderte Liebesbriefe an dich schreiben, mit Tinte so dick wie Blut, ohne mir dabei mit der Hand an den Schwanz zu fassen und auch sonst nur für dich schneller als der Transrapid, der Wirklichkeit davon laufend, den siebten Himmel in der Bratpfanne des Glücks aufschlagend, bluffend ganz ohne Ass im Ärmel, dafür gefaltet wie ein Flieger aus papierdicker Liebe, der über deinen Träumen wachen sollte, aber schon im Anflug verloren ging. Heute scheitere ich schon bei einem Antrag für einen Krankenschein und auch sonst bin ich mit meinem Latein dort angekommen, wo die Endstation die Gleise hochklappt, während im Vakuum die Quanten ihre blöden Fratzen ziehen.
Deswegen erstick deine Fragen nach dem Großen oder Ganzen, erschlag sie bring sie um die Ecke, bevor die großen Fragen dich um die Ecke bringen und ganz klein werden lassen wie in Staubkorn auf einem Zylinder, der Hasen hervorzaubert aber keine Friedenstauben,
und gib ja nie zu das du auf dralle Ärsche stehst und Titten, und das Ganze andere schrecklich unanständige Zeug, das im therapeutischen Zeitalter für Krank oder zum Zwang verklärt wird, um uns alle vom Mensch sein zu Heilen, hier im Jetzt sofort, die Lebenden von den Gemordeten sowieso.
Die einen sterben am Rand der Wahrnehmung unter eine Lawine aus Armut und Müll in Addsis Adeba, die anderen im Scheinwerferlicht unter einer aus Schnee und zu viel Freizeit. Sieht nicht danach aus dass sich daran so schnell was ändern wird, deswegen nimm es leicht, schleck ein Eis mit Genuss und riech sanft an Blumen, aber nicht wild an einer Muschi, dieser schönste aller Blüten. Sorry bin hetero.
Nachdem du dir deine Hörner abgestoßen hast wie ein Tier, individuell, brutal, selbstsüchtig, vögle staatstragend nur noch zu Nachkommenentschädigung, zur eigenen evolutionären Sekundärausbeutung und bei Leibe lies die Klassiker, geh ins klassische Konzert, kauf dir ein Abo fürs klassische Theater, sei feudal und brich auf zu neuen Ufern an deren Gestaden schon deine Großväter nach alten Traditionen fischten.
Mach auf Nasdaq, Nasdaq Future und Dow Jones, juble über Leitzinsensenkungen und Leitzinsanhebungen, mit beiden lässt sich anständig Kohle schaufeln.
Verehr die bildende Kunst und die alten Meister und deren noch würdigere Vorturner, geh untertänigste in eine Ausstellung und juble andächtig über einen roten Farbklecks und den Hasen Dürers.
Und danach häng dir ein Poster von Monet in dein
„Ich lebe schon Wohnzimmer“.
Abonniere den Economist, das Wall Street Journal und das fit for Fun Hochglanzmagazin, und poliere deine Erwartungen wie Besteck, sprich über deinen Erfolg, sprich über deine zukünftigen Erfolge,
und vor allem über jene die du nie haben wirst, stähle deinen Körper im Nahkampf der Geschlechter und Joboptionen, du F 18 im waghalsigen Tiefflug der unzähligen Optionen, die schmelzen wie der Schnee in der Frühlingssonne wenn es ans Handeln geht, vermeide weiterhin Transfette und danach scheiß einen großen gediegenen Haufen auf dein Gewissen.
Bring das leidige Fleisch auf Vordermann/Frau wie deine Einstellung, stell dich vor den Spiegel, nein nicht vor dem mit dem Cholesterins du Trampel, lass deinen Zinken korrigieren, große Zinken sind noch immer ein Menetekel, mach was mit den Schlupfliedern, nee die singe nicht wie die Juliet Greco, lass die dir Wampe absaugen, die Vagina verjüngen und das Arschloch enger näher, im Leben muss jeder sehen wo er hängen bleibt, dann verzeihen sie dir vielleicht auch deine Plattfüße.
Schrei dich an, sag dass dir immer wieder vor das du es schaffst wie es in den Ratgebern prophezeit, lass ja nicht locker, hörst du, damit deine Erfahrungen nicht aus dem Rahmen fallen und du an der Börse der Aufmerksamkeit nur noch im Penny Stock gehandelt wirst, 95% unter Ausrufepreis, verberge deine Mords-Aggressivität immer schön hinter einem netten Lächeln wie hinter einer Wand, trage unter deinem gebügelten Seidenhemd immer ein fett bedrucktes Leibchen „ich muss, ich will, ich kann alles, jeden, strebe immer nach dem Unmöglichen, um dann am Möglichen zu scheitern, vergiss nie wer du sein möchtest, in den Blicken der anderen, an einem neuen Morgen voll eitriger Nebelschwaden.
Bleib dir immer treu in deiner Beliebigkeit und gehör dazu, zu den Dazugehörenden, die jeden Sommer die Biermarke wechseln.
Lass dich verführen von den Verführten und ihren Kennziffern. IQ, EQ, digitaler Kontoauszug, Leasingraten, Daueraufträge Plastikkartengefühle, Versicherungen, fondsgebundene Anteile von irgendetwas mit Bomben, oder Unkrautvernichtung. sprich siebzehn Sprachen aber keinen Dialekt, trag genagelte Schuhe, einstudiert wie eine Choreografie im Ballett und feinen Zwirn „Made in China“, bleib immer ganz nah am Puls der Zeit, du smarter Smart-Phone Mensch, immer im engen Kontakt oder wenigstens auf Tuchfühlung zu noch smarteren Made in China Menschen, die an jeder vergammelten Ecke stehen bleiben wie auf Befehl, wenn das scheiß Ding angeht, auch an Orten wo nicht einmal mehr die Hunde ihr Beinchen heben, weil es so erbärmlich nach Heuchelei stinkt, und dann mach dein Ding, tausendmal vor dem Spiegel geübt, wo sich die Freiheit in keinem Licht mehr bricht und alles Leben früh erstickt, wie die Felder unter Gülle.
Bleib immer schön in der Näher der Scheinwerfer, bei den Machern, bei den Gescheitelten, mit den trendigen Frisuren „hit the road Jack“ hörst du und werde sehend umgesehen zu werden.
Mach immer schön artig mit, bei ihren Mitmachkursen, lass nicht locker und bleib ein wichtiges Glied, in der Wertschöpfungskette, damit dich einmal die Erträge tragen, künstliche aufgeschüttet am Rande der Wüste.
Dreh dich ja nie um nach all diesen Wachkomapatienten, den ewigen Verlierern und ihren billigen Ausreden, die in mickrigen Leben hausen, kleiner als dein Kleiderschrank oder das Scheißhaus in das nur deine Gäste kacken, die sich ungefragt als deine Freunde ausgeben.
Und hör nie auf den Verrückten in dir, untersteh dich,
denn sonst hörst du das uralte Getriebe vom Werden und Vergehen, wie es hustet und keucht, krächzt und ächzt, seufzt, stöhnt und knattert.
Sonst vergehst du dich wie ich mich verging, in manischen Hirngespinsten, bis sich die Wirklichkeit an mir Schadlos verging, und der Lebenssaft aus aufgerissenen Arterien des Bewusstseins spritzte, während Bomben aus einem stählernen Himmel fallen, wie Tropfen aus dem Salzburger Schnürlregen.
Ich fiel dann ganz hinunter, auf den zerbombten Grund meiner Seele, wo sich mein schizoides Ich ängstlich in Selbstgesprächen festkrallt, wie ein kleines Kind unter den schützenden Händen seiner Mutter.
Vertrau ihnen blind, wenn sie dir versprechen,
dass Abenteuer wirkliche Abenteuer im Kopf ihren Anfang nehmen, auch wenn dieser Kopf nicht zu dir gehört, und falls du mal schwach wirst, wirklich schwach, weil du geil bist auf Leben ohne Fangnetz und kleinkarierten Vorgaben, die erfüllt gehören wie ein 5 Punkte Plan, lies einfach ein spannendes Buch, das dich ganz in seinen Bann reißt.
Wie wäre es zum Anfang mit Harry Potter, Band 117zehn. Für die ganz Wagemutigen natürlich in der englischer Erstausgabe.

Wien ich schätz mal Mitte bis Ende der 90ziger

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Mittwoch, 15. März 2017
Zombieland
In Gedenken an Sarah Kane.

Ich weiß nicht, ob ich morgen noch immer, schon wieder,
von Tabletten benommen und gerädert
aus dem Bett steigen möchte und dem Kaffee dabei zuhöre, wie er durch den Filter rinnt,
weil mein Dafürhalten das Leben nicht mehr filtert.
Ich weiß nicht, ob ich morgen noch immer auf die Straße hinunter schauen möchte, wo im Grau meiner Vorstellung die kahlen Bäume stehen,
wo das Rot von der Straßenbahn blättert und sterbende Menschen, den Tod, gut gelaunt in bunten Plastiksäcken, zwischen Knoblauch und Bio-Zwiebeln gepackt, über die Straße, ins nächste Nichts tragen, während Handys wie Sirenen aufheulen und magersüchtige Modells, sinnlich zurecht retuschiert von Plakatwänden heulen wie einsame Wölfe.
Ich weiß nicht, ob ich morgen noch immer, schon wieder in meine abgewetzte Jean steigen und ein Leibchen überziehen möchte, das von Motten und Jahren zerfressen an mir klebt wie mein Gefühl, verloren gegangen zu sein, obschon verschlissene Fetzen ja wieder en vouge sind.
Ich weiß nicht, ob ich Morgen noch einmal „Moon over Bourbon Street“ hören möchte, semi-legal heruntergeladen aus dem Internet, während ich dabei durstig nach meinem weggeworfenen Leben, in ein trübes Glas Wasser starre, indem der Irrsinn geduldig seine Kreise zieht, bis eine der Narben auf meiner Seele endlich wieder aufplatzt, wie die Haut eines Frankfurterwürstchens, damit ich was zu tun habe.
Ich weiß nicht warum ich ein Frankfurterwürstchen geschrieben habe, wo ich doch in Wien lebe.
Ich weiß nicht, ob ich morgen das Naheliegende noch sehen möchte, wo es mich doch nicht im Entferntesten interessiert.
Gemüse essen, Krieg und Atomstrom ablehnen, eine private Krankenversicherung abschließen und nebenher fleißig in einen privaten Pensionsfond einzahlen, der auf steigende Maispreise wettet, während die Mexikaner ihre Tortillas mit blanker Wut füllen.
Auf den Cholesterinspiegel achten, sich vor der al Qaida und Georg W. Bush. jun. seiner Junta fürchten, zur Wahl gehen, die Wohnung geschmackvoll einrichten, Freundschaften wie Möbel pflegen, Ratgeberliteratur und Feng Shui, Urlaubsfotos einkleben, nein auf der Festplatte abspeichern Ziele hinterher rennen, die feine Anzüge tragen und auch sonst blendend aussehen.
Ja in einer assumptiven Welt, ist der Wille zum Konsum alles.
Ich weiß nicht ob ich Morgen, noch immer so tun sollte, als ob sie mir nichts anhaben können.
Ihr ständiges Gelaber von Sieg und Fortschritt und den eigenen Möglichkeiten, die schier unerschöpflich sind, wenn man sich nur richtig anstrengt.
UN-Soldat im Irak war so gesehen eindeutig die falsche Art der Anstrengung.
Ich weiß nicht, ob ich morgen das ernten möchte, was ich gestern gesät habe. Leergeschriebene Kulis auf verwelktem Papier, eine Niemandslandserenade der abgelutschten Träume, verdurstete Begriffe und verhungerte Erklärungen, steifgefrorene wie zigtausende Verwundete, in der Kühltruhe von Stalingrad.
Ich weiß nicht, ob ich morgen noch auf den nächsten Sommer warten möchte, der meine Neugier nicht weckt und der mich nicht wärmt, der mich da stehen lässt wie eine Vogelscheuche im Wind, während die bösen Raben in ihren neuen Markenturnschuhen keuchend und schwitzend an mir vorbei joggen.
Ich weiß nicht ob ich Morgen auch weiterhin depressiv, verängstigt und verzweifelt in irgendeinem Wartezimmer eines Psychiaters, meine Zeit vergeuden sollte, während sie dich mit Todschlagargumenten traktieren.
Ich könnte dem guten Herrn Doktor auch einfach eine reinhauen, dann würden sie mich endlich von hier weg bringen in ein anderes Gefängnis.
Ich weiß nicht, ob ich morgen, im Zirkus Maximum der Eitelkeit, noch den Clown geben sollte,
der weder witzig noch ein Kunststücke kann,
außer permanent auf die Schnauze zu fallen.
Ich weiß nicht, ob ich auch morgen noch durch den Gewitterregen die Häuserfronten entlang gehen möchte, wo Werbeaussendungen in den Türen verwaisen und Gegensprechanlagen stumm bleiben, wo hinter abgedunkelten Fenster, alte vereinsamte Frauen auf ihre Stöcke gestützt, vergilbten schwarz-weiß Bilder der Liebe hinterher träumen.
Ich weiß nicht warum ich die kaputte Fensterscheibe nach sechs Jahren noch immer nicht zum Glaser gebracht habe. "Grüß Gott könnten sie bitte das Glas austauschen", ist doch gar nicht so schwer.
Und dann stehst vor dir ein Mensch mit schiefer Nase oder hängenden Titten, der so gar nichts Göttliches an sich hat.
Ich weiß nicht, warum ich „fick dich" auf die Scheibe gekritzelt habe, wo ich doch auf meine außergewöhnlichen Charaktereigenschaften hinweisen wollte.
Ich weiß nicht ob ich morgen den stinkenden Atem dieser Welt noch einatmen möchte. Glücklich vor sich hin faulendes Gedärm, abgetötet und abgepackt in der Kühlvitrine oder aufrecht auf zwei Beinen vor der Kassa stehend, mit einem Einkaufswagen voller gesunder Köstlichkeiten, die das eigene Ablaufdatum endlos hinaus zögern wie die Pointe eines schlechten Witz.
Ich weiß nicht, ob sich mein Arschloch auch Morgen noch so redlich dehnen sollte.
Dieser hirnlose Magen verdaut und verdaut, schiebt dem Darm die Verantwortung zu, der diese willfährig annimmt, während meine bekackte Erinnerung unter Verstopfung leidet.
„Ich werde euch sagen woran ich bin", schrieb die Sarah,
"Einhundert Lofepramin
fünfundvierzig Zopiclon
fünfundzwanzig Temazepam
zwanzig Mellerill", und vor den Theaterkassen
eine neue Horde feingeistiger Zombies
das sich an ihrem Sterben satt fressen.

Wien 2004

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Dienstag, 14. März 2017
Altes Schmerzgeheul
Hab ich heute in meinen Dateien gefunden. Hat locker 10 Jahre am Buckel.

Samstagvormittag im Supermarkt vor der hauseigenen Bäckerei.
In einer Reihe stehend, dachte darüber nach, wie viele Stunden ein Notstandsgeldempfänger wohl mehr mit Anstellen und Warten zubringt, als ein Top-Manager mit goldener Kreditkarte.
Und während ich so lustvoll vor mich hin dachte, meldete sich mein schizoaffektiver Schädel zu Wort. "Flugzeuge pissen ihr Benzin auf die Schweißränder der Vorstadt, der Baum vorm Fenster nimmt Aspirin, die Katze kaut Fliegenherzen".
Scheiße dachte ich mir, die Lyrik von Albert Ostermaier ist gar nicht mal so schlecht. Im Aquarium der Sehnsucht, schwimmt die Liebe, wie Plankton. Allah kotzt Öl in das Allradgetriebe unserer Vorstellung. Zornesröte auf high hills, Wunschbilder unnachgiebig wie ein Lungenödem, die Vernunft liegt wundgelegen und angeschissen im Sterbebett, Geschichte, nichts als ein gemischter Salat für Besserwisser und Revanchisten, Sturzbäche voll Hoffnung, die Welt schreit nach einem neuen Erlöser, das Sinnlose im Sonderangebot, drei Enttäuschte zum Preis von zwei. Mir geht so gut weil ich ´n Mädchen bin, weil ich ´n Mädchen bin, Komm doch mal rüber Mann und setzt dich zu mir hin, weil ich ´n Mädchen bin, weil ich´n Mädchen bin, keine Wiederrede Mann weil ich ja sowieso gewinn, weil ich ´n Mädchen bin. Der Übergang kam ohne Vorwahrung und nahtlos. Wenn die Stimmen in meinen Kopf nicht mehr zu bändigen sind und ich das Gefühl habe gleich durchdrehen, singe ich einfach Liedchen. Meistens das, was mir mein scheiß Hirn gerade so aufzwängt. Komm doch mal rüber Mann und setzt dich..., da hörte ich hinter mir jemanden hässlich husten. Ich drehte mich um. Hinter mir stand eine alte Frau. Ihr Husten wollte nicht aufhören. Es klang fürchterlich kraft und saftlos. Is this your heart-shaped-box. Mein Gott sah die Frau entsetzlich gebrechlich aus. Sie war ganz abgemagert, ihre Haut eine Meer aus Falten die sich übereinander schoben wie Sedimente, ihre Hände ganz dürr, wie Äste an einem toten Baum und ihre kleinen Augen tief in den Höhlen vergaben und zurück gedrängt, wie der Mut nach tausend geschlagenen Schlachten. Sie sah so erschöpft und verloren aus.
„Eigentlich sind sie doch vor mir gestanden oder nicht“ fragte ich die Dame.
„Ich benötige nur drei Semmeln“ antwortet die. Killing Fields über die psychotsiche Schmetterlinge fliegen, während wir uns nach Waschbrettbäuchen sehnen.
„Bitte gehen sie doch weiter“.
Als sich die Verkäuferin mir zuwandte, zeigte ich auf die alte Dame, dass sie die nächste sei.
„Bitteschön, was darf es sein denn sein?“
„Drei Semmeln für das Frühstück bitte“. Mit zitternden Händen nahm sie die Semmeln entgegen und verstaute die in ihrer Tasche, bedankte sich und schleppte sich weiter, dem Ende der Welt entgegen.
Der Tod wird sie mitnehmen, in sein dunkles Reich der verwesenden Transzendenz, während wir mit Bohrern und Sonden das Herz dieser alten Frau durchstoßen, auf der Suche nach fossilen Brennstoffen, um uns die Erde Untertan zu machen. Nur der Schwäche gibt nach.
Komm doch mal rüber Mann und setzt dich zu mir hin, weil ich ´n Mädchen bin, weil ich´n Mädchen bin.
„Sie sind aber ein fröhlicher Mensch“ stellte die Verkäuferin fest. „Fast jeden Tag wenn sie Brot bei mir kaufen singen sie“.
„Ja ich weiß ich bin dermaßen eine Frohnatur“, antwortete ich mürrisch.
„Was darf es denn heute sein“.
„Ich weiß nicht so recht was ich will, vielleicht komme ich später, ein wenig später, noch einmal wieder“.
Ohne Gebäck im Gepäck ging ich weiter zur Obstabteilung. Ein Herzblutgeschwader auf elf Uhr, nichts als Mühe und Not, Drangsal und Pein, doch im steinernen Garten wartet dein Liebster, du alte Nazibraut, die Himmler in der Schlucht von Babij Jar, im rückwärtigen Heeresraum, auf einem Leichenberg stehend anständig durchfickt hätte, wenn er nur gekonnt hätte, der alte Syphilitiker.
Aus dem tiefen Räume aus der Erde Grund, hebt sich wie im Träume dein verliebter Mund.
Wenn sich sie späten Nebel drehen, wer wird bei der Laterne stehen, wie einst die Lili Marlen. Vor der Kaserne vor dem großen Tod...........
Singend ging ich durch die nächste Abteilung.

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