Dienstag, 28. Juni 2016
Der Schizophrenist und seine Nerventante. Eine in 3 kurzen Akten
So 3. Akt. Geht recht zügig.



Thema der Session Unerwünscht sein. Stellte sich so nach und nach heraus. Nicht erwünscht sein und sich nicht erwünscht fühlen sind zwei verschiedene Paar Schuhe, ähnlich im Ausssehen und sehr leicht zu verwechseln.

NT:Nerventante
SH: Schizophrenist

1.Akt a bisser länger.
NT: Letze Woche habe ich mein Testament gemacht.
SH: Hegen sie Selbstmordabsichten oder sind`s gar krank.
NT: Nein, nein. Gott sei Dank keines von beiden. Aber jetzt sind die Besitzverhältnisse hinlänglich geklärt so dass es Sinn macht ein Testament aufzusetzen.
SH: Bei mir sind die Besitzverhältniss auch soweit und hinlänglich geklärt dass es Sinn macht kein Testament aufzusetzen. Sie haben mich hoffentlich in ihrem Testament berücksichtigt!?
NT weiß nicht genau ob der SH einen Schmäh macht. SH macht keinen Schmäh.
SH: Na sie haben doch keine Kinder und sitzen auf Tonnen von Betongold. Sie sind ja die Jelena Baturina unter den Therapeutinnen. Gold haben sie sicherlich auch irgendwo versteckt. Manchen sie doch einmal schön ihr Mündchen auf. Ich wette der ist voller Gold. Da schauen sie bei mir. Nix als Blei und a bisserl Keramik.
NT lacht. SH lacht.
SH: Bevor sie da alles der Kirche spenden so Heilig wie sie sind, einer Hilfsorganisation, das die noch zwei neue Bilanzbuchhalter einstellt, oder ihre ganze Marie inklusive der Zähne, gar einem Zoo überlassen, damit der genügend Mäuse für seinen Schlangen hat oder immer ganz frisches Schlachtfleisch für die öffentlichen Raubtierfütterungen, könnten sie doch a bisserl was an mich abdrücken. Das bricht ihnen doch kein Eck aus dem Führerschein. Nix aufregendes. Vielleicht den Gegenwert eines stabilen Fensters. 5000 Euro würden langen. Mit 5000 Euro wäre ich zufrieden. Sie hoffentlich doch auch oder?
NT lächelt, sagt aber nix.
SH: Mit 5000 mach ich schön ein paar Wochen Balkon mit Meerblick und alles ist gut. Erben, also abstauben durch Anbiederung und Ableben, da läuft bei mir nicht mehr viel. Von meiner leiblichen Mutter krieg ich nix, die war auch immer zu blöde zu Kohle zu gelangen. Möglichkeiten hatte sie alle. Und von der Um2 gibt es sowieso nix, und das was der GF, mein Kumpel, an mich abzudrücken gedenkt, muss ich mit meinem Halbbruder teilen der scheiß vermögend ist. Wenn ich Pech habe auch noch mit der Um2.
NT: Sie müssten doch was von der Um2 bekommen. (Meine NT sagt auch schon Um2 und nicht Stiefmutter;-)
SH: Nee das sind sie aber gehörig auf den Holzweg. Wäre das so müsste ich ja nicht sie anschnorren oder halten sie mich gar für gierig. Von der Um2 gibt es nix. Niemals. Die hat mir in unserer gemeinsamen Karriere als ungleiches Paar, nicht einmal was Werthaltiges zugesteckt. Nicht mal in der Schule wollte einer meine Leberwurstbrote gegen echte Lebensmittel tauschen. Einmal war ich knapp dran. Leberwurst gegen einen anderen Aufstrich, was vom Balkan. Der Deal stand. Als der andere aber noch nach Butter unter dem Leberwurstbrot verlangte, war der Deal gestorben. Alles, was ein Stiefelternteil vererbt, geht an seine direkten Verwandten, also an meine Stief-Cousine. Sie wissen ja das kleine Mädchen, die eigentlich ganz nett war. Wir hatten nie Stress. Ist natürlich heute eine erwachsene Frau, schön ordentlich wie es sich gehört mit Kinder, Mann und Eigenheim. Als die zu Besuch war, wurde die von der Um2 sofort nach der Ankunft gefragt, was sie denn gerne essen möchte. Noch dazu mit einem echtem Lächeln das vom Herzen kam. Da war nix gespielt oder aufgesetzt. Sah die Um2 mich, wich jedes Vergnügen schlagartig aus ihrem Gesicht. Ka Spaß. , mich hat es damals beinahe aus den Hausschuhen gewürfelt. Hat mich die Um2 nicht einmal in all der Zeit gefragt und die Cousine gleich im ersten Versuch. Nicht mal an meinem Geburtstag lief da was. Wie oft habe ich ihnen das jetzt eigentlich schon erzählt? Wenn ich wieder und wieder davon anfange, was machen sie da eigentlich. Ihren Besitz ordnen, über den Altersruhesitz nachdenken oder die anstehende Kur?
NT: Nein das mache ich natürlich nicht. Ich verstehe dass sie mir sagen wollen das sie unerwünscht waren.
SH: Ein scheiß Zivilisationsbruch war das. Ich bin im Grunde eine Unperson. Und als des offensichtlich wurde war ich noch keine vierzehn. Schon bei den kleinsten Kleinigkeiten wurde ich zu einer unerwünschten Person. Viel Anfangs nur nicht so auf. Mit der Pubertät wurde es dann offensichtlich. Diese Pubertät ging ja andauernd nach hinten los. Anstatt das ich mich weiterentwickelte, entwickelte ich mich unfreiwillig zurück. Ich weiß noch wie wir einmal wo zu Gast waren und ich den ganzen Nachmittag kein Wort sagte, also nicht existierte. Das gefiel der Um2. So wie andere Mütter die Existenz, das Dasein ihrer Kinder lieben und sich freuen wenn das eigene Kind was sagt, meistens zu zumindest, war es bei mir genau anders herum. Die Um2 erfreute sich an meiner Nicht-Existenz, an meinem Fortsein, an meiner Sprachlosigkeit. Ist auch heute noch so. Bis aufs Wasser war ja alles sanktioniert und dann kommt dieses Mädchen daher, das auch genetisch mit der Um2 verbandelt ist, und plötzlich ist nix mehr sanktioniert und alles erlaubt. Das musste erst einmal verdauen. Mein Magen ist für so viel Unerwünschtheit nicht geschaffen. Kaum ein Magen ist das. Die Stief-Cousine staubt ja alles ab. Auch jenen Anteil am Vermögen der Um2 den ich erwirtschaftet habe.
NT: Wie meinen sie das.
SH: Schauen sie. Als der GF und die Um2 das Haus bauten mit schön viel Rasen und so, musste der Acker ja erst mal von Steinen und allerlei Unrat befreit werden. Was denken sie wer da die Kübel voller Steine schleppen durfte. Natürlich ich. Tagelang. Und heute wird der Garten von der Um2 immer mal wieder ausgezeichnet weil der angeblich so schön ist. Auf der Tanke haben der GF und die Um2 ja einige Jahre lang Orangen und Bananen verkauft. Die Jugos waren was Grundnahrungsmittel etc. betraf etwas klamm. Bevor ein Staat zusammenbricht, gehen dem zuvor die Grundnahrungsmittel aus. Siehe Venezuela. Die haben ja nicht einmal ausreichend Klopapier. Weil des zu viel Arbeit gewesen wäre in der Tanke andauernd Obst abzuwiegen, hab ich das zu Hause in der Garage erledigt. 100 kg Orangen und Bananen werde ich so im Schnitt abgewogen haben pro Arbeitseinheit. Die Orangen immer zu 1kg Säcken und die Bananen wie groß so ein Bund halt war. Hab ich mal nachgerechnet. Über die Jahre hinweg habe ich gut 50 Tonnen abgewogen. 50 Tonnen Arbeit natürlich unentgeltlich. Zu 50% floss der Gewinn aus dieser Arbeitsleistung natürlich in die Tasche von der Um2, und von dort irgendwann höchstwahrscheinlich auf das Konto meiner Stief-Cousine, die auch noch gefragt wurde was sie gerne essen möchte. All die Jahre als unterbezahlter Tankwart. Wiederum zu 50% in die Tasche der Um2. Fahrräder alles habe ich mir selber bezahlt. Das einfach so hinzunehmen kostet richtig viel Menschlichkeit. Von den seelischen Narben will ich gar nicht erst zu sprechen beginnen. Wenn die Um2 für jedes Mal mich beim Wixen abstoppen einen “Hundi“ abdrücken müsste, wäre ich heute ein gemachter Mann. Ich komme der Um2 auch nicht blöde. Kein Terror. Die ist heute eine ältere Dame. So etwas macht man einfach nicht. Man muss wissen wann man verloren hat. Ist manchmal wichtiger als das warum. Seit einen ¼ Jahrhundert habe ich mir der kein Wort gesprochen. Mir ist auch nicht danach. Aber das meine Arbeitsleistung, die ich als Kind erbrachte, auch noch in die Tasche ein dritten Peron fließt, die während ich schuftete, einfach nur Kind war, bringt das Fass doch zum davonlaufen. Es kommt ja noch schlimmer. Um darüber zu sprechen zu können muss auch noch bezahlen.
NT: Überlaufen. Sie meinen wohl überlaufen.
SH: Nee meine ich nicht. Warum muss ich überlaufen sagen nur weil alle überlaufen sagen. Davon laufen ist lustiger. Noch lustiger ist es, das Fass dazu zu bringen aus Wilhelm Tell zu rezitieren. „Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit und neues Leben blüht aus den Ruinen“. Sicherich blüht was aus den Ruinen. Nur nicht dort wo der Schizophrenist einen Klappstuhl nachdem anderen durchsitzt. Da erblüht höchstens der Groll. Bin ich ein scheiß 3. Welt-Mensch oder was.
NT: Dann darf der GF auch nicht vor der Um2 sterben.
SH: Um Gottes Willen nein. Der ist doch mein einziger Kumpel. Ewig soll der leben, ewig. Nicht auszudenken wenn der vor der Um2 abtritt. Hab ich plötzlich die Hetzmeute aus Um2 und Halbbruder am Hals und eine Sammelklage aller Verwandten, weil die sich denken, so eine schöne Wohnung steht dem Zweitgeborenen diesem Versager auf keinem Fall zu. Der soll gefälligst in eine 25m 2 Gemeindewohnung umziehen oder in ein Männerheim. Das Männerheim hat ja unseren Führer auch nicht geschadet. Ganz im Gegenteil. Mehr an Komfort steht dem Blender auch nicht zu. Eine Parkbank würde für diesen Tachinierer auch völlig langen. Wohnt da recht komfortabel der kleine Scheißer und leistet nix. Aber auch gar nix. Was hat denn der schon geleistet.
NT: Gehört die Wohnung nicht ihnen?
SH: Nee ich wohne da nur. Ich habe es nicht so mit Besitzt. Der GF und ich machen das schon. Gibt keine Probleme. Nur seinem Lebensmenschen und dem Erstgeborenen traue ich nicht über den Weg. Die haben nix für mich über. Weder für mich noch für meine Lebenssituation. Um das zu verstehen muss man nicht besonders helle sein. Die Um2 redet sich ja seit Jahren ein, seit Jahren, die ist davon völlig überzeugt, dass ich die Schizophrenie nur erfunden habe, weil ich mich vor harter Arbeit drücke. Dem Halbbruder bin ich auch scheiß egal. Ich habe den ja mal in Wien als er Bar-Chef war besucht. Der stellte mir ein Glas Orangensaft hin und war nicht wieder gesehen. Ich bin nicht erwünscht verstehen sie. Nicht ein Verwandter hat sich mal zu mir durchstellen lassen. Da kommt nix verstehen sie. Für die existiere ich nicht mehr. Für die bin ich tot, abgehandelt, abgewickelt und letztendlich ausgelöscht. Muss ich noch einmal auf ihre Goldvorräte zurückkommen. Machen sie doch noch einmal schön ihr Mündchen auf. Da gibt es sicherlich einiges zu holen. Oder wir tauschen. Was halten sie davon. Machen wir einen Deal. Der Vierer unten links. Meiner ist schön mit klassischen Blei gefüllt. Ein Dauerbrenner. Das Loch war riesig. Können sie dann schön zu Silvester mit ihren Kumpels Bleigießen und sich über ihre rosigen Aussichten freuen weil sie in Einzelkind sind.
NT lacht. SH lacht. Ende erster Akt.
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2.Akt
SH: Ich hatte ihnen ja von dem kleinen Disput mit dem S. erzählt. Ich total durch den Wind, sie würden sagen psychotisch, und der stand ohne Vorwarnung vor der Tür. Normal ruft er vorher an. Ich hätte natürlich abgesagt. Normal mache ich um Menschen einen weiten Boden wenn ich so erledigt bin. Muss doch nicht sein. Ging schon schlecht los. Er befand ich soll da nicht zu viel im Internet machen, das bekomme mir nicht gut. Was ja stimmt. Stundenlang gegen ein Programm spielen bekommt mir wirklich nicht gut. Gar nicht gut sogar. Ich zu ihm das sagt genau der Richtige. Danach verhakten wir uns in einer völlig absurden Diskussion. Ich sagte, S. 10 000 Euro an einem Wochenende, nee das bringt der beste Zocker nicht. Er doch. Ich nee 10 000 läuft nicht. Er doch. Ging dann eine geschlagene ¼ Stunde so hin und her, bis er dann den Genieblitz hatte, das er andauernd 1000 gemeint hatte und nicht 10 000. Wie auch immer. Ich zum S. na ja da hast du mich aber in eine die Falle gelockt. Wenn du dich nicht auf 1000 korrigierst geht das ja noch bis zum jüngsten Tag so. Wollte er nicht einsehen. Es ging aber schon lange auch um etwas anderes. Nämlich um meinen wenig erbaulichen Zustand. Der S. war echt entsetzt. Dermaßen von der Rolle hatte er mich noch nie erlebt. Nicht einmal in 5 Wochen Kroatien. Was die Sache nicht einfacher machte ist, dass der S. es nicht so mit Streit hat. Streitkultur nix da. Und ich muss mich fürchterlich reinhängen nicht in den Schattenweltslang zu verfallen. Sehr anstrengend. Dem S. wird schnell alles zu viel, während ich schwer aus solchen Situationen herauskomme. Um es auf den Punkt zu bringen. In den Augen vom S. stand das blanke Entsetzen. Jetzt hab ich schon länger nix von ihm gehört. Entweder ist der wegen der EM abgetaucht oder der ist mit einem Kumpel in Kroatien. Dabei wollte ich ja mit. War ja meine Idee für eine paar Tage abzuhauen und in Kroatien EM schauen. Ich befürchte der ist gefahren und hat mir nix gesagt. Ich habe das Gefühl nicht mehr erwünscht zu sein. Vielleicht war des Letzens zu viel verstehen sie. Ich befürchte fast das des der Fall ist. Das ich zu alt und kaputt bin. Und vergessen sie den sozialen Status einer Person nicht. Der wird auch gerne mitgedacht. Das macht sogar der Papst. Das hat ja seinen Grund warum der Franzi den Armen und Obdachlosen die Flossen poliert. Eh nicht jeden Tag.
NT: Denken sie beim S. nicht mehr erwünscht zu sein.
SH: Sagen wir so. Kann durchaus sein das ich für gewisse Dinge einfach nicht mehr in Frage komme. Vielleicht bin ich schon zu lange nicht mehr erwünscht, das ich auf das nicht erwünscht sein gewissermaßen konditioniert bin. Früher oder später Ende ich genau dort im Nicht-Erwünscht-Sein.
SH schaut a bisserl verstört. NT schaut so als ob sie das was der SH da feststellt ohne Worte bejaht.
SH: Kann aber auch sein das der nur abgetaucht ist. EM. Ich werde mal eine Mail schreiben.
Wieder zu Hause schreibe ich ein Mail an den S. In der digitalen Ansichtskarte frage ich ob er im Verlies hockt oder eh in Kroatien ist?
S. schreibt zurück. Wer erzählt das schon wieder? Doch nicht ohne dich;-)
SH schreibt ein Mail an seine Nerventante. Danke werde ich ausbessern. Auf die Frage ob er in Kroatien ist, antworte der S., „Doch nicht ohne dich“. Ich werde jetzt öffentlich Buse tun.
NT: Ich werde auch versuchen besser über andere zu denken.
Ende 2. Akt.
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3.Akt

SH: Sie Frau Doktor NT. Ich muss sie da a bisserl verhören wie der Alte, wenn sie es mir gestatten, auch wenn sie über jeden Verdacht natürlich erhaben sind. Hat der Böhmdorfer einst über den Haider gesagt. Jetzt sitzen wir auf 12,5 Mrd. Erhabenheit. Sie haben ja schon reichlich Berufserfahrung mit psychischen Besonderheiten aller Art gemacht. Wird ja kaum etwas geben, das als krankhafte Abweichung von der Norm diagnostiziert wird, das sie nicht kennen, nehme ich mal an. Wie sagte der Stefan Zweig, die Seele ist ein breites Land.
NT: Weites Land.
SH: Ja weit natürlich auch, sehr weit. Unter Umständen aber auch breit und tief. Abgründig tief sogar. Bei mir weniger. Eigentlich bin ich fast ein wenig gekränkt, einerseits schizophren, aber andererseits so schrecklich normal zu sein. Also nur gewöhnlich und durchschnittlich schizophren. Schmerzt schon a bisserl. So wie ich ticke komme ich nie in die Medien. Ich muss da schon um drei Banden spielen und dann langt es nur zu einem Blog, unter gut 410000 Blogs. Als ob man in einem Massengrab verscharrt liegt. Erschreckend ist das. Mein Wahn ist für die großen Schlagzeilen einfach zu kleinkariert und letztendlich zu kleinstbürgerlich. So wird das nie was mit dem Restruhm. Wir leben doch im postheroischen Zeitalter. Die postheroische Persönlichkeit, habe ich gelesen, muss ihre Bedürfnisse nicht mehr heldenhaft unterdrücken, weil sie ihre inneren Wünsche nicht mehr von einer genormten Gesellschaft verstecken muss. Also ich bin da noch schön old school. Ich musste alles unterdrücken. Heldenhaft obendrein. Ich habe meine inneren Wünsche so lange heldenhaft unterdrückt, dass die heute wie ein Fußballrasen ausschauen, nach 120 Minuten wenn es geregnet hat. Wobei Fußball wird eher nicht ihr Ding sein wird. Weil des so ist will ich nur noch fernsehen. Rücksichtlos fernsehen. Aber alles natürlich schön in HD. So rückständig bin ich auch wieder nicht.
SH grinst. NT grinst auch. Die NT weiß inzwischen wann ich Schmäh führe. Führe ich andauernd Schmäh, notiert sie in ihren Block, „Patient stabil“.
NT: Ja an mich ist schon einiges herangetragen worden. Nur die Norm habe ich nicht gesetzt. Eine Norm zu setzen wie einen Fixstern und dann zu sagen alle Planeten die nicht in der richtigen Umlaufbahn kreisen müssen in eine entsprechende Bahn gebracht werden, ist natürlich immer auch ein heikles Unterfangen.
SH: Verstehe. Zu viel Normalheit tut niemanden gut. Einer Gesellschaft gleich gar nicht. Die braucht die Abweichler als Rückversicherung und Orientierungspunkte. Ohne Abweichler keine Mitte. Trotzdem ist das DSM, die Bibel der Psychiatrie, schon so dick wie Krieg und Frieden. Dann will ich sie mal interviewen wenn sie so frei sind. Eine Person geht zum Nervenarzt und bekommt ein Psychopharmakon verschrieben. Habe ich vorher schön gegoogelt. Nerventabs halt. Wie viele diesen Personen denken sie nehmen die Tabs dann auch wirklich regelmäßig ein?
NT: Genau Angaben, die auch empirisch halten, kann ich natürlich keine machen. Im Schnitt schätze ich sind das ungefähr 50-60% der Patienten. 50-60% nehmen die ihnen verschriebenen Medikament dann auch wirklich regelmäßig, weil der Leidensdruck entsprechend groß ist. Der Rest wandert in den Müll. Gibt auch Patienten die versuchen es mal, fühlen sich dann aber in der Anpassungszeit an das Medikament unwohl und hören wieder damit auf.
SH: Wird auch ein paar Mrd. kosten jährlich. Den einen fehlt es am Zugang zu den einfachsten Medikamenten und die anderen kippen wiederum die teuersten Tabs ins Scheißhaus. So ist das halt in einer Überflussgesellschaft, wenn die Norm der Überfluss, also das Übermaß der Normalfall ist. Das hab ich jetzt natürlich auch aus einem Buch. Woher sonst. Ich weiß ja nix. Die ganzen Tabs die weggeworfen werden oder ewig im Badschrank herumliegen, könnte man doch irgendwo anonym abgeben, wie Babys oder Wäsche. Also ich schmeiß keine Tabletten weg. Ich verleibe mir alles ein. Wie viele Personen in ihren Akten haben eine Erkrankung die als Schizophrenie diagnostiziert wird.
NT: Nicht viel mehr als in der Gesellschaft üblich. So zwischen 1 bis 2%.
SH: Laut Statistik fallen ja immer mehr Menschen wegen psychischer Erkrankungen aus dem Arbeitsleben raus und werden dann pensioniert wenn sie Glück haben. Was denken sie. Wie viele dieser Personen nehmen ihre Medikamente in der Pension weiter. Ich spreche jetzt nur von Psychopharmaka.
NT: 10-15% ungefähr. Viele stabilisieren sich durch die Pensionierung ja auf einem niedrigen Niveau, so dass sie keine medikamentöse Indikation mehr benötigen.
SH: Na so krank können die aber nicht sein. Was ist denn das für eine psychische Erkrankung. Das ist ja nix. Ist ja wie mit einem Gips. Die sitzen im Gipskorsett vor den Schafrichter der Pensionsanstalt und wenn sie durchgewunken werden, schneiden die sich das Zeug auch schon wieder herunter und machen Party. Das sind ja Wellness-Kranke oder Light-Kranke. Arbeiten die alle in ukrainischen Bergwerken das die das Arbeitsleben nicht mehr aushalten. Ich will ja nicht unfair sein. Kann ein Büro-Job wirklich so krank machen dass nix mehr geht? Büro ist doch nicht Schichtarbeit in der Nacht. So schwierig kann das doch nicht sein Büro-Arbeit so zu gestalten, das man vom Tippen, Telefonieren und Kopieren, nicht zum nervlichen Wrack wird. Verstehe ich nicht. Was machen die denn da in den Großraum-Büros das des so auf die Nerven drückt. Folterspiele, russisches Roulette, Neueinsteiger-Weitwurf. Vollends ruiniert sind die ja nicht. Denn sobald sie diesen unerträglichen Büro-Zustand verlassen geht es anscheinend wieder aufwärts? Macht Kapitalismus immer krank? Oder hat des andere Gründe?
NT: Sie sind jetzt ungerecht und zu Gericht sitzen wir jetzt hier ja auch nicht oder?
SH: Sie vielleicht nicht. Aber ich mach jetzt den Freissler. Manchmal muss einer aufstehen und den ersten Stein werfen. 10-15% sagen sie. Diese 10-15% sind doch eigentliche die Elite unter den angeblich psychisch so Kranken. Was ist denn das für eine Krankheit wenn man nicht einmal Medikamente braucht. Ein chronisch Kranker ohne Medikamente, oder weitere Krücken, ist doch nicht chronisch krank. Ein Querschnittgelähmter braucht auch seinen Rollstuhl und ist oft auch noch arbeitsfähig. Manchmal schäme ich mich richtigehend dafür das ich auch was mit Psyche mache. Wobei ich mich überhaupt nicht angestrengt habe. Das war nix bewusstes. Das lief ja anders herum. Das Psycho-Ding wurde mir ja richtigehend umgehängt wie einem 5. Platzierten ein Trostpreis. Dabei habe ich mich eh dagegen gewehrt. Das dieses Ding mit der Psyche meine Rettung war, hat schon was erbärmliches und entwürdigendes. Schau das Opfer, sagt manchmal sogar der Scheißhausdämon. Als ob man sich unter den Rock der Mutter flüchtet. Heute werden ja alle psychisch Beängten in einen Topf geworfen, was mir gar nicht gut bekommt. Versuchen sie mal auf Seroquel/Neurotop/Temesta/Zoldem-Basis Kleinstkunst zu machen. Gibt Dinge die leichter fallen glauben sie mir. Wie einfach nur so dasitzen und gerade ausschauen. Ich werde ja von den Tabs geistig und sexuell massiv kastriert. Meine Anstrengung lässt sich aus den Schreib-Kleinstkunst-Versuchen kaum herauslesen. Das regt mich maßlos auf, dass des beschissene Wort oder ein Satz, meinetwegen auch ein ganzer Text, dann nur so dasteht windschief und plem plem, meistens auch noch von schlechter Grammatik unterwandert und nix von meiner Anstrengung weiß. Leuten die hin und wieder über mein Blog stolpern, wie über einen Rauschigen der am Boden liegt, ist das auch wurscht. Wir leben ja schon lange in einer Erfolgsgeselllschaft. Die hat die Leistungsgesellschaft abgelöst. Leistung ohne Erfolg ist wie ist Facebook ohne Freundschaftsanfragen. Auf Facebook habe ich nicht einen Freund. Sau lustig. Egal. Im Netz lese ich hin und wieder das Blog einer Schreiberin die hat glaube ich die Diagnose Borderline. Was ist das eigentlich genau. Haben sie auch Patienten mit Borderline?
Nachdem das Wort Borderline gefallen erstarrt das Gesicht der NT schlagartig.
NT: Nee Patienten mit der Diagnose Borderline nehme ich keine mehr.
SH: Was sie nehmen keine mehr weil sie schon so viele haben?
NT: Nein Borderline-Patienten mache ich generell nicht mehr. Dafür habe ich nicht mehr die Nerven. Borderline Patienten sind in ihrem Gefühlsleben sehr instabil. Da geht es rauf und runter wie auf einer Hochschaubahn. Sehr aufreibend, sehr schwierig und energieraubend. Dafür bin ich jetzt zu alt. Die letzen Jahre vor der Pension lasse ich wenn sie so wollen milde ausklingen.
SH: und was ist mit mir?
NT lächelt milde und gibt mir einen neuen Termin. SH
lacht auch.

Ende.

Signiert:

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