Montag, 12. Januar 2015
Klappstuhl-Melancholie
Das war wieder eine Woche, nicht wahr. Eine typische Terror, Tod, Glaube, Krise, Endzeit und Vergeltungs-Woche. Das Problem mit dem islamistischen/salafistischen Terror ist ja unter anderem, das diese Terrorristen/Glaubenskrieger/Deklassierte/ Irre/Fanatiker wie auch immer bereit sind für ihre Überzeugungen zu sterben. Und zwar jetzt, sofort, andauernd, fortwährend, immer zu jeder Nacht und Tageszeit. Kapitalistische, laizistischem Demokratien, westlichen Zuschnitts hingegen sind so ausgerichtet, das genau dieses Sterben, ins Irgendwann, an einen ganz fernen Tag verlegt und soweit wie nur möglich nach hinten, gewissermaßen ins Unendliche verschoben wird. In kapitalistischen, laizistischen Demokratien gibt ja keinen vernünftigen Grund sofort zu sterben. 72 Jungfrauen, die einem den Augenblick versüßen, lassen sich bei uns, mit genügend Kohle, auch so ohne weiteres auftreiben. Dafür muss man sich nicht unbedingt ein Ticket für den Himmel/Hölle/Nichts wie auch immer buchen. Während die Terroristen/Glaubenskrieger usw. nach moralischen Angeboten dürsten, haben wir einen Heißhunger auf kapitalistisch-demokratische Sinnzusammenhänge, wie Waren/Dienstleistungen aller Art. Die Terroristen wollen es nicht besser wissen und wir auch nicht. Was für die einen die Religion ist, ist für andere die Wissenschaft. Zauber trifft auf Ratio, spirituelle Trunkenheit auf Wodka, Champagner und DNA-Analyse. Gut die Mehrheit hier säuft Sekt und spielt Lotto. Wer wird denn so kleinlich sein. Eine explosive Mischung dachte ich mir, während ich in meiner Qualitätszeitung umblätterte, in der heute Montag, so gegen 11 30 Uhr, in Pakistan auch noch ein vollbesetzter Bus in einen Tanklaster krachte. 62 Zeitungsleichen, zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, während einen Artikel unter dieser Katastrophe, auch noch ein pakistanischer Soldat unter das Fallbeil des einzigwahren Glaubens kam. Gott sei Dank, dachte ich mir, unterlässt es meine Qualitätszeitung genauer auf die Biographien der Toten einzugehen. Alter, Geschlecht, Lebensziele, Blutgruppe, Lieblingsspeise, sexuelle Vorlieben usw. Vergewaltigt wurde dann in Indien. Ich hatte mir schon Sorgen um den Zusammenhalt in der pakistanischen Gesellschaft gemacht. Mein Schmerz ist ein typischer Zeitungsschmerz. Leichtes zucken in den Mundwinkeln, kurzer Blick durchs Fenster über den Rand der Lesebrille hinweg, eine kurze Dehnung der Nackenmuskulatur und weiter geht`s im alltäglichen Gemetzel, während die eigene Wirklichkeit meistens zum Gähnen langweilig ist. Zu meinem Entsetzen wurde ich den trüben Aussichten und dem vorangegangen Zeitungssterben doch a bisserl überdrüssig. Ziemlich angegrantelt, (missgestimmt, übellaunig) wollte ich dem Qualitätszeitungsverdruss dadurch entgehen das ich ins Café Prückel auf einen koffeinfreien Kaffee gehe. Nur ins ehrenwerte Café Prückel kann ein weltoffener Sandler wie ich es nun einmal bin, anscheinend auch nicht mehr unbefangen gehen, ohne unter Revanchismus-Gefahr zu geraten. Die Verantwortlichen des Café haben ein lesbisches Paar, das sich in den hauseigenen, romantisch verklärten Möbeln küsste, wegen der ihren öffentlichen Zurschaustellung ihrer Gefühlslage, einfach aus dem Café geschmissen. Was wäre gewesen fragte ich mich, wenn das Pärchen einen Wisch vorgelegt hätte, in dem urkundlich beglaubigt wird, das die Frauen in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Obrigkeitshörig wie die Österreicher noch immer sind hätte die Sache sicher anders ausgesehen. O-Ton einer Betroffenen. Café Prückel: „Wie sind ein traditionsreiches Lokal“. Was könnte ich alternativ den noch so unternehmen um auf andere Gedanken zu kommen fragte ich mich. Ich weiß dass ich mit diesem Geständnis den Text zerstöre, aber so schlimm ist das Sterben da draußen in der Welt gar nicht für mich. Schizoid verstört wie ich bin, sterbe ja normal immer ich. An schlechten Tagen verwandelt sich ein gesundheitsfördernder Spaziergang durch die sauberen Straßen Wiens in einem einzigen Untergang. Da geht`s zu wie in Berlin im April 1945, als der österreichische Einfluss auf das deutsche Volk, durch ein Vollbad mit Benzin anfangs unmerklich, aber dann doch nachhaltig zu schwinden drohte. Nichts für ungeübte so ein Spaziergang durch die eigene Geschichte. Geht wer direkt hinter mir werde ich total unruhig. Deswegen bin ich auch ein Einzelgänger, einer dieser einsamen Wölfe wie man heute abfällig zu sagen pflegt. Wär es gescheiter wenn ich eine ganze Familie mit meiner sagen wir emotionalen Unbedarftheit behellige? Ich könnte auch versuchen, einer netten MILF, meinen ziemlich abgelutschten Sunny Boy Charme wie eine fake-Gucci Tasche unterjubeln und zielstrebig-versuchen, sie emotional dahingehend zu manipulieren, das sie irgendwann wirklich glaubt, dass sie die Eine sei, die mich retten könnte. Nur das ist würdelos. Terroranschlag plane ich auch keinen. Im Scheitern nach menschlicher Größe streben ist doch auch was oder? Also a bisserl mehr Respekt vor einsamen Wölfen bitte, wenn die vor sich hin fluchend, hinter ihnen her gehen. Zum PC hatschen (sich schleppen) und Kommentare auf anderen Blogs hinterlassen wie eine Notdurft oder ein Werbeprospekt, das leblos vor der Eingangstür liegt und darauf wartet das die Leute es achtlos im Müll entsorgen. Natürlich ordnungsgemäß im richtigen Eimer. Macht auch nicht wirklich Spaß. Selbst einen Text schreiben. Die Wirkung der Neuroleptika lässt bei mir erst gegen 16 Uhr soweit nach das ich einen schmalen Zugang zu meinem Sprachzentrum bekomme. Eine Hure anrufen. Ehrlich gesagt macht mir das nur noch bedingt Spaß. Gibt ja kaum noch Huren die so ähnlich wie die Anita Ekberg oder die Sophia Loren von Mutternatur verformt wurden. Das derzeitige Schönheitsidel frisst meine Lust. Und die Konversationen mit den Damen, ergibt ja genaugenommen nicht den geringsten Sinn. Die sind ja alle auf Facebook und sobald man abgespritzt hat, zupfen die Damen auch schon auf ihren Smartphones heraus und tippen lächelnd darauf herum. Wixen dachte ich, könnte ich mir einen. Solange die Flöte noch Töne ausspuckt und die Schlange dazu animiert aus dem Korb zu kriechen. Why not. Das Internet ist ja das größte Pornokammerl/Kämmerchen der Welt. Kann man schön ungestört stöbern ohne weit gehen zu müssen. Nicht wie früher als man sich von den sozialen Normen verfolgt fühlte. Wir, in die späten Sechziger geworfenen sind ja die erste Home-Porno-Generation. Im Internet gibt es natürlich auch eine eigene Rubrik/Sparte mit „big ass, big tits für Nostalgiker“ uns so. Ich also vor den PC, Hose runter Flöte nein Schlange in die Hand, egal und Kopfhörer auf. Normal schau ich mir Pornos ja nur ohne Ton an. Wegen meiner russischen Nachbarn. Die haben ja andauernd die Enkelkinder bei sich. Und das muss ja auch nicht sein. Die Frau Russin, eine schmale ältere Dame, hat eh schon so genug Schiss vor mir. Sind halt noch echte Russen mit Tonnen von Stalinismus und Kommunismus in den Eingeweiden. Und doppelt Kopfhörer habe ich jetzt auch. Kopfhörer auf und los ging`s. Das Problem war nur ich hatte nicht aufgepasst und auf einen deutschen Porno geklickt. Männlicher Hauptdarsteller: „So willst du sehen wie ich dir den Schwanz in den Arsch stecke und dich anständig durchficke“. Der Jörg Haider, dachte ich mir, sprach zu Lebzeiten auch immer von den Anständigen. Kameramann: „So hau ihr den voll rein du“. Weibliche Hauptdarstellerin leise: „No I`am not repared“. Weibliche Hauptdarstellerin gab Töne von sich die mich dazu veranlassten zu denken, des tut der jetzt aber gar nicht gut. Mit der Hand versuchte sie auch noch den Oberschenkel des männlichen Hauptdarstellers wegzudrücken. (also mich) Sah nicht sehr gespielt aus wenn man mich fragt. Kameramann: „Ja schön in den Arsch“. Ja das sieht geil aus. Fick ihr dir Rosette nur schön durch“. Aus mir unerklärlichen Gründen fand ich diesen Moment gar nicht schön. Vielleicht lag es auch an dem billigen Sofa oder der falschen Spracheinstellung oder an der Qualitätszeitung. Ich nahm den Kopfhörer ab, drehte den Krempl (Dialekt für gerät Gerät/Pc) ab, holte meinen Klappstuhl, klappte den auf und saß danach eine kleine Ewigkeit einfach nur so da. Schade, dachte ich mir irgendwann, das noch nicht Sommer ist.

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