Donnerstag, 25. Dezember 2014
Dieser eine Abend im Jahr ist mir heilig
Das schönste an Weihnachten ist für mich immer der Heilige Abend, der ja für eine ganz bestimmte Atmosphäre sorgt, die es nur einmal im Jahr gibt. Wien ist ja nicht gerade ein Dorf und die Straße in der ich wohne, eine kleine Autobahn und entsprechend von Menschen frequentiert. Aber an heilig Abend, kurz nach 20 Uhr ist diese Straße wie ausgestorben. Kaum ein Auto und nicht eine müde Seele zu sehen, als ob eine Seuche alle dahin gerafft hätte, wenn man nicht genau wüsste dass heute der Heilige Abend ist. Und wie jedes Jahr ziehe ich mich dann an und gehe auf die Straße hinunter. Zu Weihnachten versucht jeder einen Ort zu finden, an dem er sich einigermaßen willkommen fühlt. Natürlich gibt es Leute die tun so als ob sie mit dem Fest nichts zu tun haben wollen. Einige meinen das wirklich so, es gibt ja auch gute Gründe dieses Fest nicht zu mögen. Nur der Heilige Abend, an der ja an sich der Menschwerdung Gottes gedacht wird, meistens per Einkaufsgutschein und mit Lametta das früher mehr war, ist daran nicht schuld. Und eine nette Einladung an Heiligen Abend würden wahrscheinlich nicht einmal jene ausschlagen, die allein schon beim Gedanken an Weihnachten einen depressiven Schub kriegen. Außer mir natürlich. Ich würde jede Einladung sofort ausschlagen. Ich liebe dieses ausgestorbene Weihnachten wenn die Straßen verwaist sind. Nicht einmal die Hundebesitzer sind kurz nach 20 Uhr zu sehen und unsere anders religiösen Mitbürger halten sich auch nobel zurück. Niemand ist da. Alles haben sie ihren Ort gesucht, einige sogar gefunden. Und ich habe diese beschissene, kalte und abweisende Straße, die mir das übrige Jahr über einen kalten Schauer über den Rücken jagt, weil sie ein unwirklicher, zur Verfremdung neigender Ort ist, der durch die Flüchtigkeit des Geschehens, keinen rechten Sinn ergeben will und sich deswegen einem widersetzt und verweigert, beinahe ganz für mich allein. Diese Stille, ab und zu unterbrochen durch ein paar Autos, hat überhaupt nichts bedrückendes für mich. Da ist eine Verlorenheit an und in mir an der ich mich für einen Moment erfreuen kann. Einmal im Jahr am Heiligen Abend, kurz nach 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit, wenn ich die beleuchtete Straße einmal rauf und runter marschiere wie ein Gardeoffizier, und mich bewusst in der Straße umsehe, was ich sonst nie mache, das Gefühlsleben der Büromenschen verstehe ich sowieso nicht, fühlt sich diese Verlorenheit freundlich an wie ein kleiner Sieg über die bestehenden Verhältnisse. Sogar ein paar Sterne blühten heuer am Himmel, den einige für den Arschinnenraum der Ewigkeit halten, und als ich hoch schaute weil ich meine Schritte nicht zählen musste um bei Verstand zu bleiben, taten die so als ob sie mir den Weg (zu dir) weisen würden, wenn ich nur fest daran glauben würde, wie die Nachfahren König/Strauchdieb Davids an ihre überragende Bestimmung, die eine Wahrheit in Händen zu halten, wie ein zitternder Säufer sein erstes Glas. Was ich natürlich nicht mache.

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