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Dienstag, 20. März 2012
Der Dilettant
der imperialist, 18:41h
Der weltweit berühmte, österreichische Staatskünstler Hermann Nitsch brachte im November 2005, im ehrwürdigen Burgtheater, die 122. Aktion seines „Orgien-Mysterien Theaters“ zur Aufführung. Beim Mysterienspiel, geht der heilenden Katharsis, der Exzess nach dem Vorbild des dionysischen Massenwahns voraus. 1974 wollte Nitsch für so einen rauschhaften Anlauf mit anschließender Läuterung, noch 1000 Kühe, 700 Stiere, 500 Kälber, 3000 Schafe, 2000 Ziegen, 600 Pferde, 300 Zebras, 300 Hunde, 400 weiße Schweine, 33 Wildschweine, 500 Hühner, 600 Gänse, 700 Enten, 800 Hyänen, 950 Schakale, 290 Wölfe, 40 Hirschkühe, 22 weiße Hirsche, 15 Rehböcke, 16 Elche, 7 Einhörner, 723 schwarze Vögel und ein paar tote Babys, zur weiteren Verwendung heran ziehen. Heute begnügt sich der unwidersprochen großen Künstler schon mit wesentlich kleineren Buffet und auf die toten Babys wird ganz verzichteten. Blut gibt es noch immer jede Menge aber sogar das wird mit Trauben und Tomatensaft gestreckt. Nur das ist keine Schande, denn so ergeht es fast jeden. Ist die jugendliche Sturm und Drang Zeit erst einmal vorüber, passt man die Wahl seiner Mittel an die bestehenden Verhältnisse an. So nach der Devise, liebt ein bisserl großartige Kunst, als gar keine Kunst, oder 10 Jahre schwerer Kerker. Ich wollte früher auch hoch hinaus. Heuet wird mir schon ganz mulmig wenn ich mich auf einem Bein stehend in der Dusche einseife. Das nur so nebenbei. Eine der Fragen, die sich mir damals aufdrängte war, ob man auch seine digitalen Kommunikationsmedien zur Läuterung anmelden konnte. Die alles erklärende Antwort des Meisters in dieser Hinsicht muss ich leider bis heute schuldig bleiben. In dieser Aktion seines „Orgien-Mysterien Theaters“, drapierte der Meister, in gewohnt souveräner Manier, recht spärlich bekleidetet Menschen, die auf leinwandgroßen Bahren geschnallt waren, mit ungekochten Gedärmen und Blut der Gruppe O Positiv und stilisierte sie so zu lebenden Bildern, ein in der Kunst ganz einmaliger Vorgang. Damit diese Aktion ihren entsprechenden Ablauf nahm, dirigierte der Meister die zunehmend extatische Meute, mit einer Trillerpfeife, die um seinen Hals hing und meinen Stand der Kenntnisse nach, nicht vom österreichischen Fußballverband zur Verfügung gestellt wurde. Das hinzuziehen einer Trillerpfeife ist ein an sich nur zu verständlicher Vorgang. Immerhin ist beim Exzess die Gefahr der unkontrollierten Selbstentgrenzung andauernd gegeben. Des weiteren neigt der Exzess, wenn dieser nicht von einem erfahrenen Meister oder Führer, orchestriert und angeführt wird, zu einer unendlichen Bewegung zu verkommen, die weder einen Gipfel noch einen Endpunkt kennt. Bedenkt man dann auch noch die Tendenz des Exzess zum Absoluten, wird sogar einem in Fragen der Kunst zum Laientum neigenden sofort klar, dass die humanste Form der Zurechtweisung, einer zum Chaos zielenden Masse, nur eine kleine Trillerpfeife sein kann. Die Aktion verlief zur vollen Zufriedenheit des Meisters. Bis auf den einen unvorhergesehener Zwischenfälle vielleicht, dass ich mich damals dafür interessierte. Denn der Meister versprach seinen Teilnehmern, nachdem sie vom ihm entsprechend angeleitet, durch ein Fegefeuer aus Blut, Schreien und Tränen geschritten waren, ihren Meister, nein sich in einem Licht zu sehen, das heller als je zu vor erstrahlen würde. Oh dachte ich mir kaputt wie ich war, wenn ein Freifahrtsschein ins Licht einfach dadurch zu haben ist, das ich mir ein paar Kilo Fleisch auf den Bauch schaufle und irgendjemand durch die Gegend scheuche, indem ich in eine Trillerpfeife blase, die nicht vom österreichischen Fußballverband bereitgestellt wurde, dann bin auch ich gern bereit auf den Spuren des großen Meisters, zu wandeln. Entsprechende Utensilien waren schnell eingekauft. Nur anstatt Blut verwendete ich Kirschensaft 5 zu 1 verdünnt und die Anzahl der Teilnehmer an der Aktion, beschränkte sich auf mich und eine weitere Person. Die stöckelte in Strapsen und mit einem Putzwedel bewaffnet, durch meine versiefte Wohnung und auf mein pfeifen hin, tat sie so als ob sie ein wenig Staub wischte, der an sich reichlich vorhanden war. Beinahe eine geschlagene Stunde lag ich mit einem Ständer und ein paar Kilo Rindfleisch auf den Bauch, über das ich ein Glas Kirschensaft geleert hatte in meiner Hapfen und wartete. Nur das helle und befreiende Licht der Katharsis wollte sich einfach nicht einstellen. Ja sogar der Exzess beschränkte sich nur auf ein paar Sekunden. Weil die Nutte dann zu einem anderswertigen Putzeinsatz gerufen wurde und es obendrein schon dunkel wurde, brach ich meinen Versuch ab. Das Licht war nach dem einschalten nicht heller als sonst. Gut ich hätte anstatt der 60 Watt Birne eine 100 Watt Birne rein schrauben können und dann überrascht tun. Aber das wäre doch lächerlich. Einen Teil des Fleisch hab dann desillusioniert an die Katzen verfüttert und der Rest wanderte in den Mülleimer. Heute gut 7 Jahre später glaube ich zu wissen was einer der Gründe für mein klägliches Scheitern war. Das Fleisch hätte aus der Verpackung gehört. Ich hatte mir das Zeug einfach so raufgeladen.
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