Mittwoch, 10. August 2011
Im Herzen Tottenham
Ich lebe nicht in dieser Welt
Ich lebe in dieser Welt nicht
In dieser Welt lebe ich nicht
diese Welt lebt nicht in mir
Das ist die Welt in der ich nicht lebe.

Ich lebe nicht in mir
die Welt in mir lebt nicht
in mir lebt die Welt nicht
und außer mir nur diese Welt
in der ich nicht lebe.

Autos, schöne, große mit handgefertigten Armaturen und Sitzen aus feinstem Leder, brannten lichterloh als ich an ihnen vorüberging. Da hilft auch die beste Klimaanlage nichts dachte ich mir. Ein Typ mit Kapuzenjacke und vermummten Gesicht hatte sich den Stern eines ziemlich bekannten Autobauers an die Brust geheftet. Noch so einer rannte mit einem riesigen Fernseher weg. Hallo dacht ich, so einer Fernseher in der Größe wiegt doch locker 75 kg. Ein weiterer, war völlig aus dem Häuschen, weil er ein paar Telefone, die nicht größer als eine Hand waren ergattert hatte. Ach dachte ich mir, bei einem Viertel Anschluss, helfen auch 100 Telefone nichts. So ein rechteckiges Ding, auf dem die Seiten eines Buches zu sehen waren, hatte sich auch jemand eingenäht. Warum nimmt der nicht gleich ein Buch, ist doch handlicher dachte ich mir. Nur so etwas wie einen herkömmlichen Buchladen hatte diese Straße nicht zu bieten. Meine Mutter, im zarten Tutu, mit einem Kinderwagen an der Hand, bog um die Ecke und warf lachend ein Kind, das ganz offensichtlich ich war, in ein Haus, aus dem die Flammen auf die Straße schlugen. Spätestens jetzt hätte mir klar werden müssen, das ich träumte, nur das geschah nicht. Ich träumte einfach weiter. Rollatoren, wieder ein anderer, nützte das heillose Chaos aus, um seinen Lieferwagen, bis oben hin mit Rollatoren vollzuladen. Zwei Frauen trugen einen Waschmaschine zu ihrem Wagen, der schon bis oben hin mit Sachen voll war, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Egal wo hin ich sah, überall huschten vermummten Gestalten wie Ameisen herum, die irgendwelche Dinge davon trugen. So gut wie jeder hatte irgendetwas gefunden, das es wert war, unrechtmäßig entwendet zu werden.
Meinen Vater sah ich auch. Der hatte eine Maschine unterm Arm, mit der man angeblich die Zeit zurück drehen könne. Ein paar alte Säufer deckten sich billig mit Sprit ein und schoben ganze Einkaufswägen voll Schnaps davon. Die ideologisch Geschulten hatten auch ihren Auftritt. Alte Nazis mit jungen Gesichtern zofften sich mit Kommunisten, die auch nicht viel frischer aussahen. Pazifisten und Militante, Royalisten, Nationalisten, Rassisten und die Multikulturellen, Feministinnen und ein hinkender Patriarch, der auf eine neue Hufte wartete. Vegetarier und überzeugte Allesfresser.Kurz und gut so gut wie alles war auf der Straße meines Traum. Sogar ein paar über gebliebene Progressive, keilten sich mit den Reaktionären, die mit freien Augen, kaum von einander zu unterscheiden waren. Bankomaten wurden gesprengt. Hinter dem herum fliegenden Geldscheinen war auch eine ganze Horde her. Es war Leben in meinen Traum. Alle waren aufgeregt und außer sich. Ein Atheist rammte eine Pfarrer das längere Ende eine Kreuzes in den Arsch, woraufhin der vergnügt die Augen verdrehte. Ein paar Typen im Kärntneranzug machten jagt auf einen Herrn in Robe. Alle waren schwer beschäftigt. Außer mir. Ich hatte nichts zu tun und aufgeregt war ich auch nicht. Ich stand einfach nur so so da, die Hände in den Hosen verschränkt. Irgendwie kam ich mir überflüssig vor. Damit ich mich nicht ganz so überflüssig fühle, dachte ich mir, sollte ich auch unbedingt etwas wollen. Da kamen mir diese nach Zitrone schmeckenden Hustenbonbon in den Sinn. Die will ich dachte ich mir. Deswegen stieg ich durch die eingeschlagene Scheibe eines Supermarktes. Alles lag kreuz und quer. Äpfel rollten herum, ein paar zerquetschte Tomaten zierten die Wände. In dem Durcheinander war es ist nicht gerade einfach ein paar Hustenbonbons zu finden. Aber weil das ein Traum war fand ich sie auch gleich. Es gab Tonnen voll Hustenbonbons, in allen nur erdenklichen Geschmacksrichtungen. Der ganze Supermarkt war voll mit Hustenbonbons. Außer in Zitrone. Zitrone gab es nicht. Oh dachte ich mir, schade. Jetzt gibt es da gar nichts was ich unbedingt haben will. Danach bin ich aufgewacht.

Heute im Supermarkt habe ich eine Packung Hustenbonbons gekauft. Limette Salbei. Zitrone gibt es jetzt nicht mehr. Schmecken nicht schlecht. Die Verpackung sieht auch ganz klasse aus. Der Preis ist auch gleich geblieben. Dafür ist nicht mehr ganz so viel drinn. 3 Gramm haben sie beim Nettogewicht eingespart

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