Freitag, 22. Juli 2011
Schulmedizin kein Schnaps und eine Heilerin
Es gibt gute Tage und schlechte Tage und Tage wo man nicht von der Stelle kommt. Es ist tut so weh Mensch zu sein. Dunkle Wolken türmen sie über dem Kopf, der ein Loch hat, durch das es hinein regnet. Die Kabel im Hirn sind lose, ganzen Verdrahtungen hängen heraus, der Himmel ist nicht höher als die Zimmerecke und die ganze Welt drängt sich in deinen Schädel und redet wild durcheinander. Zeiten verschwimmen, was gestern war, spricht mit der Stimme von heute. Alte Wunden reißen auf, die sich mit Worten nicht flicken lassen. Im Gegenteil es wird immer schlimmer. Den Schädel tot schießen oder wenigstens mundtot schießen. Schreien geht auch, ausbrechen, ins Irrenhaus ausbrechen und dort schreien, bis das Sedativum wirkt und die Stimmen an Händen und Füßen festgeschnallt aufgeben oder kämpfen. Ich habe mich für den Kampf entschieden. Gut das ich noch ein Macho der alten Schule bin. Alles ist Kampf, Abwehrkampf, verzweifelter Abwehrkampf, die Würde muss bis zum letzten Mann und den letzten Atemzug hochgehalten werden. Dem Irrsinn kann nur mit aristokratischer Nonchalance entgegentreten werden. In diesem Zustand, also völlig durch den Wind, ging ich im Supermarkt durch die vollgepackten Reihen. Als ich gerade in Richtung Orangenlimonaden abbog stand sie plötzlich vor mir. Es war nicht das erste Mal das ich sie sah. Das geht schon seit ein paar Jahren so. Alle paar Monate rennen wir uns im Supermarkt über den Weg. Schwarze kurze Haare, braune Augen so groß wie das ganze Universum, tolle Figur, wenn ich mich nicht irre, nein täusche, isst sie keine Nutz oder Haustiere, in ihrem Einkaufswagen liegt immer nur so seltsames Zeug, komischer Gang. Um ihre Figur oder ihre Art zu Gehen geht es aber nicht. Ich schau ihr immer nur in die Augen und sie sieht mich an. Es ist immer dieser eine Moment. Sie kann nicht wegsehen oder den Blick ausweichen und ich auch nicht. So etwas wie Flucht gibt es nicht. Die Blicke gehen immer bis ganz hinunter auf den Grund der Seele. Ich hab immer das Gefühl dass sie mir diesen einen Blick gestattet. Beweisen lässt sich das natürlich nicht. Vielleicht denkt sie sich aber nur was hat den der für eine schiefe Schlägerfresse. Nur sie zu sehen lässt mich die Welt vergessen. Das Herz schlägt lauter und die Härte weicht schlagartig aus meinem Gesicht. An guten Tagen will ich natürlich mehr, was sonst. Doch an jenen Tagen, an denen ich nicht von der Stelle komme, bin ich schon mit diesem einen Moment zufrieden. Heute hatte sie ihren Freund dabei. Den hat sie schon seit längerem. Die beiden scheinen ein glückliches Pärchen zu sein. Sie übertrieben mustern oder gar mit Blicken verschlingen, das ist es nicht worum es geht. Ich bin einfach nur froh, wenn nicht sogar glücklich, dass es sie gibt. Denn diese Frau hat eine ganz seltene Gabe. Immer wenn sich unsere Blicke treffen und ich einen auf Humphrey Bogart für Arme mache, schließen sich die alten Wunden, der Wortmachine verschlägt es die Stimme und über dem Loch im Kopf geht für ein paar Minuten die Sonne auf.

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